Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt begeisterte Tim Minchin mit seinem Gedicht „Storm“ das internationale Publikum. Wer es nicht kennt, hier ( https://www.youtube.com/watch?v=HhGuXCuDb1U&t=1s ) ist eine Interpretation zu finden.

Das Gedicht beschreibt den Kampf der Skeptiker gegen die Denkfeinde der 1990iger und frühen 2000ender recht gut, allerdings zu einem Zeitpunkt an dem die damaligen Feinde des Denkens fast besiegt waren, entsprechend durfte endlich wieder über sie gelacht werden. Selbst von Sytemkünstlern.

Aber gehen wir in der Geschichte etwas zurück.

Jede Zeit hat ihre eigenen Fraktionen die dem Denken eher feindlich gesonnen sind. Diese Gruppen pochen auf Traditionen, heilige Bücher oder Experten und punkten mit Variationen der Idee

Ich bin zu dumm um die Welt zu verstehen, also bist du es auch, vertraue also einer höheren Gewalt, denn die weiß es besser! Und mein Experte/Messias/Gott hat recht und alle andren nicht, weil so halt

Diese besagte höhere Gewalt kann unterschiedliche Formen annehmen, von den alt bekannten Göttern bis hin zum anerkannten Experten. Wesentlich ist dabei aber immer das eigene kritische Denken abzudrehen und stolz zu postulieren, dass man ahnungslos sei und das auch ok wäre, schließlich vertraut man ja denen die sich auskennen.

Im Falle des oben zitierten Gedichtes handelt es sich um eine junge Dame die ihr Vertrauen in die New Age Spiritualität setzte und darauf pochte, dass Fakten genauso wahr wären wie Glaube, etwa über das man 2010 lachen konnte, aber nur 2 Jahrzehnte vorher war das noch eine andere Sache.

Blasphemie ist noch heute ein Delikt. (§188StGB), dh. Der Staat schützt Götter davor beleidigt zu werden (brauchen Götter diesen Schutz?) und nahm das vor wenigen Jahrzehnten deutlich ernster als heute. Man bekämpfte Sekten und Teufelsanbeter die überall lauerten. In jedem Keller waren sie und Experten äußerten ihre Ängste im Hauptabendprogram.

Wichtig ist auch das Umfeld des Gedichts zu analysieren: die ganze Szene passiert in einem oberen Mittelklasseumfeld, voller Menschen die es besser wissen aber nichts sagen und diese dämliche Idiotin als eine intellektuelle Bereicherung sehen wollen. Auch das ist typisch, denn genau das ist der natürliche Lebensraum dieses Menschenschlages.

Nunja. Es war tatsächlich keine leichte Zeit für die Teufelsanbeter. Also alle 15 die es wirklich gab.

Irgendwann wurde es dem Mainstream aber zu bunt und man erkannte, dass die Religiösen etwas zu weit von der Leine gelassen wurden und begann das Einzige zu tun das tollwütigen Extremisten klar macht dass sie tollwütige Extremisten, und keine Kämpfer für das Gute, sind: man lachte über sie. Das Gedicht ist ein Zeitzeuge dieser Zeit. Die Religiösen sind kleinlauter als damals, weil keiner ausgelacht werden möchte.

Dafür wurde ihr Platz von einer anderen Gruppe eingenommen die nun wieder darauf pocht, dass ihre Gefühle genauso bedeutend wären wie messbare Fakten, die auch in jedem Keller einen Faschisten vermuten und es den 15 echten Faschisten die es noch gibt das Leben schwer machen, was nicht so tragisch wäre, wenn sie es nicht den hunderten Millionen guten Menschen die einfach in Frieden leben möchten nicht auch mit ihrer sturen Paranoia so schwer machen würden.

Genau wie die Religiösen vor ihnen.

Wie ihre Vorgänger pochen auch sie auf ihr eigenes Unwissen und Verweisen darauf, dass sie brav dorthin marschieren wohin der erleuchtete Experte sie schickt und wenn das bedeutet heute das Gegenteil von dem zu sagen was sie gestern gesagt haben, na dann ist das so und „in Wirklichkeit waren sie ja immer schon der Meinung, dass …“

Die Feinde des Denkens sind keine dummen Menschen.

Es sind üblicherweise eitle Menschen denen Wahrheit weniger wichtig ist als das zustimmende Nicken der Feiglinge die es besser wissen sollten, aber eben Nichts sagen.

Diese Menschen kultivieren ihre Ignoranz und schlagen nach jeder skeptischen Stimme aus die immer die gleiche Zauberformel sprechen die da lautet: „Hast du das zu Ende gedacht?“

Diese Menschen sind der Feind des Vertrauens, des Glaubens und damit der eitlen, faulen und vor allem: einfachen Lebensweise des Denkfeindes.

Wichtig ist zu verstehen, dass sie Skeptiker und Denkfeinde beides Minderheiten sind, die Masse der Menschen sieht nur zu und stellt sich dann auf die Seite des Gewinners um dann zu betonen, dass man „schon immer“ auf dieser Seite stand.

Ist dieser Kreislauf zu durchbrechen? Vermutlich nicht, aber es ist durchaus witzig darüber nachzudenken, jedenfalls für den Teil der Bevölkerung der kein schlechtes Gewissen entwickelt, weil er denkst statt zu vertrauen und zu glauben.

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SusiK

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