Die Zeit ist reif für eine grundlegende Reform der Jagdgesetze

Ich stand an vorderster Front, als 2004 darüber verhandelt wurde, auf welche Weise Tierschutz von der Landes- zur Bundessache werden sollte. Eines war dabei immer klar, sozusagen die Voraussetzung für jedes Gespräch: die Jagd muss ausgenommen sein. Daran schon war die Macht zu erkennen, mit der die jagdlichen Netzwerke ihre Pfründe zu schützen vermöchten. Ich glaube mittlerweile, dass hier Österreich weltweit einzigartig ist, mit Ausnahme vielleicht der adeligen Hundehetzjagden in England. Und die wurden immerhin 2005 verboten!

An der Jagd hat sich daher in den letzten Jahrzehnten in Österreich wenig geändert. Mangels öffentlichen Drucks feierten die althergebrachten Traditionen fröhliche Urständ, obwohl verschiedene Grüne Berichte und das Umweltbundesamt immer wieder anprangerten, dass die überhöhte Hege zu großflächigen Waldschäden führt. Davon ließ man sich jagdlicherseits nicht beeindrucken, man legte zur Beschwichtigung tausende Wintergatter und hundert Jagdgatter an, um die für den Jagdspaß gezüchteten Überpopulationen vom forstwirtschaftlich genutzten Wald nach Möglichkeit abzuhalten.

Doch der Zeitgeist ist im Wandel und dieser geht auch an den JägerInnen nicht vorüber. Die Jagd auf Zuchttiere gerät zunehmend in Misskredit, selbst Wintergatter werden zum Auslaufmodell. Erst letztes Wochenende konnte ich im Hochschwab gatterfrei die Landschaft der Ringe betreten, wo sich noch heuer ein Hirschwintergatter mit 300 Tieren befunden hatte. Und das Aussetzen von gezüchteten Fasanen, Rebhühnern und Stockenten wird nur noch von wenigen, aber sehr mächtigen GroßgrundbesitzerInnen, dafür im großen Stil, betrieben. Aber auch der rücksichtslose Abschuss von Hunden und Katzen, die Baujagd auf Fuchs und sogar Dachs mit der Hilfe von Hunden, und die Beizjagd werden in Frage gestellt, ebenso wie die Jagd auf den seltenen Auerhahn usw.

Die Jagdgesetze zwingen die JagdpächterInnen sogar dazu, die jagdbaren Wildarten zu füttern, sodass sie sich vermehren. Als „gesunder Wildstand“ wird wie anno dazumal eine möglichst hohe Kopfzahl definiert. Die Jagdgesetze sind auf einen längst vergangenen Begriff der Weidgerechtigkeit hin ausgerichtet, der noch von Reichsjägermeister Hermann Göring geprägt wurde. Hasen schießt man demnach nur im Laufen und Vögel nur im Fliegen, damit sie eine ritterlich faire Chance bekommen. Göring war begeisterter Gatterjäger.

Doch das ist nicht mehr haltbar. Die Jagd muss einem Wildtiermanagement weichen, das ausschließlich durch Ökologie und Tierschutz bestimmt wird. In verschiedenen deutschen Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung ist man da schon einen großen Schritt weiter. Jeder Abschuss muss eine ökologische Begründung haben und, falls notwendig, mit möglichst wenig Leid verbunden sein. Hasen und Vögel trifft man nun einmal sicherer im Sitzen und die Treibjagd bedeutet Schüsse auf in Panik flüchtende Tiere ohne die Möglichkeit der Nachsuche, eine Garantie für schreckliches Tierleid.

Unmittelbare Konsequenz eines an ökologischen Prinzipien orientierten Wildtiermanagements wäre vermutlich die Einschränkung der Jagd auf Paarhufer. Keine Vögel und keine Haarraubtiere müssen bejagt werden, wie die Praxis zeigt. Zukunftsmusik wäre der Wechsel vom Revier- zum Patentjagdsystem. Das würde die Motivation nehmen, die Natur zu einem Zuchtareal für jagdbare Tiere zu reduzieren. Ich glaube zwar mittlerweile an die Reformbereitschaft eines guten Teils der Jägerschaft, aber eine derartige „Totalrevolution“ wird noch einige Jahrzehnte benötigen. Nichtsdestotrotz ist jetzt die Zeit, mit diesen Reformen zu beginnen.

Fotocredit: Fotolia / Urheber:jean-michel priaux

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