Gefahr in Verzug für Wiener SPÖ: Achtung Pappschicht!

Die Überraschung war nicht von langer Dauer. In einer ersten Stellungnahme zum Ergebnis der Wiener Gemeinderatswahl kommentierte Michael Häupl die 39,5 Prozent für die Wiener SPÖ so: Das sei sicher kein Auftrag, so weiter zu machen wie bisher. Also hat er die Nachricht der Wähler verstanden? Wenig später jedoch wollte Finanzstadträtin Renate Brauner nicht eine Sekunde lang über „Veränderung“ nachdenken, sie wollte sich nur freuen – offenbar dass der Schmerz des erwarteten Debakels gerade nachgelassen hat. Das sei jetzt nicht die Zeit, über Änderungen zu reden. Warum eigentlich nicht? In Brauners Reaktion liegt für die Wiener SPÖ Gefahr im Verzug. Sie zeigt nämlich, dass die sogenannte Pappschicht der SPÖ, also der Großteil der reform-widerständigen Funktionäre, dieses Wahlergebnis gründlich missversteht.

Nehmen wir einmal an Häupl kann sich heute, Montag, noch an das erinnern, was er in der Wahlnacht gesagt hat, und nehmen wir einmal an, sein „Geschwätz von gestern“ geht ihn auch heute noch etwas an, dann hat er just wegen des Ergebnisses und wegen des Ausbleibens des Destasters ein veritables Problem. Nicht nur er, sondern auch die Wiener SPÖ.  Weil es eben unerwartete 39,5 Prozent geworden sind, wird der reform- und änderungsresistente Teil der Wiener SPÖ sich darin bestätigt sehen, dass ohnehin alles in Ordnung und an grundlegenden Änderungen im Reich der Rathausroten nicht zu denken sei.

Schon die erste Reaktion von SPÖ-Klubobmann Rudi Schicker ließ Böses ahnen – und da lag die SPÖ in den Umfragen noch weit unter dem endgültigen Resultat: Hauptsache Erster! Alles andere gleichgültig.

Nehmen wir also an, Häupl hat tatsächlich begriffen, dass die Wiener SPÖ nicht so weiter machen kann wie bisher – mit der Vernachlässigung der Arbeitsmarktsituation, mit den Schulden, mit der missachteten Bildungspolitik, mit den fehlenden Integrationsmaßnahmen, mit der post-demokratischen Gleichsetzung von Partei und Stadt, mit den erkauften (oder sollte man sagen: subventionierten?) Berichten am Wiener Boulevard etc. etc. etc. – dann wird er auf massiven Widerstand jener in der SPÖ stoßen, die im Verlust von (nur!) 4.8 Prozent der Wähler eine Bestätigung für sich und alles Bisherige sehen.

Nehmen wir an, Häupl meinte es ernst, dann wird er sein ganzes verbliebenes innerparteiliches Kapital dafür einsetzen müssen, den Pappschichtkameraden klar zu machen, dass das Ergebnis nur mit den „geborgten“ Stimmen vieler Bürgerlicher, die noch nie zuvor in ihrem Leben SPÖ gewählt haben, und vieler Grün-Wähler zustande gekommen ist – und rein gar nichts mit der Qualität der SPÖ zu tun hat. Vielleicht einiges mit Häupls persönlicher Haltung in der Flüchtlingsfrage, aber sicher nichts mit Arbeit, Auftreten und Attitüde des Wiener Parteiapparats.  Die Abneigung vieler Wähler vor allem im Nicht-Grünen-Bereich der SPÖ gegenüber war eben geringer als die Abneigung der Wiener FPÖ und Heinz Christian Strache gegenüber.

Darüber sollten sich die Pappschichtkameraden in der Wiener SPÖ, also jene Funktionäre, für die nur der eigene Machtradius und der eigene Posten zählt und die sich nun selbstzufrieden wieder zurück lehnen werden,  im Klaren sein.

Mit einem Schock-Wahlergebnis wäre eine Erneuerung der Wiener SPÖ leichter durchzusetzen.

Nehmen wir an, Häupl hat seine erste Reaktion ernst gemeint, dann wird er Selbstgefällige wie Renate Brauner & Co entfernen müssen. Wenn nicht, wird er das Ergebnis von Sonntag noch bereuen. Die dezimierten SPÖ-Wähler und die Gast- oder Fremd-Wähler haben der Wiener Partei noch „ein Leben“ geschenkt. Mehr war nicht an diesem Sonntag.

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Daniela Noitz

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