Vorgezogene, vorweihnachtliche Märchenstunde für Baizuos

Es war einmal ein duckmäuserisches Volk voller Feiglinge, welches seiner Zukunft unter grünem Banner verheißungsvoll beseelt entgegen schaute. Der gütige Anführer jenes kleinmütigen Völkchens war Fürst Rotschlumpf der Erste.

So begab es sich zu jener Zeit, daß Fürst Rotschlumpf eine Reise in das ferne Land der kleinen gelben Männchen tat. Der mächtige König dieses großen Landes sprach zu Ol`-Aff - so wurde Fürst Rotschlumpf nämlich von seiner Mama genannt: „Ol`-Aff, mein Freund. Ich möchte dir meine tief empfundene Dankbarkeit aussprechen. Meinen Dank dafür, daß du mir in deinem wichtigsten Seehafen einen Teil der sensiblen Infrastruktur verkauft hast. Dank dafür, daß der Freihafen bald nicht mehr so frei ist und ich alsbald mitbestimmen darf, wann und ob welche Waren meines fleißigen Volkes in welchem Umfang dort abgefertigt werden, z. B. Medikamente und Mikrochips. Vielen dank auch dafür, daß wir in deinem kleinen unbedeutenden Reich unsere eigenen Polizeistationen betreiben dürfen. So sind wir immer in der glücklichen Lage, die bei dir lebenden kleinen gelben Männchen zu beschützen und ihnen auch in deinem Reich ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. So können meine Untertanen sich genau wie zuhause fühlen.“ Während der König liebevoll so sprach, tätschelte er lächelnde das gebeugte blanke Haupt von Fürst Rotschlumpf.

„ Lieber mächtiger König.“ sprach der Fürst. „ Auch ich möchte dich untertänigst um etwas bitten.“

Und so erzählte Fürst Rotschlumpf dem mächtigen König von seinen Sorgen. Er erzählte ihm, daß sein Palast ihm zu klein geworden sei und er diesen dringend um einen Erweiterungsbau mit vielen hundert Räume ausdehnen möchte. Denn er möchte unbedingt auch solch eine prächtige Hauptstadt für sein kleines Fürstenreich, wie der mächtige König bereits eine hat. Außerdem, so gab er zu, fürchte er sich ein klein wenig vor der Zauberkraft der großen bösen Hexe Murksella, sollte er deren Willen zum Bau nicht nachkommen.

„Aber, aber lieber Ol´-Aff“ sprach darauf der weise König. „ Du bewohnst doch bereits heute einen für dein kleines Reich völlig überproportionalen Prunkbau, mit dem du fein angeben kannst. Wieso solltest du deinem überschuldeten und zusehends ärmlicher werdenden Volke die kostspielige Last eines Anbaus auch noch aufbürden wollen?“

Voller Energie und Tatendrang erwiderte Fürst Rotschlumpf daraufhin: „ Lieber weiser König. Mein Volk zu erwähnen ist unnötig, da es ehe fast nur aus bösen Rechtsradikalen und rechthaberischen Nazis besteht. Diese Kreaturen zu benützen ist uns Rotschlümpfen Auftrag und Ehre zugleich. Niemand sollte das so gut verstehen, wie du, lieber König.

Was aber nun die Notwendigkeit des Baus betrifft, so sei dir gesagt, daß ich über viele, viele gute Freunde und Bekannte verfüge, die selbstverständlich und ausnahmslos von bester Gesinnung sind und es verdienen, an meinem Hofstaate gut versorgt zu werden. Ich kümmere mich um die Meinigen. Da all diese guten Personen eine neue Wirkungsstätte benötigen, möchte ich für diese sorgen. In meiner Nähe.“

„Also gut.“ sprach der mächtige König: „Das verstehe ich natürlich. Wie also kann ich dir helfen bei deinem Anliegen?“

Und so erzählte der Fürst dem König eine weitere herzzerreißende Geschichte des Niedergangs aus seinem einst blühenden Reiche. Er erzählte ihm von einst bewunderten Unternehmen der Bauwirtschaft, die inzwischen nur noch Schatten ihrer selbst waren. Er erzählte vom größten aller Unternehmen, das einst auf den Namen Tiefhoch hörte und welches inzwischen den heißblütigen Iberern gehörte. Er erzählte von dem einst großen Konzern Bifi & Burger, den man zerschlagen hat und in kleine Dienstleister verwandelt hat, die gigantomanische Projekte ebenfalls nicht mehr zu stemmen in der Lage sind. Und natürlich erzählte er von einem seiner illustren Vorgänger im Amte. Dieser, dem ostwestfälischen Sozialadel entsprungene Landesfürst, der weithin als „Russengerhard“ bekannt und berüchtigt war, hatte einst einem großen Baukonzern noch Milliardenhilfen verschafft. Diese finanziellen Zuwendungen sind am Ende in den richtigen Taschen versickert und konnten das Ende des Unternehmens Philip Holtzwurm auch nicht mehr abwenden.

Belegt seufzend sagte Fürst Rotschlumpf abschließend:“ Du siehst also, großer mächtiger König, daß sich bei uns kaum noch ein Unternehmen findet, das große prächtige Prestigevorhaben verwirklichen könnte.“

Der König war voller Mitleid für den kleinen Fürsten und äußerte beschwichtigend: „ Du hast doch aber noch ein oder zwei Unternehmen in deiner Nähe. Im Lande der Bayern und in der Ostmark, die könnten doch solch ein Vorhaben realisieren, oder etwa nicht? Und überhaupt, hast du keine eigenen befähigten Leute in deiner großen Hauptstadt?“

Traurig, weil ertappt, schlug der kleine Fürst seine Augen nieder, bevor er zögerlich erwiderte: „ Aber mein König, es ist doch so, daß ich kein Unternehmen aus der Ostmark einbinden kann, ohne mein politisches Gesicht zu verlieren. Einstmals vor vielen Jahren hatte schon einmal ein Schluchtenbewohner versucht, seine Penisverlängerungen in meine Hauptstadt zu klotzen. Dies ist gründlich schiefgegangen und das Gegenteil war eingetreten. Die einst wundervolle Hauptstadt lag in Trümmern anstatt daß es wunderschöne Protzbauten für das dankbare Volk zu bestaunen gab. Meine doch sehr wachen Untertanen würden es mir sicher sehr verübeln, wenn ich eine Firma aus den hohen Bergen nun gerade für dieses Objekt beauftragen würde.“

Der König wußte daraufhin nicht viel zu sagen, außer: „ Hört, hört, Und was ist mit den Bajuwaren?“

Der kleine Fürst fühlte sich schon ganz elendig und sprach zaghaft: „ Lieber teurer König, Gespött und Gelächter der Bajuwaren wären uns auf tausend Jahre sicher, wenn wir mit deren Hilfe unseren stolzen Bau Wirklichkeit werden ließen. Sie würden voller Hohn und Spott jedermann erzählen:“ Sehet nur, der dumme und faule Preuß, der schaffts nicht mal seine eigne Hüttn fertig zu stellen.“ Und leider hätten sie damit auch der Wahrheit zu genüge gedient. Denn bevor ich ein mächtiger Fürst ward, war ich Ortsvorsteher jener großen Stadt am Wasser, von der du jetzt in deiner großen Weisheit Teile des Hafens erworben hast und dein Eigen nennen darfst. Als besagter Ortsvorsteher habe ich hunderte Millionen Taler und Abermillionen an Silbergroschen mit dem Bau eines Opernhauses verbraten. Und aufgrund des großen Seuchennarratives, das deine Untertanen durch das Verspeisen von Fledermäusen und Gürteltieren erst so richtig in die Welt gesetzt haben, ist der Verdienst mit den Aufführungen dieser Jahre eher gering. Daran möchte ich nicht erinnert werden.“

So fühlte sich der große und mächtige König ein wenig schuldig gegenüber dem winzigen Fürsten, was er sich freilich nicht anmerken ließ.

Fürst Rotschlumpf aber war mit seiner Geschichte noch nicht am Ende angekommen und sprach weiter: „ Und die mir zur Verfügung stehenden eigenen Fachkräfte sind so dermaßen unfähig, daß sie unter deiner mächtigen Herrschaft sicherlich geköpft würden oder ihnen wahlweise die Füße abgeschnitten worden wären. Vielleicht, nein, ganz sicher hast du ja mitbekommen, wie wir nahe meiner Hauptstadt einen Flughafen erbauen wollten und wie das Unterfangen endete. Finanziell ein Desaster und in einem Zeitrahmen verwirklicht, in dem du in deinem Reiche sicher 20 Großflughäfen verwirklichen ließest und dazu noch ein hochmodernes Eisenbahnnetz. Meine eigenen Bediensteten können nur noch Befehle dazu ergehen lassen, wo Parklets zu errichten sind oder wie man Straßen einspurig einschnürrt. Sprich, wie man Bürger terrorisiert.“

So endete der kleine Fürst mit seinen Erzählungen und wunderte sich, daß er sich angesichts des geschilderten, großen Desasters vor dem großen König nicht noch mehr für sich und sein Volk schämte, als er es nun tat. Aber Scham - dieses Gefühl war im zum Glücke von jeher fremd.

Der mächtige und weise König wußte nun aber zu genau, was er zu tun hatte. Und wie es so die bescheidene Art der kleinen gelben Männchen ist, gab er seinem Freund, dem Fürsten, seine Entscheidung in Form einer Anekdote zum Besten. So sprach er nun huldvoll: „ Lieber Ol` - Aff, ich freue mich sehr darüber, daß du zu mir gekommen bist, um meinen Rat zu hören. Wie du weißt, lassen wir unsere Freunde mit ihrem Leide niemals nie im Stich. Dir ist bekannt, daß wir dem großen König des Truthahns bereits einen langen Tunnel unter seinem großen Wasser gebuddelt haben. Auch ist dir bekannt, daß das Volke der Engelländer seine neusten Atomreaktoren mit unserer tüchtigen Unterstützung zu vervollkommnen sucht. Wer wären wir denn, wenn wir gerade der Nation der Feiglinge unsere Hilfe verweigern würden.

So sei hiermit entschieden: Wir helfen dir, lieber Fürst Ol´-Aff, selbstverständlich bei der Verwirklichung deines großen Fürstensitzes und verlangen dafür auch gar nicht viel.“

Der kleine Fürst vernahm diese Worte und konnte sein Glück kaum fassen. Sein Herz zersprang fast vor Freude, als er erwiderte: „ Gütiger König, du sollst deine selbstlose Entscheidung niemals bereuen müssen. Ich verspreche dir hochheilig beste Geschäfte in meinem Reich. Wenn du einstmals etwas mehr als einen Fuß bei uns in der Tür hast, dann warten blühende Landschaften auf dich und deine Mandarine. Du sollst dann unser Kommunikationsnetz mit deinen 5G-Geräten und deinen Endgeräten ausstatten, endlich kannst du uns dann zur Freude aller mit Überwachungskameras und Drohnen beliefern, dazu dann auch gleich die Server und die Aufbereitungssoftware mitliefern. Deine Autos, deine Computer und überhaupt alles, was du sonst noch zu begehren vermagst. Unser Leben dort wird ohne dein Zutun keinen Sinn mehr ergeben. Hach, wie ich mich freue. Endlich zahlt es sich aus, daß das Land der Feiglinge dich jahrzehntelang mit Technologien, Fertigungs-Know-how und Fabriken beliefert hat. Endlich hast du mit dem neuen Wissen die Produkte entwickeln können, die wir so dringend benötigen und die du uns jetzt so günstig, fast selbstlos, verkaufen kannst. Eine klassische Win-win-Situaton.“

Leider bemerkte der glückliche, kleine Fürst in seinem euphorischen Ausbruch das bösartige Funkeln in den Augen des Königs nicht mehr. Und wenn, wäre es ihm auch gleichgültig gewesen.

Fluchs setzten die Schreiber des Königs noch einen Vertrag auf, den beide mit feierlicher Miene unterzeichnen. Selbstredend mit dem Zusatz „top secret“ versehen. Ganz so, wie es sich unser Fürstchen bei Ursula Zensursula der Mächtigen abgeschaut hatte. Schwärzen kann man später immer noch.

Und wenn die Feiglinge nicht gestorben sind, dann schauen sie heute stolz durch den hohen Schutzzaun hindurch und über den breiten Wassergraben auf die riesige Festung des geliebten Fürsten. Danach wenden sie sich in gebeugter Haltung ab und ziehen gemeinsam zur großen Tafel in der Nähe. Dort gibt es wie jeden Tag eine freie Ration Mehlwürmer und die Freiheitsinjektion, von der aber so recht niemand mehr weiß, wogegen sie eigentlich helfen sollte oder was sie bewirkt.

Man weiß nur, daß es am Sonntag die Mehlwürmer mit Tomatensoße gibt. Was für eine Freude, weil natürlich biologisch-dynamisch! Einfach toll, was der Fürst uns bietet!

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