Die Moderner-Fünfkampf-Trainerin Kim Raisner: seit dem angeblichen "Tierquälerei-Skandal" bei der Olympiade 2020 gilt sie als das Böse schlechthin. Und sie wurde auch suspendiert, nachdem sie vor laufender Kamera das Pferd "Saint Boy" geboxt und ihrer Schülerin Annika Schleu beim Springreiten zugerufen hatte: "Hau drauf, hau richtig drauf!"
Allerdings hatte ich dann irgendwie Zweifel an der offiziellen Version von der angeblich bösen Trainerin, die Tierquälerei betreibe und trainiere und an ihre Schülerinnen weitergeben würde.
Und wie ich so herumrecherierte, stolperte ich nach und nach über Dinge, die ein völlig anderes Bild ergeben:
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Erstens einmal sagte Raisner in einem Interview nach dem Vorfall "Wirkliche Tierquälerei sieht anders aus", eine Aussage, die mir kryptisch und seltsam erschien, weil sie eben so vieldeutig und unklar ist. Mich erinnerte diese Aussage irgendwie an die Aussage eines niedrigeren Parteipolitikers, der mit der Parteilinie nicht einverstanden ist, das aber auch nicht offen sagen kann.
Weiters scheint ihr offizieller Lebenslauf in Ordnung zu sein: sie war ja selbst Sportlerin im Modernen Fünfkampf gewesen, und ist mittlerweile fast 50 Jahre alt, ohne dass irgendein Fall von Tierquälerei sie bezüglich bekannt geworden wäre.
Dass jemand 49 Jahre lang kein Tierquäler ist, aber dann mit 49 einer wird, oder eine Tierquälerin, hielte ich für äußerst unwahrscheinlich.
Und dann hatte ich irgendwie die Idee, dass Raisner ein völlig anderes Motiv für die Tierquälerei haben könnte, als man ihr unterstellt: dass sie den Skandal absichtlich provoziert haben könnte, um systemische Tierquälerei im Sport und bei der Olympiade zu beenden, und nicht die Absicht, ihrem Schützling Annika Schleu zum Sieg zu verhelfen.
Erst dachte ich mir, es ginge dabei wohl hauptsächlich um das Regelment, das Regelwerk, das in diesem Fall, dem Modernen Fünfkampf, das Zulosen von Tieren, vorsieht, das ich in der Tat schnell für problematisch erachtete.
Aber je weiter ich recherchierte, umso mehr kam ans Licht: Profitmaximierung der Olympiade-Veranstalter, und eben deswegen Besorgung ungeeigneter Tiere, die oft unterernährt, durch den Transport verletzt, etc. waren; Ärzte, die ungeeignete Pferde für geeignet erklären, und so manches andere nehr. Es ist so wie im folgenden Artikel von Anja Nehls für den Deutschlandfunk: gute Pferde sind teuer, und viel oder auch nur genug für gute bzw. geeignete Pferde auszugeben, würde ja den Profit der Olympischen Spiele schmälern.
Zudem verschweigen ca. 90% der Artikel zum angeblichen Tierquälerei-Skandal Schleu-Raisner, dass das skandal-gegenständliche Pferd "Saint Boy" schon zuvor bei einer anderen Reiterin Probleme gemacht hatte. In diesem Sinne wäre es besser, Tiere auszuschliessen und nicht neuzuverlosen, wenn sie einmal Probleme machen, falls man schon unbedingt am Verlosungsprinzip festhalten möchte. In diesem Sinne erscheint es mir auch seltsam, dass der Arzt, der "Saint Boy" nach den Problemen mit der ersten Reiterin weiterhin für geeignet erklärte. Man könnte das auch als Mitschuld betrachten.
Wikipedia-Eintrag zum Modernen Fünfkampf
https://de.wikipedia.org/wiki/Kim_Raisner
Positiv an diesem Nehls-Artikel ist, dass er die Missstände im Modernen Fünfkampf benennt, aber als problematisch kann man im Nachhinein empfinden, dass er es als "Herausforderung" benennt, ein Pferd zu reiten, das man zugelost bekam, und das man erst wenige Minuten kennt. Das ist keine Herausforderung, sondern u.U. eine Mission impossible. So gesehen hat auch dieser Artikel durch den falschen Begriff und die falsche Erwartungshaltung möglicherweise beigetragen zum "Skandal".
Und sie könnte zu einer "Irrer Iwan"-Methode gegriffen haben: wen die normalen Methoden wie Beschwerden bei Veranstaltern und Organisatoren nichts bringen, wenn Artikel und Interviews nichts bringen, etwas ganz verrücktes versuchen. "Irrer Iwan" ist ein U-Boot-Manöver, das sowjetische U-Boote im Kalten Krieg anwandten, ie Sowjet-U-Botte damals hatten, ein US-U-Boot nachfährt.
Diesen angeblichen Tierquälerei-Skandal, den Raisner hier samt völliger Zerstörung des eigenen guten Rufes bei der Olympiade verursachte, erinnerte mich auch an die "Selbstopferung", die es hin und wieder in der Politik oder auch beim Militär gegeben hat, die es vermutlich auch bei der Polizei gibt oder geben könnte, und die in manchen Hollywood-Filmen vorkommt: wenn zum Beispiel nach einer Schiffskatastrophe einer sein Leben opfert, damit die Leben aller Anderen gerettet werden.

? https://edition.cnn.com/2021/08/07/sport/modern-pentathlon-germany-disqualification-tokyo-2020-spt-intl/index.html
Modern-Fünfkampf-Trainerin Raisner: fast die ganze Welt hält sie für total mies, ich halte sie für eine mögliche Art Heldin, die vielleicht tapfer den eigenen Ruf opfert, um mit einer kleinen Tierquälerei vor laufender Kamera die verborgene systemische Tierquälerei im olympischen Sport transparent zu machen.
Was die Disziplin des Modernen Fünfkampfs angeht, so lehne ich die Position von Raisner nicht grundsätzlich ab, dass diese Disziplin mit Reiten erhalten bleiben sollte, aber es sollten in diesem Fall beim Reiten gravierende Regeländerungen erfolgen. Aber für mich kommt die Nichtablehnung eher aus der Geschichte heraus, weil der Moderne Fünfkampf (das "Modern" soll ihn vom Fünfkampf der Antike unterscheiden, wo z.B. Speerwurf vorkam, aber nicht Pistolenschiessen) an den Krieg früherer Jahrzehnte oder Jahrhunderte erinnerte, in denen die Kavallerie oder die Meldungsreiterei eine große Rolle spielte.
Aber wer weiß ? Vielleicht führt ja die globale Erwärmung und die Peak-Oil-Frage und die Verknappung fossiler Energien dazu, dass Kavallerie und Meldereiter in Kriegen wieder ein Revival erfahren ? Dann wäre nämlich der Name "Moderner Fünfkampf" wieder gerechtfertigt, der derzeitig nicht ganz gerechtfertigt erscheint.
Und ich sollte Raisner vielleicht auch danken, dass sie die Realpolitik wieder in den Focus gerückt hat, dass sie vielleicht anhand der Olympischen Spiele einmal thematisiert hat, dass man oft in der Politik damit konfrontiert ist, nur durch gemäßigte Grausamkeiten wie einen Krieg westlicher Staaten größere Grausamkeiten wie Despotie verhindern zu können, so wie im Zweiten Weltkrieg der Alliierten Großbritannien und USA gegen Nazideutschland.
Und dass man oft Unverständnis erntet von militanten Pazifisten, die fälschlicherweise glauben, alle Probleme würden durch Gut-Zureden und Teddybärenstreicheln verschwinden.
Der Moderne Fünfkampf war auch gedacht als Allegorie auf den insbesondere kavalleristischen, also reitereiorientierten Krieg gedacht. Und der Reiter weiß oft viel eher, wann eine Kriegssituation tödlich für Pferd und Reiter werden kann; wenn er dann sein Pferd ein bisschen antreibt durch Gertenschläge und dadurch sein Leben und das Leben seines Pferdes rettet, dann sind das doch in Wirklichkeit u.U. vertretbare Schläge. Dabei ist natürlich auch die Frage der prinzipiellen Gerechtfertigtheit des Krieges zu betrachten und in die Überlegung miteinzubeziehen.
In diesem Sinne sollte der Moderne Fünfkampf verstanden werden, nicht im Sinne von radikalen Tierschützern, die sich andere Situationen als das friedensverwöhnte Mitteleuropa nicht vorstellen können.
Und es stellt sich auch die Frage der sexistischen Doppelmoral: es ist vielleicht kein Wunder, dass dieser Skandal bei Frauen aufgebrochen ist. Bei Männer wird derartige "Grausamkeit" und "Tierquälerei" akzeptiert, als notwendige Härte. Hingegen bei Frauen ist es angeblich ein Skandal, aber vielleicht nicht wegen der "Tierquälerei", sondern weil diese nicht zum Image der Frau passt.