"......Ich schaue vom Rand einer Grube auf hineingeworfene Leichen, und ich frage mich, ob der junge Mann, der nur einen Gummistiefel trägt, gegen die russische Armee gekämpft hat und ob die Frau neben ihm wirklich Zivilistin war. Trainingshosen, alte Socken, bunte Kopftücher. Die Grube liegt irgendwo in Grosny, es ist Februar 1995, zwischen halbzerstörten Wohnblocks ist niemand zu sehen, die Russen schießen auf Passanten. Neben der Grube sehe ich mehr Tote, es stinkt. Heute bin ich angewidert von mir selbst, wie ich da stehe und mich nicht auch mitgestorben, miterschossen fühle.
Ganz taub für Gewalt und ihre Opfer war ich allerdings nie, ich schrieb damals über diese Grube, über andere russische Kriegsverbrechen, und doch brauchte ich einen nächsten russischen Überfall, bis ich verstand: Über Gewalt spricht man anders und vor allem mit Gewalt. «Frieden» klingt für die Gewalt wie «Feuer frei», und wer vor Eskalation warnt, fordert den Atomschlag heraus...."
Mein Essay "Das Russische der Gewalt" in der NZZ:
https://www.nzz.ch/feuilleton/fremdsprachenunterricht-das-russische-der-gewalt-ld.1728174
oder auf meiner Website:
https://www.schumatsky.de/das-russische-der-gewalt