Was steckt wirklich hinter der industriellen Tierzucht?

„Ich könnte niemals auf mein Schnitzel verzichten.“ „Du isst meinem Essen das Essen weg.“ „Was isst Du dann überhaupt?“ „Du hast bestimmt total viele Mangelerscheinungen.“

Dies sind nur ein paar wenige typische Reaktionen wenn es um meinen Lebensstil geht, welchen ich in Sachen Ernährung fast vollkommen tierproduktfrei gestalte. Dennoch lebe ich, bin bei bester Gesundheit, habe genug Energie um Sport zu treiben, bin fokussiert und schöpfe dazu auch noch die Bandbreite unserer qualitativ erstklassigen, pflanzenbasierten Lebensmittel aus.

In der Tat melde ich mich nun das erste Mal mit einem Thema zu Wort, dass gleicher Maßen kontrovers und polarisierend, bei näherem Betrachten unseres derzeitigen Umweltzustands jedoch zu wichtig ist, um nicht thematisiert zu werden. Den letzten Anstoß dazu, dieses Posting tatsächlich zu veröffentlichen, habe ich vor genau einer Woche in Form des Beitrags „Bestie Mensch“ von @Michlmayr bekommen. Kleiner Spoiler vorweg: Ich bin weder Aktivistin, noch versuche ich zwanghaft meine Meinung jedermann, der noch nicht einmal danach gefragt hat, aufzudrängen. Was ich jedoch tue, ist Aufklärungsarbeit zu leisten. Dieser Artikel wendet sich daher in erster Linie an jene, die uns Vegetarier und Veganer viel mehr als lästiges Störgeräusch, wie als passionierte Freigeister mit Drang zur Weltverbesserung wahrnehmen.

Drei primäre Aspekte sind unmittelbar mit der Problematik der westlichen, fleischhaltigen Ernährungsweise verknüpft: Gesundheit, Tierhaltung und Umwelt. Um mich in Bezug auf erstere starkzumachen, fehlt mir das fachspezifische Wissen, weshalb ich dahingehend Spezialisten den Vortritt lasse. Nicht artgerechte Tierhaltung im großen Stil ist wohl jener Teil, vor dem die breite Bevölkerung am erfolgreichsten die Augen verschließt, obwohl einem natürlich „die armen Tiere leidtun“. Frei nach dem Motto „Was man nicht sieht, existiert nicht.“ Diesem Sachverhalt gebührenden Raum zu verschaffen, würde zweifelsohne den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Summa summarum bringt es jedoch bereits Michael Mayr auf den Punkt. Einzig bleibt hinzuzufügen, dass es kein Lebewesen verdient haben sollte, mit der Intention die Fleischeslust der Spezies Mensch zu befriedigen, das Licht der Welt zu erblicken. Es drängt sich der Gedanke auf, dass in den Köpfen der Menschheit noch eine besondere Art der Verbindung stattfinden muss. Jene, dass es an deplatzierten Zynismus grenzt, gewisse Tierarten wie Hunde, Katzen und Meerschweinchen als Haustiere und treue Wegbegleiter zu halten und andere als Genussobjekt zu betrachten. Meines Wissens nach leben wir weder in der Steinzeit, noch in Zeiten landwirtschaftlicher Armut, welche es auch nur annähernd rechtfertigen würde, Tierfleisch als lebensnotwendigen Energiespender zu nutzen. Es liegt nicht in der Natur des Menschen Fleisch zu essen, sondern in der Kultur. (Ja, genau deshalb essen Menschen mit asiatischem Kulturverständnis auch Hunde.)

Auf die Gefahr hin, bereits bis hierher die Mehrheit der Leserschaft in die Flucht geschlagen zu habe, widme ich mich nun einem weiteren unangenehmen Blickwinkel – unserer Umwelt.

Lange Zeit versuchte ich eine Antwort für die Frage zu finden, warum es den Supermächten unserer Wirtschaft bisher nicht gelungen ist, eines der vielen Klimaabkommen einzuhalten. Statt effektiver Maßnahmen, gleichen die vereinbarten Ziele eher verzweifelten Versuchen einer Schadensbegrenzung. Auch wenn es eine der einflussreichsten Personen unserer Zeit – dessen namentliche Nennung wohl kaum nötig ist – nicht für notwendig hält, sich proaktiv für den Klimawandel einzusetzen, erschüttert eine Naturkatastrophe nach der anderen unseren schönen Planeten. Trotz meiner bisher recht kurzen Lebenszeit auf ebendiesem, traue ich mich zu behaupten, dass sich diese Ereignisse in erschreckendem Ausmaße gehäuft haben. Im gleichen Zuge boomt das Thema Nachhaltigkeit und sorgt in der Wissenschaft sowie dem technischen Fortschritt für bahnbrechende Entwicklungen. Man denke an alternative Energieformen, E-Mobilität, Emissionskompensation in der Luftfahrt, den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes und dem allgemeinen Trend des Corporate Social Responibility´s – der sozialen Verantwortung von Unternehmen für deren Mitmenschen und Umwelt. All dies sind Dinge, deren Wichtigkeit ich in keinerlei Weise verschmälern oder gar anzweifeln möchte. Doch kann es nicht sein, dass wir hier eine entscheidende Komponente übersehen? Vielleicht sogar übersehen wollen? Wie kann es sonst sein, dass wir vor dem Kollaps unserer Ökosysteme und dem größten Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier stehen?

Der wohl unbeliebteste Grund für den Ist-Zustand unserer Umwelt ist gleichzeitig jener mit der größten Einflussnahme sowie den verheerendsten Auswirkungen. Denn die Viehzucht ist zu einem großen Anteil für die globale Erwärmung verantwortlich und somit die vorherrschende Ursache für den Rohstoffverbrauch und im Zuge dessen für die Umweltzerstörung. Vehement wird seit jeher die schrittweise Zerstörung unseres Planeten auf die Produktion und Verwendung fossiler Brennstoffe abgewälzt. Wie kann es sein, dass sich die Problematik trotz allen Bemühungen weiterhin verschärft? Aktuelle Maßnahmen den Klimawandel aufzuhalten sind äußerst kostenintensiv und lediglich mit einem enormen Forschungs- und Entwicklungsengagement in Bezug auf den technischen Fortschritt bewältigbar. Dagegen den Konsum von Fleisch zu reduzieren und somit den Nummer eins Grund für die Klimaerwärmung zu bekämpfen kostet nichts und würde sich dazu ebenfalls außerordentlich positiv auf den Gesundheitszustand der Menschheit auswirken. Laut dem Report der Vereinten Nationen erzeugen die steigenden Viehbestände sowie die Milchindustrie mehr Treibhausgase als der gesamte Transportsektor, zu welchem PKWs, LKWs, Züge, Schiffe und Flugzeuge gehören. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf Methangas, welches durch die Verdauungsprozesse des Weideviehs freigesetzt wird und schädlicher als der CO2 Ausstoß aller Fahrzeuge zusammen ist. Ohne jeden Zweifel muss auch dem Verkehrs- und Energiesektor Aufmerksamkeit geschenkt werden, da auch sie einen Beitrag zur Klimazerstörung leisten.

Die Tierhaltung jedoch erzeugt 65 % des Gesamtausstoßes an Stickoxiden, bei welchem es sich um ein Gas handelt, dessen Klimaschädlichkeit größer ist als die von CO2. Voraussichtlich wird der CO2 Ausstoß bis zum Jahr 2040 um 20 % steigen. Jener der Landwirtschaft aufgrund der Zunahme der globalen Fleisch- und Milchproduktion aufgrund der wachsenden Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2050 um ganze 80 %. Laut Umweltexperten der World Bank sind die weltweit 70 Mrd. Nutztiere für 51 % des menschengemachten Klimawandels verantwortlich. Die Menschheit trinkt täglich 21 Mrd. Liter Wasser und isst 9,5 Mrd. Kilo Nahrungsmittel. Die 1,5 Mrd. Zuchtkühe trinken im Vergleich dazu 170 Mrd. Liter Wasser und fressen 15,9 Mrd. Kilo Futter, welches größtenteils aus Getreide und Hülsenfrüchten besteht. Spinnt man diesen Gedanken unter der erschütternden Tatsache, dass eine Mrd. Menschen täglich Hunger leiden, weiter, grenzt die Verfütterung von 50 % des Getreidebestandes beinahe an Ironie allererster Klasse. Im Klartext bedeutet das, dass sämtliche Aktivitäten den Welthunger zu bekämpfen angesichts dieser Statistiken zu Staub zerfallen. Der Großteil der hungerleidenden Bevölkerung lebt in Ländern, in denen Getreide an Vieh verfüttert wird, welches geschlachtet und von der wohlhabenderen Bevölkerung gegessen wird. Theoretisch könnten wir jeden Menschen auf dieser Erde ernähren, wenn die Nahrung, die zurzeit an Nutztiere verfüttert wird, in menschliche Nahrungsmittel verwandelt werden würde. Für einen einzigen Hamburger werden 2.500 Liter Wasser benötigt. Diese Menge kommt ungefähr dem Wasserverbrauch eines gesamten Monats zum Duschen nahe. Die Viehzucht ist dafür verantwortlich, dass sekündlich 4.000 qm Regenwald abgeholzt werden, um die dadurch gewonnene Fläche wiederum für die Aufzucht von Nutztieren zu verwenden. Diese Ausbeutung macht auch unter dem Meeresspiegel keinen Halt, da die bereits massiv schwindenden Fischbestände keine Chance haben sich zu erholen.

Laut der Dokumentation „Cowspiracy“ - aus welcher die Mehrheit der hier dargelegten Informationen stammt – geht pro gefangenem Pfund an Fischen bis zur fünffachen Menge an Beifang ins Netzt, wobei es sich um Delfine, Wale, Meeresschildkröten und Haie handelt. Jährlich beläuft sich diese Zahl auf bis zu 40 oder gar 50 Mio. Haie. Bei all diesen Fakten erscheinen all unsere Bemühungen wie Recycling, die Verwendung von Energiesparlampen, das Einsparen von Wasser, der Umstieg auf Fahrrad und energieschonende Fortbewegungsmittel beinahe lächerlich. Stehen noch so gewissen- und ehrenhafte Absichten hinter ihnen, so wäre es selbst bei maximaler Umsetzung dieser vergleichsweise kleinen Verhaltensänderungen eines jeden von uns nicht möglich, die negativen Effekte der Massentierhaltung ohne eine Umstellung unserer Essgewohnheiten wettzumachen.

Um einen Veganer ein Jahr lang zu ernähren, benötigt man lediglich 0,24 Hektar. Bei einem Vegetarier ist die 3-fache Fläche erforderlich und bei einem Fleischesser beläuft sich diese auf die 18-fache Fläche an Land. Ein Veganer spart jährlich 1,8 Tonnen CO2-Equivalente, mehr wie wenn ebendieser auf Solarstrom und ein Hybridauto umsteigen würde. Demnach könnte jeder Mensch der nach einem pflanzlichen Ernährungsstil lebt jeden Tag fast 4.200 Liter Wasser, 20,5 Kilo Getreide und 2,8 qm Wald einsparen sowie ein Tierleben retten.

Zusammengefasst beansprucht die Aufzucht von Nutztieren 30 % des gesamten Wasserverbrauchs, nimmt 45 % aller Landflächen ein, ist die Ursache für die Entstehung von Todeszonen in unseren Gewässern, ist zu 91 % für die Zerstörung des brasilianischen Regenwaldes, die Umweltzerstörung und das Aussterben von Arten aufgrund von Überweidung und Überfischung verantwortlich.

Die eigentlich Fas an der Geschichte ist allerdings das Stillschweigen dahingehend von Seiten der Regierung als auch diverser Umweltorganisationen. Grund dafür ist die Lebensmittelindustrie, mit welcher Millionen-Gewinne auf Kosten unserer Ökologie und Menschenleben erwirtschaftet werden. Der Thematik rund um die Umweltzerstörung wegen Viehzucht wird von öffentlichen Organisationen konsequent ausgewichen, da sich diese größtenteils über Mitgliedsbeiträge und Sponsorships riesiger Konzerne finanzieren.

Um die akute Umweltproblematik zu bekämpfen, müssen wir jedoch verstehen, dass es auf eine Kombination aller Faktoren, die zur Zerstörung unseres Planten beitragen, ankommt und wir lernen müssen nachhaltig und ethisch korrekt zu wirtschaften, um tatsächlich eine Veränderung zum Positiven herbeizuführen. Es liegt mir fern die Rolle der Missionarin einzunehmen und genauso wenig soll sich aufgrund diesem Aufrufs jemand persönlich angegriffen fühlen. Jedoch sollten wir uns dessen bewusst sein, dass wir Jahrzehnte und Jahrhunderte nur genommen haben und es nun an der Zeit ist der Erde etwas zurückzugeben.

#Umwelt #Veganismus #Ernaehrung #Klimawandel #JetztIch

5
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

MartinMartin

MartinMartin bewertete diesen Eintrag 09.10.2017 18:36:56

bianka.thon

bianka.thon bewertete diesen Eintrag 09.10.2017 13:05:43

peakaustria

peakaustria bewertete diesen Eintrag 09.10.2017 09:07:30

Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 08.10.2017 21:22:11

philip.blake

philip.blake bewertete diesen Eintrag 08.10.2017 21:09:09

53 Kommentare

Mehr von Laura Fölser