Es scheint ja im Moment nahezu ein Volkssport zu sein, Deutschland als Wirtschaftsstandort, die Wirtschaftskompetenz der Ampel-Regierung und vor allem die Kompetenz unseres Wirtschaftsministers Robert Habeck in Grund und Boden zu schreiben und zu reden. Da scheint ja kaum ein negativer Superlativ übertrieben, und differenzierte Betrachtungen waren Mangelware.
Nun entscheidet sich der größte Chipauftragsfertiger der Welt für den Standort Deutschland, ein Unternehmen aus einer ganz eindeutigen Zukunftsindustrie. Und auch sonst verkündet das Wirtschaftsministerium durchaus interessante Fortschritte.
Was meint Ihr, ist das jetzt wegen oder trotz Habeck und der Ampelregierung? Und muss man nicht vielleicht auch das Narrativ der "Deindustrialisierung" von Deutschland überdenken? Wäre es nicht zutreffender, von einer "Transformation der Deutschen Industrie" zu sprechen? Also dass der Standort Deutschland weiterhin top ist, aber sich auch die Unternehmen (und Menschen) wandeln müssen, um diese Vorteile auch wirklich nutzen zu können?
Müssen wir uns nicht vielleicht auch als Nation gerade von dem lösen, was uns lange groß gemacht hat, aber dessen Zeit langsam vorbei ist? Müssen wir nicht generell unsere Narrative überdenken, die Deutschland früher mal groß gemacht haben, aber uns heute eher behindern? Müssen wir nicht vielleicht sogar geliebte Traditionen und Haltungen über Bord werfen müssten, um wieder erfolgreich in der Welt agieren zu können?
Was hilft uns denn als Standort? Digitalisierung, Diversität, Innovation, Offenheit, Risikofreude, Fehlerkultur - all das sind Attribute, die man bisher nicht wirklich mit Deutschland verbunden hat. Liegt darin die Zukunft oder doch in alten preußischen Tugenden wie dem Volk, der Abkapselung, der Tradition, in alten Rollen, und in Zucht und Ordnung? Ja, viele haben Angst vor eben dieser Transformation, als der Veränderung. Aber ist es nicht eben genau diese Angst, die es Deutschland im Moment so schwer macht?

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