"Das Ja zur Großen Koalition war ein Nein zur Zukunft der SPD. Die deutsche Sozialdemokratie hat fertig. Früher war sie die Volkspartei des kleinen Mannes. Den Platz wird die AfD einnehmen...
Die Ära der sozialdemokratischen Volkspartei SPD ist vorüber. Es ist eine Zeitenwende. Der Gewinner ist die AfD. Sie wird die SPD als Volkspartei des kleinen Mannes ablösen...
Wo bleibt denn da die Fantasie? Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, Spitzensteuersatz, Zumutbarkeitsklausel bei Hartz IV, Mieten, Mindestlohn, prekäre Beschäftigungsverhältnisse - es gibt genügend Aufgaben für eine sozialdemokratische Politik, die bei den Menschen ankommt. Die Selbstverzwergung beginnt bei den selbstauferlegten Denkverboten.
Offenbar hat die SPD die Große Koalition inzwischen schon in ihren Genen. Es ist so traurig. Wenn es zu Neuwahlen kommen sollte, würden die Bürger der SPD "den Vogel zeigen", sagte Nahles. Oskar Lafontaine schrieb dazu nachher: "Sie vergisst: Die Wähler zeigen der neoliberal gewendeten SPD seit 20 Jahren den Vogel."
Martin Schulz hat in Bonn erzählt, er habe mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron telefoniert: "Gestern hat mich Macron angerufen!" sagte Schulz, und Macron wünsche sich sehr, dass die SPD in eine Große Koalition gehe.
Nun wirkt der Bezug auf äußere Autoritäten immer ein bisschen hilflos. Aber Schulz bemerkte gar nicht, wie absurd gerade diese gut gemeinten Ratschläge waren: In Frankreich ist die Sozialdemokratie mehr oder weniger ausgelöscht. Und gerade Macron hat dazu beigetragen.
Wenn Macron anruft, sollte Schulz entsetzt auflegen: Von den Franzosen lernen heißt für die Sozialdemokratie sterben lernen. In Frankreich sind die Sozialdemokraten einen langsamen Tod gestorben, während aus dem rechten Rand eine neue Volkspartei entstand: der Front National.
In Deutschland hält sich die AfD für das gleiche Kunststück bereit. Die rechte Frontfrau Alice Weidel frohlockte am Wochenende: "Nur noch wenige Prozentpunkte trennen AfD und SPD voneinander, und das hat seinen Grund. Wir lösen die SPD als Volkspartei ab, weil wir die Menschen und das Land im Blick haben, statt unser Handeln irgendeiner Ideologie unterzuordnen." Das ist natürlich Unsinn - denn der rechte Sermon von Blut und Boden ist nichts als Ideologie. Aber es ist eine wirksame Ideologie."