Wie kommt es, dass Menschen trotz all der verfügbaren Informationen immer weniger in Zusammenhängen denken (können)? Die auf den ersten Blick paradoxe Antwort: vermutliche gerade deshalb, gerade weil es ein so großes Info-Angebot gibt. Wie ich diese Vermutung begründe? Ich halte mich kurz und gib ein paar Andeutungen.
1. Wie macht ihr das?
"Während des Kalten Kriegs tourte eine Gruppe Russischer Journalisten durch die USA. Am letzten Besuchstag fragten sie ihre Gäste nach ihren Eindrücken. ‚Ich muss Ihnen sagen‘, sagte der Sprecher der Gruppe, dass wir erstaunt sind, dass in allen unterschiedlichen Medien mehr oder weniger dieselben Ansichten über das politische Geschehen verbreitet werden. Um ein solches Ergebnis in unserem Land zu erzielen müssen wir die Leute einsperren, ihnen die Fingernägel ausreißen. Hier in den USA finden wir davon nichts. Was ist also Euer Geheimnis, wie macht ihr das?‘"
2. Bis ins hohe Alter hat sich Frankl mit den Nöten der Zeit, der Pathologie des Zeitgeistes, auseinander gesetzt. Woran diese zu erkennen ist, hat er mit dem Phänomen des Konformismus, Totalitarismus und Reduktionismus erklärt. Konformismus heißt: Wollen, was die anderen tun; Totalitarismus bedeutet: Tun, was die anderen wollen, und Reduktionismus heißt übersetzt: Denken, als ob es nichts anderes gäbe.
3. “Information ist verfügbarer denn je. Doch sie wird immer nur in Bruchstücken geboten, ohne die Verknüpfung mit dem Ganzen des Lebens. Also ist sie auch zu einer schnell verderblichen Ware geworden. Diese Schüler waren nicht deshalb ahnungslos, weil es ihnen an Informationsmöglichkeiten fehlte, sondern weil die verfügbare Information zusammenhanglos war und das Leiden ausklammerte. Darum konnten die Schüler nicht erkennen, dass die Ereignisse etwas mit ihnen selbst zu tun hatten. Menschen unter einem totalitären Regime sind weitaus wachsamer, weil sie sich die spärlich fließende Information mit großer Mühe beschaffen müssen.”(A. Gruen, Der Wahnsinn der Normalität, S 188)
