Im Wahlkampf wird mit Ängsten gearbeitet. Die Grünen warnen vor Rot-Blau. Die Roten warnen vor Schwarz-Blau. Die Blauen warnen vor der alten Koalition und zwar erstaunlich zurückhaltend diesmal. Oder vielleicht scheint das nur so, weil Sebastian Kurz ihre Angstmache elegant in den Schatten stellt.

Ein Blender irrealer Ängste

Die neue Lichtgestalt der Nation, spielte schon länger mit den Begriffen „Migration“, „Flüchtlinge“, „Islam“ und zwar lange bevor sie „völlig überraschend“ aus dem Außen- und Integrationsministerium emporgestiegen kam. Dabei stützt Kurz sich auf sein adrettes Aussehen, sein höfliches Auftreten und jede Menge Heuchelei.

Gerade als Außenminister muss er wissen, dass die NGOs, die Flüchtlinge aus dem Wasser fischen, nicht für die Situation im Mittelmeer verantwortlich sind. Er suggerierte es dennoch. Nun sieht sein Programm vor, dass die so Geretteten in Lager nach Nordafrika, z.B. nach Libyen, geschickt werden.

Das Problem, dass ihm sicherlich auch bekannt ist: Die meisten kommen aus solchen Lagern, wo sie versklavt, misshandelt und vergewaltigt werden, bis man sie, wegen Nachschub an „frischen“ Menschen aus dem Süden des Kontinents, wieder gehen lässt.

Good-Cop-Bad-Cop-Populismus

Sicherlich weiß er auch, dass härtere Strafen z.B. bei Drogendelikten nicht die Ursache des Problems bekämpfen. Aber es hört sich gut an. Es wird zuerst zum Angstthema gemacht: Alle hätten jetzt Angst. Man müsse die Ängste in der Bevölkerung ernst nehmen. Sie haben keine Angst? Na, dann gehören sie wohl nicht zu uns!

Und für diese Ängste hat der Heiland dann ein vermeintliches Allheilmittel parat, dass alle rechten Regierungen seit Jahrzehnten verwenden, ohne dass es hilft. Mehr Härte gegen den verlorenen Abschaum, der sowieso nicht wählen geht.

Stimmt: Die selben Methoden wenden auch Profi-Rechtspopulisten wie H.C.Strache an. Aber Kurz' Good-Cop-Bad-Cop-Spiel (Wir haben ja eh Mitleid, aber...) wirkt glaubhafter – allein vom Gesicht her. Deshalb glauben ihm vermutlich auch genug Anhängerinnen, wenn er behauptet, die Bevölkerung würde quasi aus Wien fliehen, wegen der roten Migrationspolitik dort.

Eine geschickte Taktik: Man nimmt ein natürliches, angstfreies Ereignis...

Die Stadt Wien wächst, ebenso die „Speckgürtel“ am Stadtrand, wo sich Mittelschicht und Besserverdienende mit Familie niederlassen, während Neubürgerinnen – die meisten aus Österreich und Deutschland – zum Arbeiten und Studieren, gemeinsam mit ärmeren Migrantinnen, die günstigeren Wohnbezirke im Inneren teilen. So wie das immer schon war und zwar in jeder westlichen Großstadt.

...und macht daraus ein unnatürliches, angstbesetztes Thema. Kurz verwendet dafür natürlich mildere Worte als ich. Seine Inhalte haben aber die selbe Härte.

Meine Ängste

Tatsächlich sind die Ängste vor den Fremden dort am größten, wo es am wenigsten Fremde gibt, was in der Natur der Angst vor dem Fremden liegt.

Deshalb habe ich Angst um einem Bereich, der mir keinesfalls fremd ist. Ich arbeite im sozialen, als persönlicher Assistent für Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz. Dieser wird vom Sozialministerium finanziert.

Kurz' Wirtschaftsplan sieht nun vor, die Besserverdienenden und Groß-Unternehmen steuerlich zu entlasten und zur Gegenfinanzierung das Sozialsystem abzubauen. Das bedeutet für mich konkret: Beim einem Wahlsieg der ÖVP, können sich meine Assistenznehmer*innen mit gewisser Wahrscheinlichkeit nicht mehr genug Assistenz-Stunden und dadurch womöglich das Arbeitengehen nicht mehr leisten. Dadurch erst könnten sie zu so genannten „Sozial-Fällen“ werden und ich im schlimmsten Fall arbeitslos. Das ist eine realistische Angst.

https://www.oevp.at/Team

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Silvia Jelincic

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Aron Sperber

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