Dem Goethe sein Sohn - ein Scheißjob

Johann Caspar Goethe unternahm 1740 bis 1741 eine Bildungsreise nach Italien und schrieb darüber einen Reisebericht in italienischer Sprache: Viaggio per l’Italia. 1786 bis 1788 tat es ihm sein Sohn Johann Wolfgang Goethe gleich und auch er verfaßte einen Reisebericht. Reiseberichte schreiben und veröffentlichen war damals so verbreitet wie heute Facebook-Postings und ungefähr genau so lästig. "Ich bin jetzt in Rom. Schau mal, hier steh ich grad vor der Akropolis."

Wie auch immer, August, der Sohnessohn von Johann Caspar litt unter der gleichen Marotte wie seine Vorfahren, auch er bereiste Italien und führte ein Tagebuch für einen später zu verfassenden Reisebericht. In Rom indes erkrankte er schwer und starb 1830. August von Goethe liegt auf dem Cimitero Acattolico di Roma, dem Friedhof für die Nicht-Katholiken. Der Grabstein Augusts ist der wahrscheinlich bemerkenswerteste Grabstein, den ich je gesehen habe.

GOETHE FILIVS / PATRI / ANTEVERTENS / OBIIT / ANNOR[VM] XL / MDCCCXXX

(Goethe der Sohn / dem Vater / vorangehend / starb / mit 40 Jahren / 1830)

Der Name August taucht auf dem Grabstein nicht auf. Du bekommst nur die Information, daß dieser wie immer zu Benennende da unten Goethes Sohn war. Aber was heißt das schon? Auch Goethe war schließlich Goethes Sohn.

August von Goethe ist auf seine genealogische Funktion "Sohn von..." reduziert. Selber Goethe sein, das durfte er ein Leben lang nicht, noch nicht mal im Tod. Der eitle, egozentrische Schmock aus Frankfurt hat seinem Sohn einen Grabstein verweigert und stattdessen sich selber ein Denkmal gesetzt.

Wenn der Lindinger Sepp - auch er ein weniger bedeutender Mann, der es lediglich dazu gebracht hat, sich und die Seinen zu ernähren (was im übrigen so manch bedeutender Mensch nicht geschafft hat!)... Wenn also der Lindinger Sepp stirbt, dann schreibt ihm einer, der noch einen Funken Anstand hat, aufs Grab "Josef Lindinger, geb. 12. 3. irgendwann, gest. 8. 9. später". Es hieße, noch im Tod auf den Lindinger Sepp spucken, schriebe man auf sein Grab "Dem Lindinger Franz sein Sohn", selbst dann, wenn der Franz Bürgermeister war und sein Bub nicht.

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Margaretha G

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Spinnchen

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