Wenn die Anzeichen des auslaufenden Jahres nicht trügen, wird das heitere Beziehungsraten in der Innenpolitik im nächsten Jahr in den Medien unvermindert weiter gehen und so manche sachliche Diskussion an den Rand drängen: Wer gegen wen? Wer mit wem gegen oder für wen? Das Neue daran könnte sein, dass es nicht so sehr parteiübergreifend geübt werden wird, sondern auffallend häufig innerhalb der Parteigrenzen. Der Feind in meinem Bett, sozusagen, meinem Parteibett.

Und das kann in der Tat noch heiter werden. Der Klubobmann einer Regierungspartei, der an einem normalen Arbeitstag, „gar nicht weiß, wo der Parteiobmann zur Zeit ist“ und auch gar keinen Kontakt zu ihm hat, während die verbliebene halbe journalistische Welt sich fragt, ob er nun (wieder einmal) seinem Parteiobmann widersprochen oder ihn gar (wieder einmal) brüskiert hat; während er selbst in einem Radiointerview sein Interview mit der Austria Presse Agentur erklären muss.

Aber Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, dessen neuerdings auffallend häufig betonte „Abgrenzung gegenüber der FPÖ“ von Klubchef Reinhold Lopatka für „überflüssig“ erklärt worden war, obwohl er „natürlich für Abgrenzung“ war, ist nicht der einzige Parteimann, der intern bedrängt wird. Und Lopatka nicht der einzige, der ihn bedrängt. Mitterlehner ist auf den ersten Blick derjenige, der am stärksten gefährdet ist. Das dürfte er wissen, denn er betonte erst in den letzten Tagen wieder, dass er Spitzenkandidat der ÖVP bei den nächsten Nationalratswahlen zu sein gedenkt. Das ist auch so eine Selbstbeschwörung in der ÖVP, die vom alten in das neue Jahr hinüber gerettet wird.

Man sollte keine Wetten darauf abschließen, dass ein Gutteil der innenpolitischen Berichterstattung in den nächsten Monaten sich NICHT auf die Frage konzentrieren wird, wann denn nun der Chef der Jungen ÖVP, Außenminister Sebastian Kurz den Chef der alten ÖVP ablösen wird. Die Frage ist nur, wie viele „Parteilinien“ Mitterlehner noch ziehen wird, die dann von Kurz, Lopatka oder auch Innenminister Wolfgang Sobotka negiert werden. Alle drei ÖVP-Vertreter der rot-schwarzen Koalition haben ganz offensichtlich Profilierungsbedarf nach oben: Kurz um für den geeigneten Augenblick gerüstet zu sein; Lopatka um für einen Führungswechsel in seiner Partei rechtzeitig gewappnet zu sein; und Sobotka um nicht in die – zur Zeit überbesetzte – niederösterreichische Polit-Bühne zurück geschickt zu werden, wenn diese doch nicht wie ursprünglich geplant von Erwin Pröll verlassen werden wird.

Aber wie gesagt, Mitterlehner ist nicht der einzige. So musste sich ebenfalls am Mittwoch die Chefin der Grünen, Eva Glawischnig, im ZIB 2 Interview neuerlich gegen Peter Pilz abgrenzen. Mit dessen Forderung nach einem verstärkten Linkspopulismus als Antwort auf den Rechtspopulismus der FPÖ konnte sie auch nach einer weihnachtlichen Nachdenkpause so wenig anfangen wie zuvor. Die beiden – Glawischnig und Pilz – haben vor Weihnachten ihre Parteifeindschaft so öffentlich ausgetragen wie Mitterlehner und Lopatka vor der wiederholten Stichwahl zur Bundespräsidentschaft am 4. Dezember als Mitglieder des Van der Bellen- oder Hofer-Fanklub.

Richtungsstreitigkeiten sind bei den Grünen wahrlich nichts Neues, aber schon lange wurden sie nicht so personalisiert wie jetzt. Da dürfte sich in den Reihen der Grünen durch das fast zwölfmonatige Stillhalteabkommen wegen Van der Bellens Präsidentschaftskandidatur doch einiges aufgestaut haben. Es geht ja offensichtlich nicht nur um das Populismusthema. Im Subtext sozusagen schwingt der Zweifel mit, ob Glawischnigs unverblümtes Drängen in eine Regierung wirklich der Grünen Weisheit letzter Schluss ist. In dem besagten ZIB 2 Interview betonte sie mehrmals, dass sie da und dort schon auch „sehr kantige Ansagen“ gemacht habe. Diese Wiederholungen wirken für eine Oppositionspolitikerin im Spitzenfeld hilflos.

Eine eher überraschende Entwicklung zeichnet sich in der FPÖ ab. Wenn sich die Mode, ständig nach Alternativen zu fragen, im nächsten Jahr fortsetzt, könnte einiges auf Heinz Christian Strache zukommen. Einerseits wird dauernd die Rede davon sein, wie viel Gewicht denn Norbert Hofer mit seinem 46 Prozent-Stimmen-Anteil bei der Präsidentschaftswahl auf die innerparteiliche Waage bringen wird. Andrerseits hat Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbucher kurz vor Weihnachten mit der Forderung aufhorchen lassen, die FPÖ sollte eher auf Distanz zu der Alternative für Deutschand (AfD) und zur rechtsradikalen Marine Le Pen gehen. Das rief Strache auf den Plan.

Glaubt man aber Leuten, die mit der internen Situation der FPÖ besonders vertraut sind, dann wären die beiden – Hofer und Haimbucher – nicht Straches größtes Problem. Der Feind in seinem (Partei)Bett könnte ausgerechnet Generalsekretär Herbert Kickl sein. Dieser werde, so heißt es, ohne zu zögern seine Unterstützung umorientieren, sollte er der Meinung sein, dass sich Strache in den zehn (Aufstiegs)Jahren schon zu sehr verbraucht habe. Ein heftiger interner Streit aber wäre genau wieder jener Stolperstein am Weg zur Macht, über den die FPÖ schon zu Jörg Haiders Zeiten immer wieder gefallen ist. Es ist jedoch nicht zu übersehen oder zu überhören, dass Straches lautstarke Kampfrhetorik ihre Wirksamkeit verliert. Ob Kickl sie mit immer neuen Provokationen und Reizwörtern wiederbeleben wird können, ist nicht sicher – aber auch nicht ausgeschlossen, so er denn weiterhin auf Strache setzt.

SPÖ-Chef Christian Kern wiederum ist zu kurz im Amt, um die Mutation von Parteifreunden zu – feinden im Auge behalten zu müssen. Sein Problem ist grundsätzlicher: Die Partei wirkt ausgelaugt. Es fehlt ihr die Kraft und die Energie zu einem neuen Parteiprogramm; zur Lösung der internen Kämpfe in der einst mächtigen Wiener SPÖ und der Nachfolge Michael Häupls; zur Klärung der Haltung zur FPÖ.

So gesehen wird 2017 spannend – abseits all den Fragen, wer nun mit wem oder auch nicht.

Alles Gute im Neuen Jahr!

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