Papa „Warum bin ich ein scheiß Rassist?“

„Warum bin ich ein Scheiß-Rassist?“, diese Frage stellte mir mein damals 11-Jähriger, als er aus der Schule kam. Mir lief es gerade mal kalt über den Rücken. Wie bitte? Was ist los? Langsam mal, in Sekundenbruchteilen liefen die verschiedensten Szenarien vor meinem Auge ab, nur die Wahrheit, die hinter diesen Worten stand, nein, die war nicht dabei. Nach dem Verdauen dieser Frage und der damit verbundenen Berg- und Talfahrt der Gefühle und dem fast vergeblichen Versuch, die Fassung zu bewahren, gelang es mir doch noch zu fragen, wie er auf das komme.

Ein Junge aus seiner Schule hätte das zu ihm gesagt, weil er ihm seine Hausübung nicht abschreiben lassen wollte. Ja, und was hat das jetzt mit Rassismus zu tun, fragte ich mich, mein Junge spielt in einer Fußballmannschaft, wo er und ein anderer gerade die einzigen ohne Migrationshintergrund sind und da gibt es keine Probleme. Die logische Frage also an meinen Sohn war, nach der Nationalität des Jungen. Die Antwort: “Er kommt aus Afghanistan und ist gemein!“ Innerlich die spärlichen Informationen verarbeitend fasste ich zusammen: “Also ein gemeiner afghanischer Junge nennt dich Rassist, weil du ihm deine Hausübung nicht abschreiben lässt?“ Als Antwort bekam ich ein knappes ja mit dem Blick, der mir zu verstehen gab, was ich wieder mal nicht verstehe. Ja, dieser Blick, der einem als alten Celeron 300A Prozessor dastehen lässt, um nicht noch, in den Augen meines Sohnes auf das Niveau eines Comodore zu sinken, wobei ich zweifle, dass er beides überhaupt noch kennt, blieb ja nur mehr zu klären, was er mit gemein meinte.

Also stellte ich die Frage, die Antwort kam in der für die heutige Jugend üblichen Sprachgebrauch, welcher mir zeigte, dass ich gerade mal das Niveau eines Abakus erreicht hatte. Zusammenfassend stellte sich heraus, dass der Junge fast jeden mit diesem Begriff überschüttet, wenn ihm etwas nicht gefällt, er äußert es auch gegenüber dem Lehrpersonal. Gut besser schlecht, gerade in solchen Momenten, wo man einfach mal an die Grenzen seines eigenen Verständnis stößt, soll man nun Worte finden die tröstend, als auch erklärend sind, einem 11-jährigen erklären, was nicht wirklich zu erklären ist. Ja, jetzt hatte ich das Niveau eines Abakus wirklich erreicht. Meine Gedanken dazu, wie die Kugeln geordnet, nach gut links, schlecht nach rechts schiebend, stand ich vor ihm. Nutzt nichts, ihm zu erklären, dass es heute einfach ist, jeden als Rassist ungestraft zu beschimpfen, weil es so einfach ist, aber umgekehrt man aufpassen muss, wenn man sich nur ansatzweise, wenn auch zu recht, negativ gegenüber Migrationsbürgern äußert. Eine intellektuelle Diskussion mit einem 11-jährigen ist zwecklos, insbesondere mit ihm, weil alles was nicht logisch erklärbar ist, wird sofort als Zeichen für Alterssenilität gewertet und mit aller Inbrunst, zu der er fähig ist, aus geweidet wird. Da stand ich nun, ehrlicherweise verzweifelt, weil es am Ende keine Antwort gab, da und es geschah, was einem ja immer in so einer Situation passiert: Es kamen genau die falschen Worte heraus: “Ein Arsch ist ein Arsch, egal wo er her kommt!“

Gut ich bereute jetzt nicht gerade die Aussage, weil sie ja stimmt, nur die Formulierung war nicht gerade gelungen oder altersgerecht, aber gesagt ist gesagt und mein Junge war mal für's erste zufrieden mit der Antwort.

Diese Begebenheit ist wahr und sie fiel mir bei der ganzen Diskussion zu der Flüchtlingskrise und den dazugehörigen Zweifeln und dem rechthaberischen Getue ein. Weil Kinder sind keine Rassisten, sie werden nur welche, wenn man ihnen so etwas vorlebt, wie es gerade abläuft, dass man Migrant mit Samthandschuhen behandelt muss, weil man sonst etwas ist, was man nicht ist, und damit eigentlich jede Integration verhindert und den Hass und Hetze den Nährboden bereitet. Kinder verstehen auch nicht, dass die das dürfen und sie nicht, weil sich natürlich kein Lehrer nur in die Nähe von einer Fremdenfeindlichkeit rücken lassen will, wird es eben meist übersehen und oder als Traumatisierung gewertet und der Rest bleibt ohne Verständnis zurück.

Ich hab einfach die Hoffnung, dass wenigstens unsere Kinder Menschen als Menschen sehen,

ohne Angst zu haben ein Rassist oder Ausländer zu sein.

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Spinnchen

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Hansjuergen Gaugl

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fischundfleisch

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