Steuerschlupflochschöpfer Lacina kritisiert Steuerschlupflöcher ?

Was heisst "SPÖ" eigentlich ? "Satire-Partei Österreichs"? Bei der ORF-Sendung "Im Zentrum" zum Thema Paradise Papers und Steuerumgehung trat der ehemalige SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina auf und beschwerte sich fürchterlich über Steuerumgehung, Solidaritätsmangel, Steuerwettbewerb, etc.

Keiner der anderen Sendungsteilnehmer und -innen wußte oder wollte erwähnen, dass Ferdinand Lacina als Finanzminister der 1990er Jahre selbst beteiligt war, eines der größten Steuerschlupflöcher Europas zu schaffen, nämlich das österreichische Privatstiftungsgesetz.

Dem Schweizer Whistleblower oder dem deutschen Journalisten kann man nicht vorwerfen, dass sie mangelnde Kenntnisse der österreichischen Geschichte haben, aber die österreichischen Gesprächsteilnehmerinnen, nämlich Lisa Mittendrein von ATTAC und der rot-grünen Moderatorin Claudia Reiterer kann man Unwissenheit oder Vertuschung österreichischer Zusammenhänge sehr wohl vorwerfen.

(Eine alternative wortspielerische Interpretationsmöglichkeit wäre, dass die "Moderatorin" Reiterer verschwieg und vertuschte, um die Kritik am doppelzüngigen Lacina zu "moderieren", also zu "mäßigen" )

Das von der großen Koalition unter Finanzminister Lacina geschaffene Privatstiftungsgesetz diente dazu, Milliardäre nach Österreich zu holen, und zwar insbesondere dadurch, dass in den Privatstiftungen weniger Steuern zu zahlen waren, als im Herkunftsland.

Mit diesem Privatstiftungsgesetz "gelang" es in der Tat, zahlreiche Milliardäre und -innen, insbesondere aus Deutschland, nach Österreich zu holen. Allerdings war der Preis sehr hoch: dadurch verlor insbesondere Deutschland mehr Steuereinnahmen, als Österreich dazugewonnen hat. Mit anderen Worten: aus Sicht der gesamteuropäischen Steuereinnahmen war das von Lacina geschaffene Privatstiftungsgesetz ein Verlust, eine Steuersenkung, bzw. die Schaffung einer neuen Steueroase.

Aber das war bei weitem nicht die einzige Problematik in Zusammenhang mit dem ehemaligen Finanzminister Lacina. Damals in den 1980er-Jahren war Lacina Verstaatlichtenminister. Als solcher gab er Weisung, die Ölleerverkäufe der Intertrading (einer Handelsfirma der VÖEST) zum schlechtest-möglichen Kurs, nämlich dem höchsten der umgebenden fünf Jahre) glattzustellen und zu beenden.

Wenn man mit der Beendigung dieser Spekulationsgeschäfte einige Monate zugewartet hätte, dann hätte die Republik Österreich sich Milliarden von Schillingen erspart.

Irgendwie hat das von von extremer politischer Verlogenheit, Lacina sich heute als selbsternannten Schliesser von Steuerschlupflöchern inszenieren zu sehen, während er in den 1990er Jahren ein Schöpfer von Steuerschlupflöchern war.

Ferdinand Lacina ist übrigens verheiratet mit der SPÖ-Politikerin Gertraud Knoll, die evangelische Superintendentin und angeblich parteilose Bundespräsidentschaftskandidatin 1998 und später SPÖ-Politikerin (SPÖ-Vertreterin im ORF-Stiftungsrat, Leiterin der SPÖ-Zukunftswerkstätte, SPÖ-Bundesrätin, SPÖ-Bezirksvorsitzende Alsergrund/Wien, SPÖ-Nationalrätin) war.

Und Lacina kommt genauso wie ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz aus dem VSStÖ (Verbad der Sozialistischen Studenten Österreichs); so gesehen verständlich, dass in der ORF-Sendung "Im Zentrum" alle dunklen Punkte im Leben von Ferdinand Lacina vertuscht werden müssen.

CC BY SA 2.0 / Gregor Tatschl https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Lacina#/media/File:Ferdinand_Lacina.jpg

Ferdinand Lacina: Steuerschlupflochschöpfer in den 1990er Jahren, Steuerschlupflochkritiker heute. Bei einer so großen Meinungsflexibilität ist es vielleicht kein Wunder, dass die SPÖ seit der Kreisky-Ära zirka die Hälfte ihrer Stimmenanteile verloren hat.

P.S.: dass es auch einen begrenzten Wettbewerb mit Steuergrenzen nach Oben und Unten geben kann, der einen Mittelweg zwischen Wettbewerbsmangel und "Steueroasen"/"Steuerräuberverstecke" mit Nullsteuern geben kann und vielleicht sogar sollte, ging in dieser Sendung natürlich unter. Wer polarisieren und Schwarz-Weiss-malen will, der darf natürlich nicht differenzieren und muss dritte Wege und Lösungsmöglichkeiten vertuschen.

Ich kann auch die Kritik des angeblichen Experten für internationale Unternehmensbesteuerung an der Mutter-Tochter-Richtlinie bzw. an Deutschland nicht nachvollziehen. Die Mutter-Tochter-Richtlinie dient dazu, Doppelbesteuerung zu vermeiden, ähnlich wie die österreichsiche Gruppenbesteuerung.

Entscheidend für die Besteuerung ist laut Richtlinie 2003/123/EG der Unternehmenssitz.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32003L0123

Was mich wundert, dass niemand Schellmann kritisierte, weder die ATTAC-lerin Mittendrein noch Lacina.

Wenn ein FPÖ-Politiker unrichtige Kritik an der EU oder an Deutschland nicht korrigiert, dann wirft man ihm EU-Feindlichkeit oder Ähnliches vor. Wenn eine ATTAC-Mitarbeiterin oder ein ehemaliger SPÖ-Finanzminister dasselbe tut (nämlich unrichtige Kritik an EU bzw. Deutschland nicht zu kritisieren), dann passiert gar nichts.

Die ATTAC-Mitvertreterin Mittendrein hat nur ÖVP-Politiker wegen Steuerschlupflochschöpfung kritisiert, hingegen den ihr gegenübersitzenden Lacina nicht, obwohl auch er Steuerschlupflöcher schuf. Vielleicht mußte sie ja die Kritik am SPÖ-Politiker Lacina vertuschen, um an der Sendung im SPÖ-Wrabetz-beherrschten ORF überhaupt teilnehmen zu dürfen.

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