Die Börsenwoche stand diesmal ganz im Zeichen der Notenbanken, wobei immer ein Auge auf der Situation in China blieb (wo der Markt seltsamerweise praktisch immer in den letzten 2-3 Stunden vor Börsenschluss massiv zulegen konnte; „Zufälle“ gibt’s…). In den USA ergab sich dementsprechend wieder die seltsame Situation, dass gute Wirtschaftsnachrichten oftmals mit negativen Reaktionen bedacht wurden. Immerhin würde das bedeuten, dass die Fed bereits im September die Zinsen erhöhen könnte, was ja schlecht für Aktien sein MUSS. Langfristig ist diese „Bad News is Good News“-Einstellung natürlich schwachsinnig, aber wer hat heutzutage schon einen Aufmerksamkeitshorizont, der länger ist als 15 Minuten?Letzteres wurde vor allem in den Tagesbewegungen deutlich: starke Einbrüche am Montag, Erholung Dienstag und Mittwoch. Unterm Strich blieb ein Minus von 1,8 % im amerikanischen S&P 500. In Europa lief es jedoch deutlich besser, der DAX ist praktisch auf dem Niveau der Vorwoche. Hier half ein alter Bekannter: (Super-)Mario Draghi, der Chef der EZB, lieferte das, was man von ihm erwarten durfte: deutliche Anzeichen dafür, dass die EZB weiterhin an ihrem Kurs festhält. Zwar gab es noch keine Ausweitung des Anleihenkaufprogramms, man zeigte sich in Brüssel jedoch sehr zufrieden mit den ersten Ergebnissen. Interessanterweise wurde gleichzeitig die BIP-Prognose für den Euroraum gesenkt und die Gefahr betont, dass die Inflation aufgrund des Ölpreisverfalls sogar einige Monate negativ sein könnte. Letzteres wurde jedoch von den Märkten offensichtlich ignoriert, die Reaktion an den Börsen auf die EZB-Konferenz fiel positiv aus. Die Anleger haben weiterhin das Gefühl, dass die Notenbank auf ihrer Seite ist, der Klassiker „Never fight the Fed“ hört sich zwar mit der EZB deutlich weniger knackig an, ist aber wohl genauso wahr.

Am heimischen Markt tat sich auf der Unternehmensseite relativ wenig. Einzig die OMV meldete, dass man eine Einigung mit Gazprom und anderen Mitstreitern erzielt hat, was die etwas umstrittene Pipeline North Stream angeht. Bei dieser Gelegenheit wurden auch weitere Verhandlungen über einen möglichen Einstieg der OMV in einem Großprojekt in Sibirien geführt. Bleibt nur zu hoffen, dass dies besser verläuft als die letzten Abenteuer des Energieriesen (Nabucco, Kauf des Statoil-Portfolios um EUR 2Mrd.,…), aber zumindest Untätigkeit kann man dem neuen CEO nicht vorwerfen. Die Aktie war bei den wenigen Gewinnern am heimischen Markt, wobei daran sicherlich vor allem der etwas höhere Ölpreis schuld war.Schlechter lief es wiedermal für die heimischen Banken, allen voran die RBI, die knapp 4,6 % einbüßte im Wochenverlauf. Während die Verhandlungen über eine Zwangskonvertierung der CHF-Kredite in Polen in die finale Phase gehen (mit einer Parlamentsentscheidung wird in den nächsten Wochen gerechnet), ist man in Kroatien bereits einen Schritt weiter und bittet die Banken schon zur Kasse. Wenig überraschend sind diese darüber nicht sonderlich erfreut und wollen gegen das Gesetz zu Felde ziehen. Bleibt abzusehen, wie erfolgreich sie damit sind, in Ungarn war ihnen das Glück ja nicht wirklich hold…Eine schwierige Woche hatten auch die heimischen Immobilientitel zu verzeichnen, vor allem Immofinanz und CA Immo brachen ein. Größere Nachrichten gab es kaum, das Ganze ist umso seltsamer, als dass eine lockere EZB-Politik mit weiterhin niedrigen Zinsen ja eigentlich genau das ideale Umfeld für die Immobilienbranche wäre. Geringe Renditen für Anleihen und andere Anlageformen sollten dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Betongold von institutionellen Investoren und Privaten weiterhin hoch bleibt.Auch die nächste Woche dürfte weiterhin im Zeichen der Notenbanken stehen: Jede ökonomische Kennzahl wird auf die Waagschale gelegt, um zu erraten, ob die allmächtige Fed bei ihrer Sitzung übernächste Woche den Daumen senken (und die Zinsen heben) wird. Einer würde sich jedoch über eine Zinserhöhung freuen: unser alter Freund Mario Draghi, denn dies würde seine Anstrengungen den Euro im Vergleich zum US-Dollar niedrig zu halten, deutlich vereinfachen. Und mit ihm vielleicht auch ein paar deutsche exportlastige Firmen, die nach den Problemen in China jede Unterstützung brauchen können…

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:13

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