Neben den üblichen Trump-Tweets (die sich wieder mal der schwierigen englischen Grammatik widmeten, insbesondere dem Thema „wie funktioniert die Verneinung?“) sorgte insbesondere die Berichtsaison, sowohl in den USA als auch schon in Europa für Schlagzeilen. Insgesamt kann der Beginn wohl als durchaus solide beschrieben werden, wenngleich es einige Ausreißer gibt.

Einer davon kam letzte Woche hier an prominenter Stelle vor, die Netflix-Aktie brach kurzfristig nach schwächeren Zahlen um über 10% ein, konnte dann aber den Schaden doch einigermaßen begrenzen. Aber auch bei Firmen, die durchaus recht solide Zahlen vorlegen konnten, wie die US Großbanken und einige Industriewerte hielt sich die Euphorie der Investoren in Grenzen. Dies dürfte wohl vor allem auf die großen Erwartungen der Investoren zurückzuführen sein.

Ein schönes Beispiel hierfür ist der US-Stahlkonzern Nucor. Die Firma hat in den letzten Jahren viel in neue Fertigungsanlagen investiert, um mit der chinesischen Konkurrenz mithalten zu können. Dabei hilft natürlich auch der günstige Preis für Strom und insbesondere Erdgas in den USA, weswegen ja auch die heimische voestalpine ihr jüngstes Stahlwerk in Texas aufgestellt hat. Es wird wohl auch die wenigsten Investoren überraschen, dass der CEO von Nucor einer der größten Fans der neuen Stahlzölle von Präsident Trump ist.

So kontrovers die Zölle auch an anderer Stelle diskutiert werden, sieht man sich die Ergebnisse von Nucor an, kann man wohl kaum sagen, dass sie nicht ihren Zweck erfüllen würden: Die Firma legte im Q2 ein neues Rekordergebnis vor, der Optimismus ist vergleichbar mit der Erwartungshaltung der heimischen Fußballfans vor einer WM nachdem Österreich zwei Spiele hintereinander gewonnen hat. Daran ist die Firma aber teilweise auch selbst schuld, bereits im Juni wurde vorab gemeldet, dass die Q2-Zahlen deutlich über den Analystenschätzungen liegen sollten.

Dementsprechend dürfte sich die Überraschung bei den Investoren in Grenzen gehalten haben, als die Zahlen dann sogar nochmals eine Spur besser waren, als ursprünglich angekündigt. Die Aktie wurde daraufhin sogar Opfer von einigen Gewinnmitnahmen, wenngleich sich auch hier die Verluste nach einer anfänglichen Korrektur im Tagesverlauf deutlich eingrenzten. Was lernen wir aus diesen Episoden? Im Vorfeld der Berichtsaison wurden die Erwartungen nochmals nach oben geschraubt, von einem Gewinn-Wachstum von über 20% wurde da teilweise geschwärmt. Dass die Ergebnisse jetzt „eh gut“ sind, reicht da anscheinend den Investoren nicht und besonders Nervöse drücken da gerne gleich auf den Verkaufsknopf.

Dass die Aktien sich dann aber zumeist im Tagesverlauf wieder fangen können, kann dagegen durchaus positiv gesehen werden: Die Marktteilnehmer, die sich die Zeit nehmen Conference Calls anzuhören und sich ein bisschen mit der Firma beschäftigen, dürften die Gelegenheit nutzen, die sich ihnen durch die „Enttäuschung“ einiger Investoren bietet, denn immerhin geht es vielen Unternehmen an sich ja gut…

Diese Woche brachte jedoch auch ein schönes Beispiel, was passieren kann, wenn die Erwartungen an ein Unternehmen nach unten geschraubt wurden und plötzlich positive Überraschungen gemeldet werden. Die heimische Do & Co berichtete diese Woche, dass wieder Verhandlungen mit Turkish Airlines aufgenommen wurden. Drehen wir das Rad der Zeit ein wenig zurück zum August des letzten Jahres. Damals kamen wir in den Büros nicht nur aufgrund der hohen Temperaturen ins Schwitzen, auch die Do & Co Aktionäre hatten es nicht leicht: Einer der größten Kunden, Turkish Airlines, entschied sich damals beim Umzug an den neuen türkischen Flughafen einen neuen Caterer mit ins Boot zu nehmen. Für Do & Co war dies ein schwerer Schlag: Nicht nur ein großer Brocken des Umsatzes war damit in Gefahr, auch die Wachstumschance als Caterer für den bald größten Flughafen der Welt schien damit dahin. Das Unternehmen wurde damit in den Augen der Investoren praktisch über Nacht von einer „Wachstumsaktie“ zu einer Firma, die wohl in den nächsten Jahren hauptsächlich versuchen dürfte, den Wegfall des türkischen Geschäfts zu kompensieren…

Die Aktie verlor damit vor allem aufgrund ihrer türkischen Probleme insgesamt knapp 50% an Wert (bereits 2016 belasteten negative Währungseffekte und erste Gerüchte die Aktie), die Erwartungen waren im Keller. Dementsprechend positiv war die Reaktion der Investoren auf die Nachricht, dass es jetzt vielleicht doch etwas werden könnte mit dem neuen Istanbuler Flughafen (und einigen anderen, kleineren Aufträgen). Die Aktie konnte nach der Ankündigung um fast 10% nach oben springen und auch das Handelsvolumen war für einen lauen Sommertag durchaus beachtlich. Natürlich muss man erst abwarten, wie es hier weitergeht, immerhin gibt es in der Türkei ja immer noch die Möglichkeit, dass der eine oder andere Stein auf den Weg gelegt wird. Aber manchmal zahlt sich ein bisschen Geduld halt doch aus. Denn, wie schon Charles Dickens gesagt hat: „Auch eine große Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig“.

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