Von Posthörnern, Giebelkreuzen und alten Bekannten

Wie erwartet liegt eine geschäftige Woche hinter uns: Quartalszahlen, Unternehmensnachrichten und Makro-Ereignisse gaben sich die Klinke in die Hand und dementsprechend stark waren die Tagesschwankungen an den Börsen. Aber alles der Reihe nach.Fangen wir mit dem Big Picture an. Die internationalen Märkte haben eigentlich dort weitergemacht, wo sie letzte Woche aufgehört haben: tief im Minus. Schuld daran war wieder einmal China, der Shanghai Composite Index verlor im Wochenverlauf über 11 %, knapp 6 % davon bereits am Montag. Die kurzfristige Hoffnung auf eine Erholung von vor einigen Wochen ist mittlerweile wieder verflogen. Dementsprechend litten auch die „China-lastigen“ Branchen Autos, Chemie und Rohstoffe, das Minus betrug allein diese Woche zwischen 4-5 %. Das schöne Jahresplus, das vor allem die Automobilhersteller aufweisen konnten ist damit in den letzten Wochen deutlich geschrumpft.Neben dem bereits bekannten China-Thema meldeten sich auch unsere guten Freunde aus Griechenland wieder zu Wort: Dort rief Ministerpräsident Tspiras Neuwahlen für den 20. September aus und trat zurück. Wie beliebt er nach den monatelangen Verhandlungen mit den Gläubigern im eigenen Land noch ist wird sich zeigen, denn er will wieder antreten. An der Börse wurde die Nachricht insgesamt jedoch nicht als sonderlich dramatisch angesehen, da nicht damit gerechnet wird, dass es noch zu einem Scheitern der Hilfen in der letzten Minute kommen könnte. Dementsprechend lag der Athener Index mit einem Minus von 3,7 % im Mittelfeld, während es den exportlastigen DAX mit -5,3 % erneut am stärksten erwischte.In diesem schwierigen Umfeld konnte sich der heimische Index vergleichsweise gut halten: der ATX ging „nur“ um 2,4 % zurück. Mit RBI (+5 % im Wochenverlauf) und Kapsch (+10 %) fanden sich gleich zwei Unternehmen, die diese Woche ihre Ergebnisse präsentierten, ganz vorne am Kurszettel. Bei beiden beginnen die Kosteneinsparungsprogramme der letzten Monate langsam zu greifen, wodurch das schwierige Umfeld schön langsam ausgeglichen werden kann.

Während sich dieses bei Kapsch jedoch bereits zu drehen beginnt (neue Ausschreibungen, Pressemeldungen über eine Verlängerung des wichtigen Vertrags in Tschechien), kämpft die Giebelkreuzbank noch immer mit der wirtschaftlichen Situation in Russland und der Ukraine. Dementsprechend wollte man auch den vorsichtigen Ausblick nicht nach oben korrigieren, zu oft war man in den letzten Jahren von der Entwicklung überrascht worden. Nach den Kursverlusten der letzten Monate reichte es aber dennoch für eine stark positive Reaktion an der Börse.Selbige sah auch conwert, wobei hier jedoch die Firma eigentlich wenig dafür kann. Die Aktionäre dafür umso mehr, genauer gesagt der bisherige Großaktionär Teddy Sagi. Er verkaufte seine erst vor kurzem aufgebaute 24,8 %-Beteiligung an der conwert an das deutsche Immobilienunternehmen Adler Real Estate. Nun darf fleißig darüber spekuliert werden, was Adler mit dem Anteil machen will, eine komplette Übernahme der conwert wird von den meisten Analysten derzeit jedoch noch ausgeschlossen, immerhin ist die Firma deutlich kleiner als die conwert selbst!Die umgekehrten Größenverhältnisse finden sich bei den Postunternehmen: Die deutschen Posthornritter kommen auf eine Marktkapitalisierung von knapp € 30,6 Mrd. während die heimische Schwester nur € 2,4 Mrd. auf die Waage bringen kann. Doch auf diese haben es die Deutschen offenbar abgesehen: Ein dreistelliger Millionenbetrag soll investiert werden um ein Paketnetzwerk in Österreich aufzubauen und in den heimischen Markt einzusteigen. Das würde „unsere“ Post hart treffen, immerhin handelt es sich bei Paketen um den Hauptwachstumstreiber der Firma. Von diversen Internetbestellungen (die Stressbälle haben leider die letzten Quartalszahlen nicht ganz überlebt) wissen wir zwar, dass auch andere Anbieter bereits den Markt bearbeiten, bisher konnte die heimische Post jedoch mit ihrem breiten Distributionsnetzwerk und der guten Servicequalität punkten. Dementsprechend heftig reagiert die sonst so ruhige Aktie: -8,4 % innerhalb einer Woche stehen in dem sonst oft als „Sparbuchaktie“ verschrienen Wert am Kurszettel, genug um die Dividendenzahlungen der letzten 2 Jahre beinahe gänzlich aufzufressen. Wie schlimm die operativen Auswirkungen im Endeffekt sein werden, wird sich zwar erst mittelfristig zeigen, im derzeitigen Umfeld wird jedoch zuerst geschossen und dann gefragt…Die nächste Woche beehren uns vor allem Immobilienunternehmen (conwert, CA Immo, UBM, S Immo), Versicherungen (UNIQA, Vienna Insurance) sowie Industrieunternehmen (Lenzing, Rosenbauer) mit ihren Quartalsergebnissen. Während bei den Immos vor allem die Themen Portfolioqualität sowie langfristige Strategie im Fokus stehen werden, dürfte sich Lenzing mit vielen Fragen zu China konfrontiert sehen, immerhin der Hauptabsatzmarkt für ihre Produkte. Spannend sollten auch die Ergebnisse der Versicherungen werden: Gute CEE-Resultate von Banken und Zyklikern (Wienerberger, Palfinger) lassen Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung der Region aufkommen, die Aktien litten jedoch bisher gemeinsam mit der gesamten Branche. Bleibt zu sehen, wer Recht behält.

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