Hunde zählen wohl zu den beliebtesten Haustieren in unseren Breiten. Aus den verschiedensten Erwägungen entscheiden wir uns dafür, einen Hund in unseren Haushalt aufzunehmen. Doch egal wie diese Gründe aussehen, sehr viele vergessen auf ganz Wesentliches. Einerseits, dass nicht der Hund zu uns will, sondern wir den Hund wollen. Viele erwarten sich dann von diesem, dass er sich unheimlich freut, dass wir gerade ihn erwählt haben. Er wurde jedoch nicht gefragt. Wir haben für ihn entschieden. So gnädig sind wir. Doch gnädig ist eigentlich der Hund, der es auf sich nimmt sich in einem Menschenverband aufnehmen zu lassen. Und ganz gleich wie gut es dem Hund geht, er ist immer unser Gefangener und niemals ein freies Wesen. Denn es gibt bestimmte zivilisatorische Gegebenheiten, denen sich der Hund anzupassen hat. Er wird es auch tun, wenn die notwendigen Voraussetzungen gegeben sind.

Andererseits ist es eben so, dass es ein Hund und kein Mensch auf vier Pfoten statt auf zwei Beinen ist. Wir vermenschlichen ihn, indem wir z.B. glauben, er freue sich, wenn er an einem hochspringt. Dabei ist es eigentlich eine Unhöflichkeit und Respektlosigkeit. Oder wir reden auf ihn ein, als würde er es verstehen. Doch was der Hund wirklich braucht, ist Sicherheit und Verstehen, das bekommen sehr wenige. Manche Hunde sind so lammfromm und anpassungsfähig, dass sie selbst das verkraften. Andere nicht. Bald schon hat man einen Haustyrannen, um den sich alles dreht und der seinen Menschen ganz wunderbar abgerichtet hat. Oder er entwickelt sich zu einem Angstkläffer bzw. Angstbeißer, denn die Unsicherheit, die der Besitzer ausstrahlt, färbt auf den Hund ab. Und wenn wir dann gar nicht mehr weiter wissen, dann fällt uns die großartige Show von Martin Rütter oder ähnlichen ein, und wir holen uns den Dog Coach.

Ich habe es getan. Genauerhin, ich rief Sabine Altmann an und sie besah sich meine Hündin, die ein auffälliges Verhalten gegenüber Männern zeigte. Kam ein fremder Mann auf Besuch begann sie wie wild zu keifen, stellte die Haare auf, kniff aber gleichzeitig den Schwanz ein. Wollte der Mann nicht weichen, verkroch sie sich unter dem Tisch. Es lag nahe, dass sie eine schlimme Erfahrung mit Männern gehabt hatte, bevor sie zu uns kam. Was es genau war lässt sich nicht mehr eruieren, das Hauptaugenmerk lag nun darin, ihr diesen Knoten im Kopf zu lösen. Sabine kam und besah sich den Fall. Und wenn ich mir jetzt eine große Show erwartete, so wäre ich enttäuscht gewesen. Erwartete ich aber nicht. Was Sabine in unnachahmlicher Weise kann, ist den Hund zu „lesen“. Das heißt, wie ein guter Physiotherapeut erspürt sie durch genaue Beobachtung des Verhaltens des Hundes wo der Knoten sitzt. Jede kleinste Regung, Mimik und Gestik nimmt sie wahr und vermag sie zu deuten. In aller Stille, in aller Ruhe beginnt sie diesen Knoten zu lösen. Das kann manchmal schnell gehen, manchmal langsam. Doch das Entscheidende ist, dass der Hund diesen Knoten spürt, sich ihm stellt und ihn auflösen lässt. Letztlich fungiert der Dog Coach als Hebamme, denn die Arbeit macht der Hund. Ohne ein Wort funktioniert das, nur durch eine Atmosphäre der Sicherheit und des Vertrauens, das sie aufbaut. Sicherheit, indem sie klar macht; den Ton angibt. Das hat nichts mit Unterwerfung zu tun, sie bietet vielmehr ein Umfeld, in dem sich der Hund entspannen kann, weil es jemanden gibt, der ihm Raum schafft zu sein - als Hund. Nichts weiter, doch meist ist es genau das, was dem Hund verwehrt wird. Sie folgt seinem Tempo, begleitend und unterstützend. Nicht Misslingen wird bestraft, sondern jeder, noch so kleine Teilerfolg belohnt. Damit merkt der Hund, er hat etwas Richtig gemacht. Und er wird angespornt in diese Richtung weiter zu gehen.

All das eignet sich nicht für eine Show, nicht für eine Vorabendsendung, aber es ist der beste Weg dem Hund Vertrauen und Sicherheit zu geben. Und das sollte doch wohl das Entscheidende sein.

shutterstock/Vitaly Titov

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