Ich habe mir gerade das sogenannte Puls4-Interview von Sebastian Kurz durch Corinna Milborn mit anschliessender, sogenannter Analyse durch Sophie Karmasin und Florian Klenk angesehen.

Mein Eindruck ist: Kurz machte eine gute Figur, aber nur deswegen, weil Corinna Milborn so vorhersehbar ist. Dass Milborn die SPÖ-Argumentation kopiert, hat Kurz selbst festgestellt.

Aber der springende Punkt: Corinna Milborn liefert seit vielen Jahren und Jahrzehnten eine angebliche "Berichterstattung", die total zur SPÖ-Rhetorik passt. Daher war vorhersehbar, welche Fragen Milborn stellen würde, welche Positionen sie vertreten würde, und wie man dem entgegnen könnte.

Früher (in den 1950er und 1960er Jahren) hat man das im ORF als "Hofjournalismus" kritisiert, dass Journalisten vorab ihre Fragen an die Politiker von SPÖ und ÖVP schicken müssen, damit sie gestellt werden dürfen.

Aber durch ihre Berechenbarkeit ist Corinna Milborn eine Hofberichterstatterin von Kurz wider Willen.

Und Corinna Milborn liess auch zahlreiche Möglichkeiten aus, Kurz wirklich kritische Fragen zu stellen, einfach deswegen, weil sie eben so ist, wie sie ist, weil sie eine Agenda hat, aber keine neutrale journalistische Neugier. Sie versucht immer nur, Kurz von einer Seite zu kritisieren, von der sie selbst kommt, von der Linken. Ein einziges Mal in ihrem Leben Kurz von der rechten Seite zu kritisieren, fiele Corinna Milborn als aufrechter und extremer Antifaschistin natürlich nienienienicht ein.

Ein Beispiel dafür: Corinna Milborn als Linke würde nie im FPÖ-nahen Milieu recherchieren, oder recherchieren lassen.

Daher weiss sie gar nicht, dass es auf FPÖ-Basis antisemitische Tendenzen gibt, denen Strache auf Ebene der politischen Elite abgeschworen hat, so dass sich eigentlich die Frage stellt, wie ernst Strache es damit eigentlich meint. Aber für Milborn gilt ja das Heinz-Fischer-Diktum, an das sie sich sklavisch hält: an der Rechten dürfe man nicht einmal im geringsten anstreifen.

Ein zweites Beispiel wäre der Syrienkrieg gewesen: seit 2011 herrschte in Syrien Krieg. Die Flüchtlingswelle fand zwar erst 2015 statt, aber es war seit 2011 vorhersehbar, dass eine derartige Flüchtlingswelle passieren kann.

Kurz´ Antwort, die Flüchtlingswelle 2015 sei die Legitimation dafür, seine Meinung zu ändern, ist daher sehr fragwürdig, was Corinna Milborn natürlich nicht thematisierte.

Auch dieses Mikrofon-Teilen mit dieser Umweltaktivistin blieb als angebliche kooperative Heldentat von Sebastian Kurz stehen. In dem Zusammenhang hätte ein Hinweis darauf, dass die Verankerung des Wirtschaftsstandorts als Verfassungsprinzip weitaus gravierender und umweltaktivismusfeindlicher ist als das Mikrofonteilen umweltaktivismusfreundlich, sinnvoll sein können, unterblieb aber bei Milborn.

Aber Milborn war vielleicht zu dumm oder zu SPÖ-Apparatschik-haft, um hier eine kritische Frage zu stellen. Eine weitere Erklärung für das wahrscheinlich journalismus-ethik-widrige Verhalten von Milborn wäre, dass sie nach einer neuerlichen SPÖ-ÖVP-Koalition schielt, und dass sie eben deswegen kritische Fragen an Kurz nicht stellt.

Auch Florian Klenk, der angeblich kritische Aufdeckungs-Journalist, war in seiner sogenannten "Analyse" unfähig, diese Argumentationsschwäche zu entdecken.

Der Volksmund sagt ja: "Unter Blinden ist der Einäugige König".

Und da die oft linken Journalisten blind und unfähig sind, kann eben auch ein einäugiger, Fehler-machender Kurz König sein.

Es unterblieb auch die Hinterfragung, was die als großer Kurz-Erfolg gefeierte Schliessung der Balkanroute wirklich gebracht haben soll, in Anbetracht der Tatsache, dass der Merkel-Erdogan-Deal eine Schliessung der Balkanroute überflüssig machte, und dass die Schliessung der einen Route normalerweise zu einer Verlagerung auf eine andere Route führt.

Eigentlich hätte man von Milborn ja Frauensolidarität mit Merkel erwarten können - aber: keine Spur davon.

Die Art und Weise, wie Kurz der deutschen Kanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf in den Rücken fiel, was die CDU/CSU ca. 2% der Stimmen bei der deutschen Bundestagswahl kostete, und was CDU/CSU auch das Kanzleramt (und zwar das deutsche!, das des bevölkerungsreichsten und wirtschaftskräftigsten EU-Lands) hätte kosten können, liess Milborn völlig unerwähnt.

Um Strache und der FPÖ zu gefallen, blamierte Kurz Merkel - und das ausgerechnet im deutschen Fernsehen, das den populistischen Charakter seines Vorgehens wesentlich besser durchschaute (eine deutsche TV-Journalistin, vielleicht Maischberger, bezeichnete Kurz als "zarteste Versuchung, seit es Populismus gibt", in Anspielung auf die Werbung dieser Schokolademarke).

Dass die Möglichkeit besteht, dass als Retourkutsche für das öffentliche Blamieren Merkel die ÖVP und Kurz vom Informationsfluss in NATO und deutscher Regierung abschneidet, fällt Milborn und Klenk natürlich nicht ein (wahrscheinlich deswegen, weil sie sich nur für Dinge interessieren, die der SPÖ direkt nutzen könnten). Wegen der Art und Weise, wie die deutsche Regierung Puigdemont abschob, könnte Österreich den UNO-Sitz verlieren, aber das ist vielleicht zu kompliziert für Milborn und Klenk. Und das ist vielleicht auch nicht skandaltauglich.

Und Milborn soll die angebliche beste Aufdeckungsjournalistin in Österreich sein und wurde als solche bepreist - dass ich nicht lache ....

Dass einzig Positive, was man über Milborn sagen kann, ist wohl, dass sie das Objektivitätsgebot des ORF nicht verletzt, weil sie nicht für den ORF arbeitet.

Und Klenk ist genauso: statt konkreter Kritikpunkte brachte er nur allgemeine und diffuse Vorwürfe an Kurz, die nichts und alles heissen können, z.B. er sei ein Slalomfahrer und trickreich und so weiter.

Florian Klenk beschränkte sich bei der Frage, wer in welchem Ausmass in Gesundheitskassen vertreten sein soll, auf die reine Quantitätsfrage; er argumentierte völlig auf SPÖ- und AK-Linie: für den Überhang an Arbeitnehmervertretern und gegen die Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Klenk liess dabei als quasi SPÖ- und AK-Apparatschik die Qualitätsfrage völlig aus.

Der frühere ÖGB-Chef Anton Benya hatte einmal gesagt: "Der Sinn der Sozialpartnerschaft ist, dass die Gewerkschafter und die Arbeiterkämmerer von den Wirtschaftskämmerern lernen, wie Wirtschaft funktioniert".

Damit zum Ausdruck kommt, dass Wirtschaftstreibende (laut ÖGB-Chef Benya!!!!) eine höhere Wirtschaftskompetenz haben, und damit wahrscheinlich auch eine höhere Fähigkeit, Gesundheitssystemkassen zu leiten.

Allerdings zweifle ich trotzdem daran, ob die Wirtschaftstreibenden Alles können. Und viele Gewerkschafter und Arbeiterkämmerer scheinen nur noch sich selbst zu vertreten.

Was auch auffiel, war die riesige Dimension, die das Kassenthema in der Sendung einnahm, so als gäbe es nicht weitere wichtige. Aber auch das hängt wahrscheinlich damit zusammen zusammen, dass Milborn und Klenk ebenso wie die SPÖ zu glauben scheinen, beim Kassenthema könne man mit einer "Umfärberhetorik" punkten, so ähnlich, wie das auch bei Schwarz-Blau I (zwischen 2000 und 2006) versucht wurde.

Was dabei übersehen wurde, dass auch früher schon umgefärbt wurde, und zwar von Schwarz auf Rot. Der SPÖ-Kanzler Bruno Kreisky legitimierte in den frühen 1970er Jahren das unkonsensuale, autoritäre Umfärben von Schwarz auf Rot mit dem Argument "Man kann von einem Versuchskaninchen nicht erwarten, die eigene Vivisektion zu befürworten". (Eine Vivisektion ist z.B. das Zerlegen und Zerschneiden von Versuchstieren, z.B. im medizinstudium oder im Zoologiestudium)

Aber jeder Vergleich des Umfärbens von Rot auf Schwarz entweder zwischen 2000 und 2006 oder heute mit dem Umfärben von Schwarz auf Rot in den frühen 1970er Jahren darf es laut linker Journaille natürlich nicht geben, frei nach dem Motto des verstorbenen Doyen des österreichischen Journalismus, Günther Nennings "Journalisten sind G´Fraster!" (für bundesdeutsche oder Schweizer oder Südtiroler oder andere Wien-Dialekt-Unkundige: ein "G´Frast" ist im Wiener Sprachgebrauch ein "schlimmes Kind" )

Um einen internationalen Vergleich herzunehmen: in den USA betrachtet man es völlig normal, dass bei jedem Wechsel von einer Partei zur Anderen auch die obere Ebene des Verwaltungsapparats ausgetauscht wird, was von beiden Parteien akzeptiert wird. Es ist keineswegs so, dass dann Umfärbepolemiken erfolgen.

Wer so unfähige journalistische "Feinde" hat, der braucht irgendwie keine Freunde mehr.

Und die unfreiwillige Art und Weise, wie die angeblich kritischen Journalisten aus Unfähigkeit Kurz in die Hände arbeiten, erklärt auch Kurz´ Wahlsieg.

Puls4 verwendet übrigens Cookies mit Trackerfunktion (angeblich um die Werbebotschaften zu präzisieren), aber diese Trackerfunktion kann auch als Überwachungsinstrument missbraucht werden, als Instrument, puls4-kritische Blogger zu bespitzeln.

Das ist leider nicht der erste Blog, in dem ich Corinna Milborn kritisiere, sodass Puls4 möglicherweise ein Interesse daran haben könnte, herauszufinden, wo ich mich befinde.

https://www.puls4.com/pro-und-contra/videos/PULS-4-Sommergespraeche/Das-PULS-4-Sommergespraech-mit-Sebastian-Kurz

Siehe auch:

https://www.fischundfleisch.com/dieter-knoflach/kurz-staerke-ist-die-dummheit-der-linken-40031

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