Ich bin verwundert. Ich dachte ja eigentlich, gemäß Sudsidiaritätsprinzip und Demokratieprinzip würden die Bürger und Wähler (beiderlei Geschlechts) die Regierung wählen.

In der "Schönen, neuen EU" (frei nach Aldous Huxley´s "Schöne, neue Welt" ) bestimmen aber offensichtlich nicht die Bürger und Wähler, sondern ausländische Staatschefs, wer regiert.

Wenn also der französische Präsident Macron eine CDU-SPD-Koalition braucht, um seine Projekte durchzusetzen und eine CDU-FDP-Grün-Koalition ablehnt, dann - schwuppdiwupp - platzen auf einmal die CDU-FPD-Grün-Koalitionsverhandlungen, die SPD bricht ihre Oppositionsansage, und eine CDU-SPD-Koalition ist plötzlich die einzige mögliche Regierungsform, nur weil Macron das so will und so braucht.

Das erinnert an die schlimmsten Zeiten des "Westentaschen-Napoleon" Jacques Chirac mit all seinen Gehilfen von der PS, z.B. Lionel Jospin, die im Jahr 2000 glaubten, Schwarz-Blau in Österreich verhindern zu können oder zu müssen (vielleicht auch wegen falscher Zusagen, die Klestil Chirac machte), und Rot-Schwarz in Österreich erzwingen zu können ....

Was ist denn die EU bitteschön, was ist Deutschland und was ist Österreich ?

Alles französische Kolonien, die diejenigen Regierungen bilden müssen, die französische Präsidenten befehlen ?

Ich dachte eigentlich, um das Jahr 1960 hätte ein Entkolonialisierungsprozess stattgefunden ....

War aber offenbar falsch gedacht: je mehr Kolonien Frankreich in Afrika oder in Indochina verliert, umso mehr Kolonien verlangt es offensichtlich in Europa, mitten in der EU, und insbesondere Deutschland und Österreich, die als Nazi-Nachfolgestaaten anscheinend sowieso alle Befehle erfüllen müssen, die ein französischer Diktator erteilt, weil sie ansonsten die Nazi-Keule und den Faschismus-Vorwurf übergebraten bekommen, was auch nach 80 Jahren noch eine schwere Beschädigung der Beziehungen dieser beiden Staaten zum Rest der Welt bedeuten kann.

Eigentlich dachte ich ja: Europa braucht keinen Napoleon, weder einen klassischen Napoleon, noch einen Westentaschen-Napoleon, wie Jörg Haider Chirac nannte, weder einen Chirac-Napoleon, noch einen Jospin-Napoleon, noch einen Macron-Napoleon.

Man stelle sich einmal vor, was in Frankreich loswäre, wie die Presse der meisten EU-Staaten reagieren würde, wenn Deutschland oder Österreich fordern würden, in Frankreich müsse Marine Le Pen Präsident werden, und nicht Macron .....

Aber umgekehrt ist das alles kein Problem: die Deutschen und Österreicher, gewohnt, sich sklavenhaft unter jedem Nazivorwurf zu beugen und schweigen und sich alles diktieren zu lassen, sind es ja gewohnt, als besatzte Staaten, als Nazi-Nachfolgestaaten, als "unreife Demokratien" und als entmündigte vom Alliierten Rat beherrschte Völker zu agieren.

Auch das angebliche deutsche Qualitätsmedium "Die Zeit", das ich an und für sich schätze, findet überhaupt nichts dabei, "Macron sagt: GroKo !" zu titeln, und völlig kritiklos Macrons Forderungen abzunicken.

Da sieht man wieder einmal, welche fürchterlichen Auswirkungen das Veto-Monopol Frankreichs hat: wegen des Brexit ist Frankreich das einzige EU-Mitgliedsland mit einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat mit Vetorecht.

D.h. Frankreich kann alles blockieren, was in der EU beschlossen wird und über den UNO-Sicherheitsrat laufen muss, aber niemand in der EU kann blockieren, was Frankreich an auf Frankreich zugeschnittene Massnahmen auf EU-Ebene durchbringt.

Die EU wird offenbar immer mehr zur französischen Diktatur, und in Österreich und Deutschland merkt´s niemand oder niemand will als "böser Antieuropäer" gebrandmarkt werden, weil ihm die französische Dominanz in der EU nicht gefällt .....

Das erinnert alles sehr an das Postdemokratie-Konzept des britischen Soziologen Colin Crouch.

Und dann schimpfen wir so wahnsinnig wegen des angeblich ach so autoritären Russland und des ach so diktatorischen China ....

Welche Doppelmoral, welche Heuchelei, welche Ausbund an "Zweierlei Maß" ....

Maurice Weiss / Pool / dpa http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/emmanuel-macron-grosse-koalition-auswirkung-europa

Schulz wird Vizekanzler, weil Macron es so will. Wer braucht schon Wähler, wenn gute Freunde in ausländischen Staatskanzleien auch zur Macht verhelfen können ?

Hier zeigt sich wieder einmal, welche Tragödie der Brexit ist.

Denn der Brexit verschafft Frankreich ein Vetomonopol, mit dessen Hilfe es scheinbar alles diktieren kann, was es will, selbst die Zusammensetzung der deutschen Regierung.

Zitate aus dem Artikel der "Zeit":

"Macron braucht die Erfahrung, die Merkel mitbringt"

(Was heisst denn das bitte ? Die CDU darf gar nicht entscheiden, die Kanzlerin auszutauschen, was insbesodnere nach den schweren Verlusten bei der letzten Wahl naheläge, weil Macron Merkels internationale Erfahrung und Reputation brauche ?)

"Macron braucht jetzt vor allem eine SPD, die seine Ideen von einer tieferen Integration der EU am besten mitsamt Eurozonenfinanzminister und Budget in einer großen Koalition unterstützt."

Macron soll laut "Die Zeit" gesagt haben: "Wenn Angela Merkel sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot."

Und eben deswegen, weil Macron bei einer schwarz-gelben Koalition (also CDU-FDP) fürchte, die Wahlen zu verlieren, darf die FDP nicht mitregieren, sondern nur die SPD ????

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