Die Eliten haben entschieden: Europa zieht in den Krieg gegen Russland

Hat der Dritte Weltkrieg schon begonnen? Steht er unmittelbar bevor? Zwischen diesen zwei Standpunkten verläuft die aktuelle Debatte, an einen friedlichen Ausgang der Krise glaubt dagegen kaum noch jemand. Ein Beitrag aus russischer Sicht.

Von Elena Karajewa

Das Gespenst des Dritten Weltkriegs geht um in Europa. Das gemeine Volk mit seinen kleinen und großen Alltagsproblemen soll nicht darüber nachdenken, aber die Politiker, die eine künstliche geopolitische Krise herbeigeführt haben, scheinen den elementaren Selbsterhaltungstrieb verloren zu haben. Sie haben tatsächlich beschlossen, unser Land, wie es bei Europäern schon immer Brauch war, in Schweineformation anzugreifen. Sie glauben, dass schwere Bewaffnung (auch wenn jemand eine der Panzermodifikationen als "leicht" bezeichnet hat) in der Lage ist, den Verlauf der militärischen Sonderoperation zugunsten der Ukraine umzukehren.

Die Lieferung neuer militärischer Ausrüstung und weiterer Rüstungsgüter weitet das Ausmaß der Krise aus und beschleunigt die Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, auf auch für Paris, London und Warschau unkontrollierbare Werte. Sind diejenigen, die auf mehr Tempo bei den Waffenlieferungen und auf die Ausweitung der Nomenklatur der gelieferten Rüstungsgüter drängen, sich dessen bewusst?

Für europäische Spitzenpolitiker war der Krieg seit jeher in erster Linie eine Gelegenheit, ihre eigenen innenpolitischen Probleme zu lösen. Die erste Wirkung jedes Kriegsausbruchs besteht darin, dass er selbst bankrotten Politikern ermöglicht, an der Macht zu bleiben. Er sichert den "demokratisch Gewählten" die Loyalität der Öffentlichkeit und einen hohen Grad an Zustimmung in Meinungsumfragen. Die zweite innenpolitische Wirkung eines Krieges ist die Möglichkeit, unter Verweis auf die Notsituation mit außerordentlichen Mitteln zu regieren.

"COVID-19-Pandemie" – Ein gelungenes machttechnisches Experiment

Eines Tages werden Geschichtsbücher berichten, wie oft in den letzten Jahren die Präsidenten und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten das Wort "Krieg" wiederholt haben. Nicht zufällig nahm es Emmanuel Macron schon im Zusammenhang mit steigenden Coronavirus-Infektionen vor drei Jahren in den Mund. "Wir befinden uns im Krieg", sagte er damals. Diese Worte verliehen ihm – selbst vor dem Hintergrund eines rein medizinischen Problems – eine noch nie dagewesene Autorität und Macht, die Macron in vollem Umfang ausgenutzt hat.

Nicht anders verhielt es sich im auf Demokratie und allerlei "fortschrittliches Zeugs" stolzen Deutschland. Wie auch in Rom, Madrid oder überall sonst in der gesamten EU.

Jeder Widerspruch gegen die Narrative der Behörden und des Mainstreams wurde unterdrückt, unter Einsatz einer Vielzahl von Mitteln. Diejenigen, die am hartnäckigsten ihre Ansichten vertraten und nicht mit den Machthabern übereinstimmten, verloren Arbeitsplätze und Dienstgrade. Die Aufmüpfigen wurden unter vielfältigen Vorwänden mit Repressionen überzogen. Dabei waren es nicht einmal Revoluzzer und Systemfeinde: Es waren Professoren, medizinische Koryphäen und bedeutende Virenspezialisten, darunter sogar ein Nobelpreisträger, die plötzlich zu Aussätzigen erklärt wurden.

Die "COVID-19-Pandemie" war ein gelungenes Experiment: Nachdem das europäische Establishment Mittel der Unterdrückung erfolgreich getestet und alle Medienkanäle off- und online "auf Linie" gebracht sind und gehorsam den von der Spitze geforderten Standpunkt verbreiten, braucht es öffentlichen Widerspruch nicht mehr zu fürchten. Entsprechend gleichgültig ist das Establishment gegenüber Meinungsumfragen heute, wo Russland gegen die Globalisten einen Kampf um Leben und Tod führt, weil es weiß, wie schnell und leicht der in der Europäischen Union lebende einfache Mensch in beliebige Richtung "propagierbar" ist.

Auf jede kritische Frage reicht heute diese eine Antwort: "Putin ist schuld." Mit Entscheidungen und Handlungen Russlands wird heute jedes rein innenpolitische Problem erklärt.

Der Krieg – eine europäische Institution

Es ist in unserem eigenen Interesse, diese Realität in ihrer ganzen Unansehnlichkeit zu erkennen und uns nicht der Illusion hinzugeben, dass "die Europäer zu praktisch und zu egoistisch" seien, um einen Krieg mit Russland ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Europa betrachtet einen Krieg gegen Russland – die direkte militärische Konfrontation mit unserem Land – zweifellos nicht mehr als eine fernliegende Option, sondern als das naheliegende und wahrscheinlichste Szenario für die unmittelbar bevorstehende Zeit. Nicht etwa, weil europäische Politiker allesamt kriegslüstern sind (die Wehrpflichtarmeen sind hier seit Jahren abgeschafft, weil "im Notfall die USA zur Stelle sind";), sondern weil das europäische Establishment und die europäischen Wirtschaftseliten im Krieg gegen unser Land die Lösung all ihrer Probleme sehen.

Während eines militärischen Konflikts spielen Inflation und Preissteigerungen keine Rolle mehr, die in großem Tempo voranschreitende Verarmung der Bevölkerung wird anders als in Friedenszeiten weder der Regierung noch dem Wirtschaftssystem angelastet. Die Arbeitnehmer werden sich gegen räuberische Reformen (wie die Rentenreform, die Macron bisher erfolglos durchzusetzen versucht hat) nicht mehr wehren können. Proteste und Streiks, die das Land lahmzulegen drohen, können mit Verweis auf das Kriegsrecht verboten und zerschlagen werden. Die Wirtschaft wird militarisiert, damit sie ohne Rücksicht auf die Rechte der Arbeitnehmer rund um die Uhr produzieren kann.

Der Krieg wird eine Gelegenheit bieten, sämtliche Versorgungsengpässe, selbst solche bei lebenswichtigen Medikamenten, zu begründen und zu erklären. Sogar das stundenlange Warten auf medizinische Hilfe in Krankenhäusern und auf das Eintreffen von Krankenwagen zu Hause wird nicht mehr einer verfehlten Politik angelastet werden.

Die Liste der Vorteile eines großen europäischen Krieges für die westlichen Politiker wird immer länger, und überwiegt in deren Augen schon längst die Hölle an Leid und Tod, in die sie ihre Mitbürger zu stürzen gedenken. Diejenigen Mitbürger, wohlgemerkt, die sie soeben in demokratischen Wahlen gewählt haben. 

Wann immer Europa das Gefühl hatte, dass seine Wirtschaft eine schwierige Phase durchlief, provozierte es sofort militärische Konflikte. Selbst bei Kriegen auf dem eigenen Territorium wogen die Vorteile für die europäischen Eliten stets schwerer als millionenfaches Leid und Zerstörung.

Erinnern wir uns an den Krieg in Jugoslawien: Damals war der eigentliche Anstifter und Kriegstreber das soeben wiedervereinigte Deutschland. Es war mit Kosten konfrontiert, die der Bundeshaushalt nicht verkraften konnte, und die Konfrontation auf dem Balkan kam ihm da sehr gelegen. Und wenn man noch hinzufügt, dass die BRD im Ergebnis zum Beispiel eine Teilkontrolle über die kroatischen Häfen erhielt, überwogen die Vorteile für die deutschen Behörden und die deutsche Wirtschaft – so zynisch ist es – das Leid der Kroaten und Serben.

Noch früher waren die Europäer sehr erpicht darauf, im in Kolonien aufgeteilten Afrika Kriege zu führen. Belgien, das für "gute Schokolade, ein ruhiges Leben, leckere Waffeln und saftige Muscheln" steht, hatte dort Millionen von Menschen versklavt. Als die Bevölkerung von Belgisch-Kongo dagegen aktiv ihren Unmut äußerte, brach Brüssel einen Krieg vom Zaun. Nach vorsichtigen Schätzungen wurden dabei 100.000 Zivilisten vernichtet. Das Königreich Belgien war da bereits Mitglied der Europäischen Union, falls Sie sich das gefragt haben. Die berühmten "gemeinsamen europäischen Werte" hinderten das Blutvergießen nicht.

In den Kellern der Paneuropäer liegen zahllose solcher Leichen. Der Paneuropäer, die Russland gern aller möglichen Sünden, einschließlich des Neokolonialismus, bezichtigen.

Streicht das "Stellvertreter" in "Stellvertreterkrieg"!

Diejenigen, die behaupten, Europa habe Angst vor einer direkten Konfrontation mit Russland und werde sie niemals wagen, haben vergessen, dass die EU vor einem Jahr noch, als sie auf den Beginn der Militäroperation in der Ukraine reagierte, die Möglichkeit der Lieferung schwerer Waffen vollständig ablehnte und Moskau lediglich wirtschaftliche Beschränkungen auferlegte. Heute drängt Paris in Zusammenarbeit mit Warschau Berlin bereits dazu, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern, um gegen die Russen zu kämpfen. Das heißt, Frankreich und Polen drängen die Bundeswehr (welche Pässe die Panzerbesatzungen haben, ist im Grunde bedeutungslos) dazu, sich an den Kampfhandlungen gegen Russland zu beteiligen.

Genau das Gleiche kann man über die französischen Soldaten sagen – was macht es für einen Unterschied, wer in dem AMX-10-RC-Panzer sitzt, wenn die Kanone des Panzers auf russische Soldaten schießt?

Das, was wir früher als Stellvertreterkrieg bezeichnet haben, um die Konfrontation zu beschreiben, wandelt sich gerade zu einem Krieg mit unmittelbarer Beteiligung der EU. Ein Krieg zwischen zwei Zivilisationen. Oder ein Krieg der zwei Welten. Der bereits dritte in den letzten etwas mehr als hundert Jahren. Wieder einmal von Europa gegen Russland gestartet, um europäische Probleme politisch und wirtschaftlich in den Griff zu bekommen. Je früher wir dies erkennen, desto stärker werden wir uns in dieser Konfrontation fühlen.

Übersetzung aus dem Russischen.

Quelle

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