Mehrheitswahlrecht - manchmal hat die ÖVP sogar gute Ideen

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Zwar will die ÖVP das Mehrheitswahlrecht nach einer Mitgliederumfrage jetzt auch in ihrem Parteiprogramm festschreiben. Doch noch ist es nicht so weit. Zurückhaltung ist deshalb angesagt, weil schon vor sechs Jahren ÖVP und SPÖ, in Gestalt des damaligen VP-Obmanns Josef Pröll und des ehemaligen SP-Bundesgeschäftsführers Günther Kräuter, dieses Thema aufs Tapet gebracht haben - worauf es bald sanft wieder beerdigt worden ist.

Der größte Vorteil der Einführung eines Mehrheitswahlrechts wäre, dass die quälenden Zeiten mühsamer Koalitionen endlich ein Ende hätten. Basis des Mehrheitswahlrechts ist ja, dass die stimmenstärkste Partei die absolute Mehrheit zugestanden bekommt, wodurch sie die Möglichkeit bekommt, ihre politischen Ziele, ohne einengende Kompromisse mit möglichen Koalitionspartnern, durchziehen kann.

Gelingt ihr das zur Zufriedenheit der Wähler, kann sie auf eine Wiederwahl hoffen. Schafft sie das nicht, wird sie eben bei den nächsten Wahlen abgestraft. Das Mehrheitswahlrecht würde also eine handlungsfähige Regierung statt lähmenden Zwangskoalitionen ermöglichen. Damit einher ginge eine stärkere Personalisierung, eine Entwicklung, die ohnehin im Trend der Zeit liegt.

Apropos Zwangskoalitionen, die per se nie eine Liebesheirat sein werden, mit denen wir aber gelernt haben, über viele Jahre zu leben. Nur viermal konnten im Laufe der 2. Republik Parteien, durch eine absolute Mandatsmehrheit ausgestattet, ihre politischen Ideen auf Regierungsebene im Alleingang verfolgen. Dreimal war es der SPÖ (1971-1983), einmal der ÖVP (1966-1970) vergönnt.

Dieses Mehrheitswahlsystem, das in angelsächsischen Ländern wie den USA und Großbritannien gang und gäbe ist, hat zugegebnermaßen natürlich nicht nur Vorteile. Es begünstigt nicht gerade die kleineren Parteien, die deshalb bei dieser Forderung auch reflexartig auf die Barrikaden steigen. Allerdings muss auch der Einwand gestattet sein, dass es sich bei SPÖ und ÖVP schon lange nicht mehr um Großkaliber, sondern nur noch um 30-Prozent-Parteien handelt, die dennoch im Fall des Falles mit der absoluten Macht ausgestattet sein würden.

Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass es manchem bei dem nicht so abwegigen Gedanken, Strache könnte mit seiner FPÖ solcherart bald auch solo Regierungsverantwortung übernehmen, übel werden könnte.

Dennoch würden meiner Meinung die Vorteile beim Mehrheitswahlrecht klar überwiegen, weshalb sich alle politischen Parteien nochmals ernsthaft mit diesem Thema auf breiter Basis auseinandersetzen sollten. Den Versuch sollte es allemal wert sein.

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Bernhard Juranek

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Silvia Jelincic

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Herbert Erregger

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