Wir müssen weg von diesem ewigen Wachstumsdenken! Keine Schulden gibt’s nicht!

Früher haben Ökonomen gesagt: Schulden sind schlecht, weil die hohen Zinsen gefährlich werden könnten und der Staat ja selbst verschuldet ist. Jetzt kommen die Nächsten und behaupten: Schulden sind gut, weil die Wirtschaft dadurch angekurbelt wird. Es ist ein ständiges Hin und Her! Ich plädiere für ein Mittelmaß!

Wenn ich reflektiere, warum ich pleite gegangen bin, dann deshalb, weil ich damals zu viele Schulden hatte. Gar keine Schulden kann weder ein Unternehmen, noch ein Haushalt machen, das gibt’s im Normalfall gar nicht. Ich bin aber der Meinung, dass Unternehmen – und damit auch Banken – ein höheres Eigenkapital benötigen. Das würde ich gern in der Gesetzgebung verankert wissen. Unternehmen müssen einfach darauf schauen, dass sie in zehn Jahren rund 50% Eigenkapital haben – nicht die 9 – 10%, die Banken vorleben. Letzteres führt ja dazu, dass Banken in guten Zeiten den Privaten gehören, in Schlechten dem Staat – das sehen wir ja im Moment.

Vorletzte Woche habe ich mit Finanzminister Schelling auch die wachsende Verschuldung Österreichs diskutiert. Er weiß: Die Fehler sind vor zehn Jahren passiert! Damals sind Wirtschaftsforscher von einem Wachstum von drei bis fünf Prozent ausgegangen und haben sich auf eine Verschuldung von drei Prozent eingelassen. Jetzt haben wir aber seit den zehn Jahren keine 3,5 Prozent Wachstum! Und die Verschuldung ist nie unter drei Prozent gerutscht, war sogar meist noch höher, weil die Staaten ja „nur“ Wachstum anstoßen wollten. Unser Problem ist, dass es dieses Wirtschaftswachstum nicht mehr gibt. Wir haben ja schon alles. Die Leute sind übersättigt. Wir kaufen eh schon alle drei Jahre ein neues Auto, sollen wir jetzt auf zwei Jahre runtergehen? Wir müssen weg vom Wachstumszwang. Was können wir tun?!

Zauberer sind wir alle nicht: Die Wirtschaft besteht seit jeher aus zwei Teilen, dem Konsumenten und dem Produzenten. Das läuft immer gleich. Und dass der Konsument kauft, das ist immer eine Preisfrage. Im Zweifelsfall kauft er das Billigere. Da ist das Problem: Wir sind in Europa wegen unseres Lohnniveaus nicht mehr konkurrenzfähig. Firmen sind gezwungen, global zu agieren. Nicht, weil sie überall Fabriken aufstellen müssen, sondern wegen des globalen Einkaufs – und dabei geht es wieder um den Preis. Wenn ich jetzt als mittelständisches Unternehmen wirtschaftlich im Eck stünde, was sollte ich machen? Wenn ich keine 3 Euro auf dem Markt für meine Schokolade bekäme, sondern nur noch 2 Euro und sich das Ganze nicht mehr wirtschaftlich tragen würde, hätte ich zwei Möglichkeiten: Aufgeben oder mich wehren. Letzteres könnte ich im Moment nur über Auslagerung der Produktion machen, um meine Lohnkosten zu senken. Hätten aber alle global das gleiche Lohnniveau, dann wäre es ausgeglichen. Dann würden Produkte aus Afrika genauso teuer werden wie die aus Österreich und in Folge dessen würden unsere Produkte wieder gekauft. Das wäre eigentlich Globalisierung. In der Logik heißt das, dass wir unser Sozialsystem abbauen müssten. Das darf man bei uns ja gar nicht laut sagen, aber nur so könnten wir uns in der Mitte treffen.

Zweitens müssen wir unser Besteuerungssystem neu denken. Ja, ich bin ein Fan von Steuern. So kann ich nämlich monetär lenken, was wo passiert. Wenn ich importierte Produkte höher besteuere, dann werden in der Folge regionale Produkte billiger. Das wäre mit einer verkehrten Öko-Steuer der Fall: Wenn nicht-ökologische Produkte höher besteuert werden, weil rein rechnerisch Folgekosten auf uns zukommen, dann werden importierte Produkte allein aufgrund der langen Transporte bereits teurer. Außerdem muss der Faktor Arbeit kostentechnisch entlastet werden. Dabei komme ich einerseits wieder auf die Konsumsteuer zurück, die die klassische Mehrwertsteuer ersetzen sollte. Damit würden Importprodukte teurer, weil in der Steuer Lohnnebenkosten enthalten wären. Zweitens kann es meiner Meinung nach nicht sein, dass Maschinenleistung weniger besteuert wird als Menschenleistung? Bei der bei einer Kärntner High Tec Firma wird zum Beispiel die Produktion in Zukunft komplett von Robotern übernommen. Das ist spannend, aber dann müssen auch die Produkte, die sie produzieren, teurer werden. (Wer soll denn die Pensionen zahlen?) Wir reden schließlich von Fairness. Wenn da der Staat nicht bald eingreift, werden wir nicht mehr konkurrenzfähig werden. Das heißt, unsere Wirtschaft wird sich nicht erholen und Österreichs Schulden werden noch mehr.

Wenn einmal der Schuldenberg so groß ist wie in Griechenland, dann hilft nur eine Entschuldung, also der Verzicht auf Rückzahlungen. Selbst wenn man es offiziell nicht als Lösung präsentieren möchte, weil dann ja Italien, Spanien oder Frankreich und andere auch kommen könnten und das Gleiche machen würden. Es ist aber die einzige Lösung…alles andere stimmt nicht. Auch für mich als Unternehmer war die Entschuldung lebensnotwendig. Hätte ich sie nicht gemacht, wäre ich nicht weitergekommen. Im stillen Kämmerlein eingraben und jammern wollte ich nicht. Und heute hat sich das Unternehmen ja prächtig entwickelt! Selbst mein Steuerberater sagt: „Du bist eine Ausnahme der vorbildlichen Entschuldung“. Wie die funktioniert?! Zurücknehmen, zusammenziehen, Fehler ausmerzen, neu starten – und im besten Fall den gleichen Fehler nicht wieder machen!

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Bluesanne

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Klaus Heinz Dörre

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