Warum schwangere Männer fett werden — Heute: Hilflosigkeit 2. Teil — Ultraschall

Während meiner ersten Schwangerschaft habe ich große Momente der Hilflosigkeit erlebt. Nicht nur bei meinen verunglückten Versuchen mit vermeintlichem "Schwangerschaftswissen" zu beindrucken (Warum schwangere Männer fett werden — Heute: Hilflosigkeit, 1. Teil).Unvergessliche z.B. auch, als wir bei der Ultraschalluntersuchung waren. Man kommt da als Mann mit und sitzt eigentlich hauptsächlich blöd, aber natürlich sehr interessiert, rum. Meine Frau legt sich im Behandlungszimmer auf die Liege. Die Frauenärztin streicht ihr die Paste auf den Bauch. In Wien sagen wir dazu liebevoll „sie streicht den Schlatz aufe“ und beginnt dann mit dem Gerät die Untersuchung. Und wenige Augenblicke danach kommt dann der Moment.

Der Moment, in dem sich Ehefrau und Ärztin erwartungsfroh und mit großen Augen zu mir umdrehen. Augen, so groß wie die von Bambi in dem Moment in dem es auf der Landstraße kurz vor Mitternacht vom Fernlicht eines BMWs erfasst wird bevor es von der deutschen Qualitätslimousine elegant von der Fahrbahn geräumt wird. Beide Frauen blicken dich genau so an.

»Und?! Siehst du’s? Siehst du es?!«, rufen sie aufgeregt.

Ich sehe nichts. Ich sehe aber eigentlich nur einen Computer-Bildschirm auf dem ich im besten Fall eine Wettersatellitenkarte Europas erkenne.

Hier mein Tipp an werdende Väter: Da wo dieses Tief über der iberischen Halbinsel liegt, da ist in 80 Prozent der Fälle das Kind.

Und da ist eben wieder so ein Moment meiner ersten Schwangerschaft in dem ich die Fassung nur deshalb nicht vollends verliere, weil ich weiß, dass ich spätestens um 23:00 Uhr meinen Frust und meine Hilflosigkeit mit einem „Kebab scharf mit alles“ am Wiener Gürtel bekämpfen werde. Scheiß auf die Figur, schwanger bin ich schon.

Aber der Moment der Demütigung geht bei der Ultraschalluntersuchung so schnell nicht vorbei. Er ist eigentlich nicht ein „Moment“ im sprichwörtlichen Sinn. Im Gegenteil. Er wird gedehnt und für die Geschichtsschreibung dokumentiert. Das rätselhafte Bild auf dem Bildschirm, das mich so sehr in Verlegenheit gebracht hat, wird auch noch ausgedruckt. Damit man die Schmach und die Schande auch immer bei sich haben kann. Damit es im passenden Moment jederzeit aus der Lade geholt werden kann, um im richtigen Moment wieder einmal mehr zu beweisen wie unsensibel und primitiv das Modell Mann an sich ist.

Wobei, heutzutage hat sich das wahrscheinlich schon geändert. Ich nehme an man(n) bekommt das Bild heute gleich digital per W-Lan oder Bluetooth direkt auf Smart-Phone, bzw. Tablet, übermittelt. Nix mehr mit ausdrucken. Rettet die Bäume.  Jetzt nur mehr digital und gleich zusammen mit einem Foto des überforderten Mannes, in genau dem Moment in dem er die entscheidende Frage um die Ohren geknallt bekommt: »Na, siehst du es?«

Ähnlich wie bei Hochschaubahnen wo auch genau in dem Moment ein Foto von den Leuten gemacht wird, in dem sie gerade das steilste und furchteinflössendste Gefälle in Vollpanik absolvieren. Und die beiden Bilder, Ultraschall und dummes Gesicht des wahrscheinlichen Vaters, werden simultan auf Facebook, WhatsApp, Twitter und Google+ gebeamt, um die Diskussion, bzw. Social-Media-Hinrichtung, zu eröffnen.

Das war zur Zeit meiner ersten Schwangerschaft noch anders. Da gab es nur die ausgedruckten schwarz-weiß Bilder. Aber auch die haben nicht viele davon abgehalten sich völlig zum Deppen zu machen. Wie oft sind FreundInnen bei Partys oder gemeinsamen Essen mit diesen Bildern aufgetaucht? Strahlend reiben sie mir die Ultraschall-Ausdrucke unter die Nase.

»Da, da, willst du unser entstehendes neues Leben sehen. Unser kleines Wunder!«, pressen sie freudestrahlend und stolz hervor.

»Ganz ehrlich, ich will nicht einmal dich sehen.«, gebe ich routiniert zurück.

Der Beweis der Fortpflanzungsfähigkeit vieler dieser merkwürdigen Menschen ist für mich eher Anlass zur Sorge, als zur Freude. Gott haben die mich genervt, mit diesen blöden Ultraschallausdrucken.

Im Laufe der Schwangerschaft habe ich aber schon mehr Schwangerschaftskilos zugenommen als meine Frau. So konnte es nicht weitergehen. Ich kann nicht jedesmal, wenn mir jemand so ein Bild hinhält und mich nervt, zu Krapfen, Topfengolatsche oder Mozarttorte greifen. Nur um meinen Frust zu betäuben. Und dann habe ich eine Idee: kreative Frustbewältigung!

Ich lade mir aus dem Netz Wettersatellitenbilder runter. Dann drucke ich sie schwarz-weiß auf dünnem Faxpapier aus. Strahlend gehe ich mit diesen Ausdrucken zu Partys und Abendessen mit FreundInnen. Stolz zeige ich die Ausdrucke, mit vor positiver Aufregung zitternden Händen, herum.

»Da, da, willst du unsere ungeborenen Drillinge sehen? Ein Wunder der Natur.«, sage ich.

»Wow. Ein Wahnsinn. So süß.«, sagen die FreudInnen, zeigen auf den Alpenhauptkamm und geraten völlig aus der Fassung. »Man kann sogar die winzigen Spatzes sehen.«

Damit halte ich mein Schwangerschaftsgewicht eine Zeitlang unter Kontrolle.

4
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Christoph Cecerle

Christoph Cecerle bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:54

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:54

Kristallfrau

Kristallfrau bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:54

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:54

3 Kommentare

Mehr von NikoFormanek