Nichts ist so alt wie die Zeitung von morgen

So weh es tut: Da oben am Himmel gibt es Sterne, die nur noch dem Anschein nach existieren. Und das im wahrsten Sinn des Wortes – denn bloß ihr einstiger Glanz irrlichtert noch durch Raum und Zeit, dahinter offenbart sich eine erloschene Leere. Auch am österreichischen Zeitungshimmel irrlichtert bloß noch die Macht der vergangenen Jahre umher. Höchste Zeit, dass wir das oft zitierte Journalistensprichwort „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern“  in die Zukunft holen: Ja, „Nichts ist so alt wie die Zeitung von morgen“ – müsste es lauten.

Wie ich zu dieser frevelhaften Ansicht gelange? Wer dieser Tage offenen Auges durch Wien geht, wird Zeuge eines spektakulären Kometenabsturzes namens Kronen Zeitung. Hat doch der einstige, brennheiße Machtapparat der heimischen Politik nun seine stolze Abendausgabe in Ständer gepresst und zum "kostenlosen" Abschuss freigegeben. Und weil mich dieses Begräbnis von Österreichs größter Abendausgabe gar so erschüttert hat, hab‘ ich gestern einen Euro in die Urne geworfen und ein ehrliches Abendexemplar erstanden. Blöderweise war ich um 18.00 Uhr mit meiner nostalgischen Kaufaktion wohl etwas zu früh dran – der Zeitungsstoß im Ständer stammte noch vom Vortag.

Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Viele romantische Augen blicken ja Nacht für Nacht gegen den Himmel und erfreuen sich an den Lichtstrahlen erloschener Sterne. Gewiss werden sich auch unsere Politikerinnen und Politiker noch eine Zeit lang angsterstarrt in den Zeitungsredaktionen nach positiven Berichterstattungen umsehen, brav Inserate schalten und Fördertöpfe füllen. Noch glüht das Spiel der Macht am österreichischen Medienhimmel – und wer wünscht sich schon eine schlechte „Nachred“…auch wenn diese von Toten kommt und von immer weniger Lebenden gelesen und gehört wird.

Abschließend noch ein erhellendes Erlebnis zu diesem Sternenthema: Glaub‘ am Montag war’s, da habe ich einem Freund am Smartphone die Plattform „f+f“ gezeigt und (fast stolz) berichtet, welch groß- und kleinformatige JournalistInnen hier mit normalsterblichen Bloggern die Welt und das Leben ergründen. Als dann der Blick meines Freundes schließlich bei den Zugriffszahlen eines berühmten, macht- und angsteinflößenden Journalisten hängen blieb – hab‘ ich gehüstelt und gemeint, die Plattform sei ja noch jung und die Besucherschar wachse ja täglich…

„Wieso?“ – hat mich mein Freund erstaunt angesehen – „In der Zeitung wird der X* bestimmt nicht mehr von so vielen Leuten gelesen.“

*Name vom Blogger (vormals Redaktion) geändert.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:55

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