Pleitebanken: Die Glaubwürdigkeit der EU tendiert gegen Null

Der ältesten Bank der Welt und drittgrößten Bank Italiens droht der Bankrott. „Bank since 1472“ steht stolz im Logo der Monte dei Paschi di Siena, die dringend fünf Milliarden Euro frisches Kapital benötigt. Je näher die drohende Pleite rückt, desto höher wird – Überraschung! – der Fehlbetrag. 8,8 Milliarden Euro sollen es schon sein. Ein paar Milliarden Euro mehr oder weniger – was macht das schon? Lässt die EU erstmals eine Bank sterben, wie es die EU-Bankenrichtlinie vorsieht, oder bricht die EU einmal mehr ihre eigenen Regeln?

Die Suche nach privaten Investoren für die Not leidende Monte die Paschi blieb erfolglos. In „weiser Voraussicht“ hat sich die italienische Regierung auf den Ernstfall vorbereitet und ein 20 Milliarden Euro schweres Bankenrettungspaket geschnürt. Italien will bis zu 20 Milliarden Euro neue Schulden machen, um zwei, drei Banken zu retten (vielleicht braucht die UniCredit ja auch noch die eine oder andere Milliarde).

Wie macht Italien neue Schulden? Genauso wie alle anderen europäischen Staaten auch. Nämlich unter anderem dadurch, dass die Europäische Zentralbank EZB mit frisch gedrucktem Geld italienische Staatsanleihen kauft. Logisch, denn direkt kann die EZB eine Bank ja nicht retten*. Also umgeht die EU ihre eigenen Regeln, gibt das Geld dem Staat und dieser überweist es dann der strauchelnden Bank.

* Zitat Jörg Asmussen, Mitglied des Direktoriums der EZB, Berlin, 18. Juni 2012: „Was wir nicht können, ist Banken Kapital zur Verfügung stellen, um sie zu rekapitalisieren.“ (Quelle: Internetseite Europäische Zentralbank)

Es sieht also ganz danach aus als ob der italienische – und damit der europäische – Steuerzahler abermals die teure Rechnung für das Missmanagement eines hoch bezahlten Bankenvorstandes begleichen soll.

Eigentlich sind solche Staatshilfen für marode Banken laut der EU-Bankenrichtlinie verboten. Bevor der Steuerzahler als Retter einspringt, müssen die Eigentümer (Aktionäre) und Gläubiger (Anleihenbesitzer) ihren Beitrag leisten. Das würde angeblich dazu führen, dass im Fall der Monte die Paschi viele kleine italienische Anleger zum Handkuss kommen. Denn vielen von ihnen hat die Bank in den vergangenen Jahren eigene nachrangige Anleihen verkauft. Also jene Gläubigerpapiere, die im Falle einer Insolvenz als letztes – und damit wohl gar nicht – zurückbezahlt werden.

Mit dem Schutz der armen Kleinanleger, die bei der Bankpleite zum Handkuss kommen würden, versucht die italienische Regierung das Umgehen gültiger Regeln zu rechtfertigen. Wer soll das glauben? Geht es tatsächlich um den Schutz des hart Ersparten der armen Oma, der die Bank hoch verzinste nachrangige Anleihen als Ersatz für das quasi zinslose Sparbuch angedreht hat, oder doch eher um den Schutz institutioneller Großanleger, also Klientelpolitik?

Tatsache ist jedenfalls, dass die EU ernsthaft an den nächsten Bruch ihrer eigenen Regeln denkt. Das hat ja schon Tradition. Oft genug stehen EU-Vorschriften auf dem sprichwörtlich geduldigen Papier und werden im Fall der Fälle einfach negiert. 165 Mal soll das Berichten zufolge alleine schon bei den Maastricht-Kriterien (jährliches Defizit maximal 3% des nationalen BIP) geschehen sein. Konsequenzen für den Gesetzesbruch? Null.

Und genau dorthin tendiert auch die Glaubwürdigkeit dieser EU hin. Gegen Null.

P.S.: Verstoßen Sie als Unternehmer doch einmal gegen EU-Richtlinien. Derer gibt es ja tausende für jedes Gewerbe und jede Branche, von A wie Alternativ-Streitbeilegungsgesetz bis Z wie Zahlungsdienstegesetz. Meinen Sie, dass Sie straffrei bleiben? Wohl kaum. Tja, manche – Staaten und Bankmanager – sind eben gleicher als gleich …

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