In der USA werden im Moment Statuen umgeworfen weil diese verdienten Personen, neben den Dingen für die sie anerkannt werden, auch Dinge getan haben die heute als nicht akzeptabel eingestuft werden. Dazu gehört es Ansichten zu vertreten die heute als irgendwasistisch angesehen werden oder aber Dinge getan haben die heute ebenso als irgendwasistisch interpretiert werden.

Gleichzeitig werden Menschen für Dinge kritisiert die sie vor Jahrzehnten gesagt oder getan haben.

Im ersteren Fall handelt es sich wenigstens um Personen die nicht mehr leben. Vandalismus ist zwar per se keine kulturschöpfende Tätigkeit aber wenigstens sind die Opfer keine lebenden Menschen. Im Zweiten Fall verhält sich die Sache anders. Hat man vor 10 Jahren etwas gemacht das dem Twittermob nicht gefällt kann man seinen Job verlieren.

Wer der Sache applaudiert möge sich das gut überlegen.

Zensur und Cancle Culture ist wie Giftgas: hocheffizient aber ein gigantisches Problem wenn der Wind sich dreht.

Als Gedankenexperiment könnten wir den Wind einfach mal drehen. Sagen wir dass jene mit Rückenwind ihn nun im Gesicht hätten. Wie wäre es wenn der Sozialist plötzlich unter Dauerbeschuss stehen würde? Was würde das für mich bedeuten?

Es würde bedeuten dass jemand alte Bilder von mir ausgräbt in denen ich mit langen Haaren unter roten Flaggen marschiere, irgendjemand würde Aussagen von mir ausgraben in denen ich mich leidenschaftlich gegen die Nation und für eine Welt ohne Grenzen ausspreche und Menschen im rechten Spektrum schwer unter der Gürtellinie versucht habe zu treffen.

In anderen Worten: ich war eben auch mal Zwanzig.

Kardinal Richelieu sagte einstmals:

„Man gebe mir sechs Zeilen, geschrieben von dem redlichsten Menschen, und ich werde darin etwas finden, um ihn aufhängen zu lassen.“

Richelieu sagte uns damit dass eine kluge Person im Hier und Jetzt, mit etwas Anstrengung, etwas findet um eine Person zu diskreditieren. Gräbt man aber tiefer und zieht auch die Vergangenheit heran, wird die Sache absurd einfach, so einfach dass es der Twittermob tun kann.

Natürlich war ich ein Sozialist. Man ist ein Sozialist solange man Methodik nicht versteht. Die Ziele des Sozialismus sind viel zu glorreich, viel zu überzeugend (jedenfalls auf den ersten Blick), viel zu gut als dass man ihnen nicht folgen kann.

Das Problem ist die Methodik: es ist eben nicht möglich eine Gesellschaft zu erschaffen in der jeder völlig freiwillig genau das nimmt was er braucht und genau das gibt was er geben kann. Es wäre schön wenn es ginge, aber es wäre auch schön wenn Zauberstäbe funktionieren würden. Das Fundament des Sozialismus ist immer Wunschdenken und besagtes Wunschdenken ist eben kein gutes Fundament.

Erst wenn man sich mit dem realen Umsetzen und möglichen Konsequenzen auseinandersetzt und vom kindlichen „wird schon irgendwie gut ausgehen“ löst, wendet man sich eben von der Ideologie der Jugend ab. Dennoch, was ich gesagt und getan habe, habe ich gesagt und getan und wären wir in einer Situation in der man jedem Sozialisten einen Strick dreht, auch wenn er lange keiner mehr ist, gäbe es einen Strick für mich und alle libertären Artikel würden mich davor nicht schützen, denn der Mob will Blut sehen.

Cancle Culture ist ein Reinheitskult und wie jeder Reinheitskult gibt es kein wirkliches Ziel, außer dem Versuch weniger „besser“ und „reiner“ da zu stehen als der Rest. Am Ende des Tages ist es schlichtweg quasireligiöser Eifer.

In vergangener Zeit pochte man auf die spirituelle Reinheit und postulierte dass man „besser sei“ als „die Andren“ wenn man öfter auf den Knien lag und sich tiefer vor Gott verbeugte. Wer tat so etwas? Üblicherweise Personen die nichts, aber auch gar nichts, im realen Leben erreichet haben was tatsächlich Lob und Ansehen verdienen würde.

Eifer ist immer die Reaktion der Leute die sich nutzlos fühlen und wissen dass keiner zu ihnen mit Achtung herüberschaut weil sie absolut Nichts für die Gesellschaft leisten.

In einer gesunden Gesellschaft muss zählen was der Einzelne für die Gesellschaft getan hat und das bedeutet im wesentlichen welche Güter und Dienstleistungen er unters Volk gebracht hat.

Wenn jemand Krebs heilt und gleichzeitig fürchterliche Ansichten vertritt dann hat er noch immer Krebs geheilt und dafür verdient er Ansehen, Reichtum und mindestens ein Sechserpack Statuen.

Niemand ist perfekt. Wir werden Menschen immer auf irgendetwas reduzieren, aber eventuell sollten wir wieder beginnen Menschen auf ihre Errungenschaften zu reduzieren, anstatt auf ihre Unzulänglichkeiten.

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