In der Zeit des Kolonialismus zogen die Europäer aus um die Errungenschaften der Zivilisation in die Welt zu tragen. Man unterwarf die Könige der Wilden und baute Schulen mit dem Ziel dass man nun auch in Afrika die Bevölkerung der Bauern in eine Bevölkerung von Fabrikarbeiter umwandeln könnte, genau wie man es ein Europa getan hat. Das galt damals als moralisch und offensichtlich gut, denn die Kolonialisierten würden ja in hundert Jahren dann eben nicht mehr in Lehmhütten, sondern in Häusern leben. Wie wir. In Fabrik arbeiten, wie wir und abends ein Buch lesen. Wie wir.

Das war die Idee und jeder der das kritisierte war ein Feind des Fortschritts und der Würde des Menschen, denn in Lehmhütten zu leben sei nun mal schlechter als in einem Haus.

Heute sehen wir das anders, wir sehen diese Moral als fehlerhaft.

Heute glauben wir, als Gesellschaft, dass andere Dinge gut sind, wie etwa dass wir aktiv versuchen noch mehr Menschen vom Land in die Stadt zu stopfen, obwohl wir zb wissen, dass die Städte einen wesentlichen Beitrag zu den fallenden Geburtsziffern liefern und Geisteskrankheiten aller Art begünstigen, sprich die Stadt Gift für die psychische Gesundheit ist. Wir glauben, dass wir unsere Kinder von Fremden erziehen lassen sollten und der Platz der Frau hinterm Schreibtisch ist und feinden Frauen aktiv an die bei ihren Kindern bleiben wollen. Wir halten es für Gut Kinder und Jugendliche mit Drogen vollzupumpen, sobald sie eine psychologische Diagnose haben, und die hat man sobald man sich mal Checken hat lassen. Selbst die Moral selber wird zunehmend von bürokratischen Institutionen definiert und dann staatlich exekutiert. Wir beklatschen Identitätspolitik, die sich massiv zersetzend auf Gesellschaften auswirkt und so weiter und so fort.

Wie wird man das in 200 Jahren betrachten? Welche Moral wird dann vorherrschen?

Vor vielen Jahren hörte ich eine Debatte rund um Feudalismus und in diesem meinte jemand dass es fürchterlich war dass der Graf das Recht hatte Witwen dazu zu zwingen neu zu heiraten und ja, aus unserer Sicht ist das fürchterlich aber aus damaliger Sicht rettet das vielen trauernden Witwen das Leben und wurde daher als gut gesehen und der Historiker harkte nach und meinte, dass unsere Ansicht das man Familien ihre Kinder wegnehmen kann wenn das Jugendamt das so beschließt hätte man damals als böse angesehen und es alles andere als gesichert dass unsere Nachfahren das nicht auch als fürchterlich sehen werden.

Teile unserer Moral sind also sehr wackelig, andere sind recht stabil.

In der ganzen Geschichte der Menschheit wird etwa der Schutz der Unschuldigen und das Vermeiden ihrer Tötung als gut angesehen, genauso wie der Schutz von Kindern und der Familie, Achtung des Eigentums, Ächtung des Betrugs, Verpflichtung zur Reziprozität, Verachtung sexueller Missbraucher, Respekt gegenüber den Alten und so weiter.

Diese Dinge sind relativ universal, geographisch wie historisch, auch wenn genau unsere Gesellschaft im hier und jetzt vielen dieser Dinge, die eigentlich universaler sind, die Universalität absprechen möchte und Dinge die überhaupt nicht universal sind, als eben endgültige Moral etabliert sehen möchte.

Wir stehen nicht am Ende der Geschichte. In 500 Jahren wird man uns als Ausläufer des Mittelalters sehen und in 2000 Jahren wird man über unsere Philosophie und Erkenntnisse lachen und in 20 000 Jahren wird man uns als Ausläufer der Steinzeit sehen und darüber lachen, dass man zu unserer Zeit dachte, dass das Ende nah sei, doch auch in 20 000 Jahren wird die Familie einen Wert haben, man wird noch immer Vergewaltiger hassen, Betrug ächten und versuchen Unschuldige nicht zu töten, denn wenn sie das nicht tun, gibt es sie nicht mehr. Und man wir Dinge glauben die wir jetzt nicht verstehen oder als absurd sehen würden.

Universale Moral aber gestattet es uns in die nächste evolutionäre Runde zu kommen. Die Moral ist am Ende des Tages ein Werkzeug, um im Spiel der Evolution zu bestehen und das bedeutet für uns, als soziale Spezies, einen Modus zu finden wie wir kooperieren und es sich als „richtig“ anfühlt und vieles das sich für viele jetzt richtig anfühlt, werden unsere Nachfahren genauso sehen wie wir den Grafen der die Witwe verheiratet oder den Kolonialisten der anderen Völker seine Wahrheit aufzwingen wollte.

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