In Amerika ist der Begriff der Nahrungswüste („Food desert“) gerade heiß debattiert. Die Idee ist dass es in den amerikanischen Slums im Grunde keine Möglichkeit gibt frisches Gemüse zu kaufen, alles das es zu kaufen gibt sind Konserven und Fertigfutter neben tausenden von Fastfood Geschäften.

Das führt dazu dass die Ärmsten der Armen dann auch noch übergewichtig werden und dann auch noch an Diabetes sterben. Damit trägt der reiche Vorstädter, der den ganzen Spinat wegmampft, Schuld am Übergewicht der armen Städter.

Klare Sache. Oder?

Die Realität ist aber etwas komplexer und leider recht ernüchternd.

Amerika ist ja noch eines der Länder in denen der Bedarf an Gütern und Dienstleistungen durch das Volk selber gedeckt werden kann/darf. Wenn es irgendwo keinen Laden für irgendwas gibt dann liegt das meistens nicht daran dass noch keiner versucht hätte es zu verkaufen sondern daran dass es keine Kunden für das besagte Produkt gibt oder der Staat es unmöglich macht etwas (das die Bevölkerung haben will) anzubieten.

Jeder kann ja (theoretisch) ein Geschäft für frisches Gemüse eröffnen. Auch im Slum. Das Gemüse wohnt ja nur knapp außerhalb der Stadt und man kann es ohne Probleme vom Bauern abholen und ins eigene Geschäft bringen. Der Bauer kann zu guten Konditionen verkaufen, das Gemüse ist noch immer Spott billig und weil die Mieten im Slum auch erträglich sind ist das Resultat eben billiges Gemüse in der Stadt.

Eine Win Win Win Situation also.

Und hier kommt das berühmt berüchtigte „aber“ ins Spiel.

Aber es kauft eben keiner.

Die Slum Bewohner gehen lieber weiter zu McDonalds und machen deren Aktionäre reicher anstatt selber zu kochen und Geld zu sparen. Denn wenn wir eben nicht von handgestreicheltem Sellerie mit Demetersigel sprechen, sondern von konventionellem Gemüse, ist selber kochen ja wirklich günstiger als der Burger vom Burgerladen.

Hier wird dann argumentiert dass die Armen eben nicht kochen können und auch das wäre irgendwie Schuld der reichen Vorstädter. Dazu möchte ich einwerfen dass grundlegendes Kochen zu lernen absurd einfach ist. Wenn man es schafft sich über Youtube spezielle Maltechniken für Fingernägel abzuschauen, dann sollte der Youtube Kochkurs auch kein Problem sein. Wir alle haben schließlich das Wissen der Welt in unserer Hosentasche. Man muss es nur nutzen und einen Eintopf schafft eben jeder.

Und hier kommt die Krux an der Sache: Wenn man etwas nicht tut, dann wird’s eben nicht gemacht.

Die Theorie dass es immer die Armen trifft ist genau die verkehrte Logik. Die Armen treffen nicht überproportional die Konsequenzen von fürchterlichen Situationen weil sie arm sind, sondern sie sind oftmals (#notall) arm weil sie zu oft zu viele schlechte Entscheidungen getroffen haben.

Menschen die miese Entscheidungen treffen tun das nicht zufällig sondern weil sie einem Muster folgen und solange sie damit durchkommen werden sie dieses Muster nicht ändern. Wenn man einem Drogensüchtigen Geld gibt wird er Drogen kaufen, weil warum sollte er auch nicht?

Der übergewichtige Slumbewohner ist nicht Opfer des reichen Vorstädters, er ist Opfer seiner eigenen schlechten Entscheidungen die sich für andere aber in einem Profit niederschlagen, etwa für die Aktionäre von McDonalds.

McDonalds hat aber absolut keine Verpflichtung die Essgewohnheiten seiner Kunden zu verändern und seine eigene Grundlage zu zerstören. Seine Aufgabe ist es Essen zu liefern das seine Kunden nicht direkt im Geschäft umbringt.

Es ist die Aufgabe des Einzelnen sich ausgewogen zu ernähren oder aber die Konsequenzen auszubaden.

Wäre es sinnvoll etwas Bildungsinitiativen in diese Richtung zu starten? Vermutlich. Ich vermute aber dass es tausend Mal sinnvoller wäre wenn ein Gangsterrapper etwas Richtung:

„Dann zermatsch ich die Tomate mit der Faust, jo

wie Serig den Dealer, jo

ich zerstöre den reichen Bleichen mit meiner Kochkunst,

deine Aktienkurse gehen in Rauch auf wie mein Pizzadunst“

dichtet. Mit mehr Finesse und (Wort)Gewalt versteht sich.

Das Problem beim Kochen ist eben nicht das Kochen. Der Auflauf ist ein Resultat von der Idee "was zu machen", der Initiative und dem Willen und der Entscheidung es auch wirklich zu tun und dann der Tätigkeit sowie der Fähigkeit es nach einem Fehlschlag nochmal zu probieren. Wer diese Fähigkeiten aber hat der ist selten im Slum daheim.

Der Grund warum die Leute im Slum nicht kochen ist also genau der gleiche Grund warum sie oftmals (#notall again) dort sind wo sie sind und dieser Grund ist eben das sie lieber etwas machen das sofort zu einem Resultat führt, aber erhebliche Nachteile mit sich bringt, anstatt die unbequemere Variante zu wählen die langfristig Vorteile bringt.

In anderen Worten: Es ist nicht Faulheit oder Dummheit sondern schlicht ein Hang zur Kurzsichtigkeit der diesen armen Menschen zum Verhängnis wird.

Wäre Kochen eventuell eine Möglichkeit genau dieses Problem anzugehen und Menschen zeigen dass sie mit ein wenig Willenskraft und ein bisschen Initiative erstaunliches vollbringen können? Auf jeden Fall!

Für viele ist die Entscheidung Kochen zu lernen eventuell der erste Stein der sie aus dem Slum führt aber jenen die einfach nicht wollen kann man eben leider nicht helfen.

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Matt Elger

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