Heinz Fischer tut es, Irmgard Griss auch, Hans Peter Haselsteiner so wie so, Brigitte Ederer, Christian Konrad, Franz Fischler ebenfalls, die drei ehemaligen ÖVP-Landeshauptleute Martin Purtscher, Herbert Kessler, Franz Schausberger auch: Sie alle gehen mit der Empfehlung, kommenden Sonntag für Alexander Van der Bellen lass Bundespräsident zu stimmen, oder mit einer Warnung vor Norbert Hofer an die Öffentlichkeit.

Früher sprach man von Testimonials und kein Mensch regte sich darüber auf. Früher, das war die Zeit, als „Elite“ und „Establishment“ noch keine Schimpfwörter waren und deren Mitglieder die Illusion hatten, ihre Unterstützung könnte einer Person, einer Sache, einer Partei zum Vorteil gereichen.

Wie aber die genannten und andere Personen heute auf die Idee kommen, ihre Wünsche, Aufforderungen, Warnungen müssten den erwünschten Effekt haben, ist rätselhaft. Offenbar hat sich auch niemand die Mühe gemacht, irgendwelche Nachbetrachtungen zum Wahlkampf um die US-Präsidentschaft zu lesen. Da hätte man sehen können, wie wirkungslos die Unterstützung der Stars und Prominenz für die Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, verpufft ist. Wen hat sie nicht aller aufgeboten? Von Beyoncé über Barack und Michelle Obama bis Ex-Außenminister Colin Powell. Alles vergeblich. Donald Trump ist auf dem Weg ins Weiße Haus.

Natürlich kann jeder jede Empfehlung abgeben oder jede Meinung äußern, die er/sie möchte. Das ist nicht der Punkt. Es kann auch jeder eine Pressekonferenz einberufen, der sich dazu berufen fühlt. Auch kein Problem. Das Faszinierende vor diesem (hoffentlich) letzen Urnengang einer Chaos-Wahl ist nur der Anspruch, mit dem die Empfehlungen vorgetragen werden. Nun ist es verständlich, dass Personen wie Christian Konrad, Brigitte Ederer oder die ehemaligen Landeshauptleute heute noch an das Gewicht ihres Wortes von früher glauben und so mit dem Phantomschmerz des Machtentzugs besser zu recht kommen. Aber es ist erstaunlich, dass sie den Wandel der Zeit nicht mitbekommen haben.

„Mit den besten Empfehlungen von . . .“: Das war vielleicht einmal, wenn auch wahrscheinlich immer schon überschätzt. Heute aber ist der Satz im allerbesten Fall wirkungslos, im schlimmsten Fall so kontraproduktiv wie eine Anti-Hofer-Demonstration in der Wiener Innenstadt am kommenden Samstag. Fast könnte man glauben, die linke Gruppe, die dazu aufruft, steht im Sold der FPÖ. Einen größeren Gefallen könnte Hofer niemand machen, der nicht dafür bezahlt wird. Ein Sieg Hofers mit „freundlicher Unterstützung“ der Antifa Ihrer Wahl! Die Idee könnte fast von FPÖ-Wahlkampfleiter Herbert Kickl sein.

Doch zurück zur Selbsttäuschung der Prominenz: Das ist eben das Faszinierende in einer total veränderten politischen Landschaft. Welche Eigenwahrnehmung muss man haben, um diese Veränderungen nicht bemerkt zu haben. Da wäre es wahrscheinlich viel wirkungsvoller, Fischer, Griss, Konrad & Co. würden sich die letzten Tage vor der Wahl noch acht Stunden am Tag ans Telefon setzen, Listen mit Telefonnummern „abarbeiten“ und persönlich bei SPÖ- und ÖVP-Wähler für Van der Bellen werben. Das wäre dann allerdings Basisarbeit und bei weitem zeitaufwändiger als ein Presseauftritt.

Wenn man sich so in Wien in nicht-linken Kreisen (was immer diese sein mögen) umhört, so kann man zwei Erkenntnisse mitnehmen: Erstens sind alle diese Empfehlungsrunden totaler Leerlauf; zweitens ist die passiv-aggressive Plakatkampagne Haselsteiners („Kommt Hofer, kommt Öxit“...) nicht nur kontraproduktiv, sondern sogar ein Freundschaftsdienst an der FPÖ, weil sie „ihr“ Thema „Öxit“ dauernd in der Diskussion und im öffentlichen Bewusstsein hält. Der Horrorschluss, den Haselsteiner und Konsorten daraus ziehen, nämlich die Massenarbeitslosigkeit und das Bauernsterben etc, ist aufgrund der Imageschwäche der „Eliten“völlig sinnlos.

Aber sie können beruhigt sein. Die Erkenntnis, wie unzeitgemäß ihr Selbstbild ist, wird ihnen erspart bleiben. Umfragen dazu wird es ab Montag kaum geben.

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