Im Anfang war das Wort – am Ende war die Phrase

In grauer Vorzeit entdeckt der Mensch die Religion und ihre Vorteile. Der Anführer des Stammes ist schlau und stark. Wer sich ihm widersetzt wird verprügelt, verjagt und umgebracht. Irgendwann schwinden die Kräfte und der Häuptling wird von seinem Nachfolger ermordet und – wie wir es heute wissen – aufgegessen, um sein Wissen und seine Macht den folgenden Generationen zu übertragen. Deutliche Reste dieser Vorgehensweise sind im Christentum noch heute nachweisbar.

Es geht den frühen Menschen nicht darum zu beweisen, dass es einen Gott oder mehrere Götter gibt, sondern darum, einen Gott zu erschaffen, der dem Stammesführer eine sichere Grundlage zu garantiert. Bald bilden sich Priester, die den Gottesglauben verfeinern. Gott erhält die edelsten Eigenschaften eines menschlichen Stammesführers in Reinstform. Wer nun den Häuptling angreift, muss Höllenqualen nach seinem Tod befürchten. Der Häuptling wird nun seltener gestürzt, auch wenn er schwächelt. Er darf mit Hilfe der Götter eines natürlichen Todes in Amt und Würde sterben. Lediglich die Verzehrung des Leichnams stammt aus einer Zeit, als es noch keine Götter gegeben hat.

Gottes Eigenschaften sind also die überhöhten oder geschönten Eigenschaften des Anführers. Es sind Allmacht und Allwissenheit, die Güte passt nicht hinzu. Wer mächtig ist, ist nicht gut, sondern gerecht!

Irgendwann verselbständigen sich die Götter und bekämpfen sich gegenseitig, was auf Erden zu politischen Turbulenzen führt. Das ist die Geburtsstunde des Monotheismus: ein Gott, ein Volk, ein Reich, ein Führer und ein Hohepriester. Zwischen den beiden letzten wird es im Laufe der Geschichte, die noch nicht beendet ist, zu großen Auseinandersetzungen kommen.

Parallel zum strengen Monotheismus entstehen weitere Formen des Gottesglauben. Mit den Polytheisten, den Heiden, wollen die monotheistischen Juden, die Anhänger der ältesten und damals einzigen monotheistischen Religion, nichts zu tun haben. Der monotheistische Gott hat ihnen die Beschäftigung mit dem Heidentum verboten! Während die Juden im Babylonischen Exil weilen und anschließend dort freiwillig bleiben, um in Ruhe den Talmud zu Ende zu schreiben, kommen sie mit der dort herrschenden Religion des Zoroastrismus in Berührung. Der Zoroastrismus wird von Zarathustra verbreitet, der nichts mit Nietzsches Übermenschen zu tunt hat (?). Die Zoroastrier sind Anhänger des Dualismus: Gott ist gut und gleichzeitig böse. Zuweilen wird er in zwei „Personen“ aufgeteilt.

Die gelehrten Juden erkennen schnell die Vorteile des Dualismus. Bisher können sie nicht befriedigend erklären, warum es menschliches Leid gibt, wenn Gott doch allmächtig ist? Ist Gott an jeder einzelnen Misere schuld? Der Mensch verfügt zwar über einen freien Willen; kann Gott der Allmächtige und Barmherzige nichts unternehmen, um die Welt etwas besser zu machen?

Der monotheistische Gott ist allmächtig und allwissend. Er ist gerecht, aber nicht allgütig. Die Allmacht und die Allwissenheit hindern Gott, gütig zu sein. Dank des Dualismus des weisen Zarathustra wird im Judentum der bis dahin unbekannte Teufel als Widersacher Gottes eingeführt. Ihm wird die Schuld für Böses untergeschoben. Gleichzeitig entsteht folgerichtig der Glaube an Himmel und Hölle nach dem Tod und an das Ende der Welt, von dem bis dahin das Judentum verschont geblieben war.

Der Zoroastrismus des Judentums findet sich in den jüdischen Nachfolgereligionen wieder, im Christentum, im Islam und in einigen anderen Religionen, die hier unerwähnt bleiben. Während im Christentum noch bis heute der Teufel den Menschen lockt und prüft, hat Allah den Teufel längst besiegt und inkorporiert. Das Christentum ist ein Monotheismus light, der Islam und das Judentum sind fundamentale Monotheismen. Das Judentum ist militärisch derart schwach, dass sein Fundamentalismus keine praktischen Auswirkungen auf die politischen Geschehnisse hat. Der Einfluss des Judentums beschränkt sich auf die Theorie. Ganz anders der Islam.

So endet die wichtige Erste Sure al-Fatiha, die Eröffnende, mit dem Satz:

Leite uns den geraden Weg, den Weg derjenigen, denen Du Gunst erwiesen hast, nicht derjenigen, die Deinen Zorn erregt haben, und nicht der Irregehenden!

Die Juden erregen den Zorn Allahs und die Christen sind die Irregehenden. Manche islamische (islamistische?) Schulen schließen aus der Ersten Sure, dass man Christen und Juden zum Ruhme Allahs köpfen soll, andere Schulen verlangen von den konversionsunwilligen Anhängern der beiden Buchreligionen eine Sondersteuer, die der fromme Anhänger Mohammeds – Allah segne ihn – nicht zu zahlen braucht.

Nichtsdestotrotz erhebt sich die Frage, ob der monotheistische Gott von Judentum, Christentum und Islam identisch ist. Wir halten fest, dass Gott kein Abbild der physikalische Realität, sondern eine Vorstellung der jeweiligen Kultur ist. Da die Kulturen der drei monotheistischen Religionen verschieden sind, ist die logische Konsequenz, dass die drei monotheistischen Götter nicht identisch sind. Wenn die drei monotheistischen Religionen sich gegenseitig als monotheistischen Religionen anerkennen würden, müssten sie schlussendlich auch die Gottesidentität anerkennen. Somit wird es keine derartige Anerkennung geben.

Zwischen Judentum und Islam gibt es keine Differenzen bezüglich der göttlichen Identität. Die Mitglieder der jeweiligen Religion gehören dem Jüdischen Volk (Am), bzw. der islamischen Nation (Umma) an. Die Ostkirchen kennen auch diese Eigenschaft: russisch (griechisch) orthodoxe sind gewöhnlich Russen (Griechen). Die wahre Katholische Kirche erkennt die religionsgebundene Nationalität nicht an.

Somit hat das westliche Christentum seine Wurzeln vergessen und seinen Auftrag verdrängt. Eine Bevorzugung von Christen gegenüber Nichtchristen ist dem modernen westeuropäischen Christentum fremd. Der theologische, als moralisch interpretierte Einfluss der mächtigen und reichen westlichen Kirchen auf Europa reißt die EU kulturell auseinander. Das Verhältnis der einzelnen europäischen Interessensgruppen zu den Migranten lässt sich nicht unter einem gemeinsamen Deckel halten. Der EU-Topf steht unter hohem Druck und kurz vor der Detonation.

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