Nicht nur der Rekordsommer lässt derzeit die Börsianer schwitzen, auch die heimische Berichtsaison hat ihre heiße Phase erreicht. Und die begann gleich zu Beginn der Woche mit einer Gewinnwarnung der Immofinanz. Aufgrund von Abschreibungen in Russland und in Teilen des Osteuropaportfolios wurde für 2014/15 (der Immobilienkonzern verfügt über ein schiefes Geschäftsjahr) ein Verlust ausgewiesen, was auch Donnerstag nachbörslich mit der Veröffentlichung des gesamten Zahlenmaterials bestätigt wurde.Grundsätzlich würde man nun denken, dass die Aktie nachgeben müsste, immerhin war der Verlust deutlich höher als die Analysten erwartet hatten. Offensichtlich hatten die Investoren jedoch schon mit einer Enttäuschung gerechnet, denn immerhin konnte die Aktie im Wochenverlauf sogar um 0,8 % zulegen. Hier half auch möglicherweise die Aussicht auf eine Verbesserung der Situation, immerhin soll der verbleibende BUWOG-Anteil sowie der Problembereich Logistik verkauft werden.Deutlich höher waren die Erwartungen beim Maschinenbauer Andritz. Zwar konnte die Firma die Analystenschätzungen deutlich übertreffen, der Ausblick war jedoch durch Unsicherheiten aus China getrübt, vor allem Verzögerungen bei Projekten im Automobilbereich drückten auf den Auftragseingang. Dementsprechend gab die Aktie nach der Veröffentlichung der Zahlen heute Morgen leicht nach, auch wenn seit Wochenbeginn noch immer ein stattliches Plus zu Buche steht.Das Thema China lastete auch auf dem Feuerfestproduzenten RHI, jedoch eher indirekt, da kaum direkt in die Volksrepublik geliefert wird. Die schwächelnde Wirtschaft der Chinesen und die damit einhergehenden Exporte (irgendwo muss man seinen Stahl, Beton etc. ja anbringen) drückten auf die Rohstoffpreise, was auch RHI als Lieferant zu spüren bekam. Dementsprechend musst der Ausblick für die Margenentwicklung angepasst werden. Vor allem im Stahlbereich blieb man unter den Erwartungen, jedoch kam auch zeitenweise Optimismus durch, dass man auf der Preisseite bei einigen Rohstoffen in der Nähe einer Bodenbildung sein könnte…Selbige sind für die voestalpine deutlich weniger wichtig, als so mancher Analyst noch immer zu glauben scheint. Hier wird ein klassisches Problem der Profession offensichtlich: das Inseldenken. Der voest folgen hauptsächlich Stahlanalysten, die ebenfalls anderen Stahlfirmen wie ThyssenKrupp, Arcelor Mittal etc. folgen. Vor allem die Großen hängen dabei sehr am aktuellen Stahlpreis, da sie viel Konstruktionsstahl produzieren, dessen Preis mittels der aktuellen Börsenotierung der Stahlpreise +- einiger Anpassungen für Legierungen ermittelt wird. Die voest liefert jedoch hauptsächlich Spezialprodukte: hochfester Stahl für die Automobilindustrie, nahtlose Grobbleche für Pipelines, extreme harte Schienen für Hochgeschwindigkeitszüge etc. Daher kann die voest auch Auslastungen nahe bei 100 % vorweisen, während sich die europäische Stahlindustrie über 70 % freuen würde. Dementsprechend erfolgt die Preisbildung je nach Markt unterschiedlich, aber tendenziell durch regelmäßige Verhandlungen, die vor allem von der Nachfragesituation abhängen. Daher setzen viele Analysten den Fokus leider auf falsche Bereiche, auch wenn CEO Eder die Fragen zum „Spotmarkt“ nicht mehr hören kann…

Ein ähnliches Problem hat auch die AMAG, wenngleich hier zumindest noch eine gewisse Rohstoffabhängigkeit in den Ergebnissen gegeben ist. Aber auch der Aluminiumhersteller aus Ranshofen entwickelt sich immer mehr zu einem Spezialitätenhersteller für Luftfahrt- und Automobilindustrie, dementsprechend war auch die Nachfrage im diese Woche berichteten Q2/2015 recht erfreulich.Gut lief es im zweiten Quartal auch für ATX-Schwergewicht Erste Group. Die heimische Großbank konnte mit ihren Resultaten die Analystenerwartungen übertreffen und reihte sich damit ein in die Liga der „deutschsprachigen Banken“, die in dieser Berichtsaison gute Zahlen brachten (Deutsche Bank, Commerzbank). Weniger gut lief es hingegen für den restlichen Bankensektor in Europa: die Zahlen wurden im Allgemeinen eher verhalten aufgenommen und auch die Tatsache, dass unsere griechischen Freunde ihre Bankaktien zum Abschuss freigaben, half wenig. Dementsprechend war der Bankenbereich mit -0,1 % auch diese Woche wieder bei den schwächsten Sektoren.Apropos Griechenland: die Öffnung der Börse am Montag brachte das erwartete Gemetzel: -22 % an einem Tag, auch wenn der Verlust seitdem auf -16,3 % reduziert werden konnte. Die Auswirkungen auf Resteuropa waren eher beschränkt, der DAX konnte um 2,9 % zulegen, während eine schwächere Entwicklung von RBI (Spekulationen über das CHF-Buch der Bank in Polen) und OMV den heimischen Index um die Nulllinie schwanken ließen.Nächste Woche können wir etwas durchschnaufen, am heimischen Markt liefern nur OMV und Do&Co Ergebnisse. Beim Ölkonzern wird vor allem das weitere Investitionsprogramm im Fokus stehen, Gerüchte über einen möglichen Einstieg der Gazprom gibt es ja immer wieder, auch wenn dies im Moment politisch wahrscheinlich kaum durchsetzbar wäre.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:12

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