Sehr Bemerkenswertes war gestern in den Tagesthemen der ARD zu hören. Markus Gürne aus der Frankfurter Börse in Sachen Huawei:

«Huawei mischt den Smartphone-Markt auf. Erst verdrängten die Chinesen Apple von Platz 2 und bald soll auch Samsung Platz 1 für Huawei räumen. Markt-Anteile bei den Geräten ist allerdings das Eine, entscheidender ist die Stellung bei den Netzwerken, die Internet fur Smartphomes möglich machen. Hier ist Huawei weltweit schon Nummer 1. An dem Riesen aus dem Reich der Mitte hängen bereits die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica. United Internet erwägt eine Zusammenarbeit. Auch für uns in Deutschland ist das von großer Bedeutung, denn hierzulande diskutiert die Politik derzeit die Frage, wer den Zuschlag für den Ausbau für das sogenannte 5G-Netz bekommt.

Wer die Netze hat und die Geräte liefert hat unbegrenzten Zugang zu sensiblen Daten.»

Ach. So ist das also? Ganz schön gerissen, der Chinese. Liefert die Geräte und hat damit die Netze! und dann schleust er alle Daten durch die Große Chinesische Firewall ins Reich der Mitte, um sie dort nach Mandarin zu übersetzen und fleißig alles auszuspionieren - das ist es, vor dem uns der Herr Experte mit seiner Expertise warnt.

Ist das so? Mitnichten. Die Netze haben die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica usw, lediglich die Endgeräte und die Netzwerkkomponenten werden von Huawei bezogen: Sende- und Empfangs-Stationen, Router und solche Dinge. Huawei wird dadurch nicht zum Netzbetreiber und "hat" die Netze nicht.

Wer meint, aus diesen Geräten ließen sich relevante Datenströme unbemerkt nach China auskoppeln, der sollte sich wenigstens ein bißchen mit Netzwerktechnik befassen. Telefoniert jedes Huawei-Telefon parallel nach China? Kann jeder Router eine geheime Datenstrecke nach China aufbauen? Gibt es überhaupt so dicke Leitungen in die Volks-Republik? Nein, nein, und nochmals nein.

Aber er hat schon recht, der Herr Gürne. Wer die Netze hat, der hat... nein. Auch das stimmt nicht. Oder sitzt in jedem Gerät eine KI, egal ob von Huawei, Cisco, Juniper, Ericsson u.a., das in Echtzeit die Daten entschlüsseln kann? überall ein Man-In-The-Middle, das SSL-Verbindungen und VPNs aufbricht? Das ist der feuchte Traum der Geheimdienste, aber zum Glück sind wir noch etwas davon entfernt. Obwohl... nachdem Edward Snowden seine Funde geleakt hatte, dachte ich mir "verdammt, all die Jahre warst du gar nicht paranoid genug".

Unbegrenzten Zugriff zu sensiblen Daten hat derjenige, der über fette Leitungen und riesige Datenspeicher verfügt, und den gesamten Datenverkehr, verschlüsselt oder nicht, in sein Archiv leiten kann, um die Ströme ggf später zu entschlüsseln. Am besten geht das, wenn es zuverlässige Ausleitungs-Punkte gibt.

Wer hat das schon? und wo ist der beste Ausleitungspunkt in Deutschland? aber die Netzwerkbetreiber - Deutsche Telekom, Vodafone und Telefonica usw. machen da nicht mit? - Träumt weiter.

Dieser Kommentar des Herrn Gürne ist ein Paradebeispiel für die zum Erbrechen tendenziöse Berichterstattung und Redaktion der Kommentare in der ARD auf Tagesschau und Tagesthemen. Er ist Experte, und deswegen hat seine Stimme Gewicht, auch wenn er sich auf dem kommentierten Gebiet nur marginal auskennt. Die Redaktion könnte besser, aber sie will nicht, sie will genau das: mit diffusen Anmerkungen diffuse Ängste schüren. Es ist unvorstellbar, daß die ARD nicht auch richtige Netzwerk-Experten in ihrer Kartei hat.

Da sind Riesen auf den Wiesen. Huawei gehört nicht dazu, wohl aber die ARD.

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