Der Fall des 19-jährigen Verdächtigen, der einen rechtsextrem motivierten Anschlag auf die Synagoge in Halle geplant haben soll, offenbart nicht nur die Gefahr des Rechtsterrorismus, sondern auch strukturelle Probleme im Umgang der Justiz mit rechtsextremen Straftätern. Im Zentrum steht die Frage, wie konsequent der Rechtsstaat gegen rechtsextreme Gewalt vorgeht – und ob dabei mit zweierlei Maß gemessen wird.
Während der Verdächtige in einem früheren Stadium in Untersuchungshaft genommen wurde, ist er mittlerweile gegen Kaution wieder auf freiem Fuß und wird lediglich engmaschig überwacht. Die Begründung: Es bestehe offenbar keine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr mehr, er habe einen festen Wohnsitz, sei noch als Heranwachsender zu betrachten, alle Beweise seien gesichert, und ihm wurde der Reisepass abgenommen. Doch diese Argumentation blendet aus, dass Untersuchungshaft in Deutschland nicht nur bei Fluchtgefahr verhängt werden kann, sondern auch bei Verdunkelungsgefahr oder – wie im Fall schwerer Gewalt- und Terrorstraftaten – aus präventiven Gründen, um die Öffentlichkeit zu schützen. Gerade bei einem Anschlagsplan auf eine Synagoge, der auf eine Wiederholung der grausamen Tat von 2019 abzielt, wäre die Gefahr der Wiederholung ein klarer Haftgrund.
Selbst die Polizei geht von einer andauernden Gefährdung aus, überwacht sie ihn doch 24 Stunden am Tag mit vier Polizisten in Zivil.
Die Entscheidung, die Untersuchungshaft auszusetzen, wirft Fragen auf: Wäre ein Verdächtiger mit islamistischem Hintergrund oder mit Migrationshintergrund unter vergleichbaren Umständen ebenfalls so schnell wieder auf freiem Fuß? Die Praxis der deutschen Justiz zeigt immer wieder, dass bei rechtsextremen Tätern weniger hart durchgegriffen wird. Die Justiz ist auf dem rechten Auge nicht nur blind, sondern oftmals sogar doppelt blind – ein Problem, das bereits in der Weimarer Zeit bestand und bis heute nicht überwunden wurde. Während linke oder migrantische Verdächtige häufig schärferen Sanktionen ausgesetzt sind, werden rechtsextreme Straftäter mit milderem Maß gemessen.
Im aktuellen Fall bleibt zu hoffen, dass die umfassende Überwachung und die geplante elektronische Fußfessel ausreichen, um die Öffentlichkeit zu schützen. Doch das Misstrauen bleibt: Die Justiz muss endlich konsequent gegen rechtsextreme Gewalt vorgehen und darf nicht zulassen, dass Rechtsterroristen durch milde Sanktionen bestärkt werden. Das Vertrauen in den Rechtsstaat steht auf dem Spiel, wenn sichtbar wird, dass bei rechtsextremen Straftätern mildernde Umstände gelten, die bei anderen Gruppen nicht greifen würden.

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