Wenn FischundFleisch zu Macht verhilft oder: Ich brauche mal eine Auszeit

Aus gegebenem Anlass erscheint es mir notwenig, auf einen Aspekt von FischundFleisch aufmerksam zu machen, welcher schon einige Male für Menschen deutlich spürbar wurde und daher eine Reflexion durch einige Akteurinnen und Akteure verdient: Macht und der Umgang mit ihr.

FischundFleisch hat es geschafft, in sehr kurzer Zeit eine beachtliche Reichweite aufzubauen. Die hier verfassten Artikel erreichen damit viele Menschen und neben den Journalistinnen und Journalisten, die dies ja schon gewohnt sind, erlangen nun auch bislang eher der Öffentlichkeit unbekannte Gesichter allgemeine Aufmerksamkeit: der eher in sich gekehrte Techniker, die kaum beachtete Arztgehilfin, ... aus Namen, die kaum jemand kannte, wird eine Marke gemacht. Wo bislang höchstens eine Handvoll Menschen lauschte, wenn sie sich zu einem Thema äußerten, das außerhalb ihrer ihnen beruflich zugeschriebenen unbestrittenen Bedeutung und Kompetenz lag, sind es plötzlich Tausende, die bereits auf den nächsten Artikel warten, egal zu welchem Thema. Und noch größeres winkt: Printmedien mit hoch sechsstelliger Auflagenzahl ....

Damit legt diese Plattform Macht in die Hände von Personen. Macht, welche einen verantwortlichen Umgang mit ihr voraussetzt, soll es nicht zu schwerwiegenden Kollateralschäden kommen.

Dass FischundFleisch auch auf den natürlichen Wettbewerbstrieb der Menschen setzt, hat sicher einige dazu bewogen, noch mehr zu schreiben und sich dabei noch stärker dem Mainstream zu verpflichten: Brot und Spiele hat ja schon im alten Rom funktioniert - was liegt daher näher, als einfach Sachen zu schreiben, von denen man erkennt, dass sie ziehen: noch mehr Sex, noch mehr Provokation - Hauptsache, aus der Menge der anderen Blogerinnen und Bloger herausstechen. Aus einer Menge, gegen die man sich auch mit anderen Stilmittel zur Wehr setzt: ein paar Mehrfach- und Scheinaccounts, um so besser die durchschnittliche Bewertung eigener und anderer zu sehr beachteter Artikel den eigenen Vorstellungen entsprechend unter dem Deckmantel vermeintlicher Anonymität steuern zu können, erfüllen etwa ganz passabel diese Zwecke. Oder ein paar den Stilmitteln eskalierender Provokation entsprechende Kommentare, bei welchen mit pauschalisierenden Angriffen gegen andere Blogerinnen und Bloger nicht gespart wird; natürlich bloß im Sinne der Meinungsfreiheit - die allerdings ohne Wert- und Vorteile gegen Menschen auskommen würde - oder der Wissenschaft. Niemals, um Konkurrenz zu vergraulen. Oder um Beifall zu ernten für die besonders „mutige“ Agitation, ohnehin nur anzusprechen, was doch „so viele denken“. Oder aus Freude daran, andere zu verletzten. Nicht doch. Und besonders geschickt scheint es, persönliche Untergriffe auf Nebenplattformen wie facebook auszulagern, wo man ja dank der Aktivitäten auf FischundFleisch auch ungewohnte Anstürme auf seine virtuelle Person verzeichnen kann. Damit entkommt man dann – so der vermeintlich gefinkelte Schachzug – auch der Gefahr, vielleicht sein Image zu beschädigen, wenn das doch mal nicht so gut ankommt wie geplant, oder gar Sanktionen wegen des Verstoßes der Netiquette auf der für den raschen Aufstieg notwendigen Plattform FischundFleisch zu riskieren; diese hässliche Fratze der Macht kann für den Fall, dass sie nicht auf gewünschte Beifallsbekundungen breiter Massen stößt, im unendlich erscheinenden Datenmeer von facebook vermeintlich leichter versteckt werden; dass aber selbst ein gelöschter Beitrag auf facebook weiter Bestandteil des Datenmeers ist und damit seine Wirkungen selbst dann fortzusetzen vermag, wenn er nach allfälliger später Einsicht wieder entfernt wird, wird verdrängt.

Kommen Menschen in so einem Umfeld zur Macht, in welchem es zur Selbstverständlichkeit wird, Menschen für andere Haltungen auch schon mal samt Gruppendynamik persönlich zu verletzen, dann geht die ungewohnte Macht der Aufmerksamkeit und des Einflusses auf öffentliche Meinungsbildung mit vielen Gefahren einher. Das Hinsetzen zur Tatstatur, um einen neuen Artikel zu schreiben, gleicht dann der Aufnahme der Fahrt mit einem PS-starken Kraftfahrzeug – mit einem viel zu starken Antrieb gemessen an der bisher unter der Motorhaube gewohnten Kraft: es können rasch Ziele erreicht werden, es kann die Kraft aber auch für zerstörerische Vernichtung als Waffe eingesetzt werden. Nicht weil es unbedingt so beabsichtigt ist – einfach, weil man nicht die Zeit hatte, das eigene Verantwortungsbewusstsein in demselben Tempo anzupassen, mit welchem die Macht gestiegen ist.

Wer mich kennt oder zumindest einige Beiträge von mir hier während der letzten Monate verfolgt hat, der wird wissen, dass es mir nie zu blöd wird, dort Hilfe anzubieten, wo es darum geht, Standpunkte zu überwinden und im Miteinander Lösungen zu finden. Zahlreiche Rückmeldungen bestätigen mir dabei, dass ich da sogar ab und an erfolgreich sein darf. Mediation ist ein wunderbares Hilfsmittel, von einem Gegeneinander wieder zu einem Miteinander und damit zu besseren Lösungen für alle Beteiligten zu finden.

Persönlich ist es mir bei allem Verständnis dafür, dass das nur allzu menschlich ist, zuwider, wenn Menschen sich unnütz das Leben schwer machen. FischundFleisch habe ich als wunderbare Plattform kennengelernt, auf welcher Toleranz nicht nur ein Schlagwort war, Wertschätzung nicht bloß ein Lippenbekenntnis. Es hat mich begeistert, wie viele unterschiedliche Zugänge zu Themen hier nebeneinander stehen gelassen wurden – ein wahrer Gewinn für Leserinnen und Leser, welche solchermaßen angeregt werden, ebenfalls nicht bloß eine vorgekaute Perspektive einzunehmen, sondern auch weitere Aspekte in eine eigene Meinung einzubeziehen. Ja, okay, ein paar Mal ist es auch hoch hergegangen und vor allem bei einem Kollegen hier hat es mir oft echt leidgetan, wenn er sich sogar provozieren ließ, gegen seine eigentlich glaubwürdig dargestellten Sichtweisen der praktizierten Selbst- und Nächstenliebe zu verstoßen. Im Großen und Ganzen war es aber Bewunderung für die vielfältigen Schreibstile und Zugänge zu Themen, die mich fasziniert haben und ich konnte echte Bewunderung für einige Kolleginnen und Kollegen hier aufbauen, die sogar den Mut aufgebracht haben, sehr persönliche Erlebnisse preiszugeben und ihren Umgang damit mitzuteilen. Vielleicht ist es ja einigen gar nicht so bewusst, aber so etwas ist ein enormer Vertrauensbeweis für die Blogercommunity, wenn da echte eigene Zerbrechlichkeit anvertraut wird in Form von Artikeln.

Die letzten Wochen waren dann für mich leider zunehmend davon geprägt, dass eine ebenfalls hier schreibende und mir sehr nahe stehende Person immer direkter angegriffen wurde. Ohne Substrat. Ohne ersichtlichen Grund wurde eine total herzenswarme liebe volle Person fertig gemacht. Es wurden Aktionen gesetzt, welche nicht nur für die betreffende Person neben finanziellen Schäden auch seelische Angeschlagenheit bis hin zu körperlichen Symptomen bedeuten, auch mir schmälern sie die Freude an der Gemeinschaft hier sehr: ist es notwendig, Menschen zu diffamieren, zu beleidigen, im Kredit zu schädigen – und das bloß, weil man auf Sachverhalte von unterschiedlichen Perspektiven herangeht? Ist die Geilheit auf Macht wirklich schon so fortgeschritten bei einigen, dass manche in ihrer Besessenheit und Verbortheit nicht davor zurückschrecken, anderen Menschen durch den Missbrauch ihrer durch FischundFleisch erlangten Macht echten Schaden zuzufügen – finanziell wie auch seelisch? All meine Mediationskünste, welche anderen schon so viel geholfen haben, nutzen mir hier nichts: hier steck ich selbst drin, bin selbst geschockt, gekränkt, wütend und traurig.

Ich habe viele liebe Leute hier kennenlernen dürfen – nein, ich fange jetzt keine Aufzählung an, da ich zum einen damit riskieren würde, jemanden zu vergessen, zum anderen ich dann zumindest leicht bestimmbar selbst jemanden öffentlich an den Pranger stellen würde, weil nicht genannt und daher im Kreis der Verdächtigen bestätigt. Ich brauche jetzt aber eine Auszeit. Um nachzudenken. Vielleicht renkt sich das durch geeignete Schritte und Wiedergutmachungen ja wieder ein, vielleicht landet es aber auch vor Gericht. Zur Tagesordnung überzugehen ist allerdings keine Option, die mir angebracht erscheint. Bis auf weiteres danke ich all jenen, die mir zu verstehen gegeben haben, dass ihnen meine Artikeln gefallen ebenso wie jenen, die mit konstruktiver Kritik spannende Diskussionen ermöglich haben. Mit einigen stehe ich abseits von FischundFleisch ja auch in Verbindung, woran sich nichts ändern muss. Hier brauch ich aber eine Auszeit als klares Zeichen: Meinung lebt von Toleranz, Miteinander von Wertschätzung. Ich tu mir momentan schwer, das hier noch zu sehen, zu sehr bin ich geschockt.

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Daniela Noitz

Daniela Noitz bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:09

FraMoS

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Andy McQueen

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fischundfleisch

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