Was uns die goldene Apple Watch sagt

10.000 Dollar für ein Apple Gadget, das zieht die Schlagzeilen. Und natürlich auch die Kommentare, dass Elektronik im Gegensatz zu Schweizer Chronometer nach zwei Jahren zum alten Eisen, pardon: Gold, gehört. Ist Tim Cook und sein Team wirklich zu dumm dies zu verstehen?

Kurzlebige Elektronik und langlebiger Luxus, dieses Rätsel haben schon viele versucht zu lösen. Nokia beispielsweise, dessen Luxusmarke Vertu die finnischen Gründer überlebt hat, Diamanten und Gold sei Dank, mit denen seit einiger Zeit banale Android-Handys veredelt werden. Aber das ist ein Nischenhersteller, Apple eine Luxusmarke für die Massen, die sich eher überlegen ob sie ein paar hundert Euro für die Edelstahlversion dazu legen als von Gold zu träumen.

Das Gold der Apple Watch (dem champagnerfarbenes Gold als viel verspottete und erfolgreiche dritte Farbe für iPhone, iPad und jetzt MacBook vorausging) hat einen anderen Zweck, und es spielt auf eine andere Stärke Apples, der (im Vergleich zu Windows) längeren Lebensdauer seiner Geräte sowohl im Design als auch seinem digitalen Innenleben. Mit seinem 10.000-Dollar-Preisschild hebt es automatisch den empfundenen Wert auch der billigsten Apple Watch (349 Dollar). Paradoxerweise ist die goldene Uhr das Abfallprodukt des Massenprodukts, denn es bedurfte keiner besonderen Entwicklungsarbeit, sieht man von der Fertigung eines 18-karätigen Gehäuses in kleiner Auflage ab. Verkauft wird sie ohnehin nur in ausgewählten Apple Stores, wir können davon ausgehen, dass potenzielle österreichische Verkäufer den Weg nach London oder Shanghai antreten müssen, um eine zu bekommen. Und rund um den Planeten, vor allem in China, gibt es genug Neureiche, um daraus ein lukratives Nebengeschäft zur Watch zu machen.

Die Frage des Lebenszyklus wirft hingegen eine spannende Perspektive auf. Das Design von Apple-Produkten ist konservativ: Apples  Chefdesigner Jony Ive ist kein Freund beständiger Änderung sondern der Perfektion, wovon auch sein Autogeschmack (ein Bentley) Bände spricht. Apples Notebook sehen heute im wesentlichen aus wie vor 15 Jahren: Im silbrigen Aluminiumgehäuse, dessen Innenleben vom Prozessor zum Bildschirm laufend aktualisiert, dessen Äußeres hingegen minimal und nur in größeren Abständen angepasst wird, vorzüglich um die Geräte dünner, leichter, eleganter zu machen.

Apples Watch, das ist zu erwarten, wird ihr physisches Äußeres über viele Jahre beibehalten. Was wechselt sind nach Swatch-Art die Armbänder, die Apps, Prozessoren und Sensoren, der Akku. Neue leistungsfähigere Hardware im goldenen Gehäuse von bleibendem Wert: Nicht schwieriger als einen Akku zu tauschen, vorausgesetzt der Formfaktor bleibt gleich. Das wird auch die Beratung der „speziell geschulten Verkäufer" sein, die Tim Cook den goldenen Eier legenden Kunden versprochen hat: Wie sie den Wert ihrer Apple Uhr über den Materialwert des Goldes hinaus erhalten können. Das ist dann auch der Unterschied zu den Alu- und Edelstahlversionen, bei denen das Gehäuse mit dem digitalen Inneren mitgetauscht werden muss. So gesehen bliebe Gold die nachhaltigere Investition.

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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Bernhard Juranek

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fischundfleisch

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