Die Bierdeckelrechnung zur erfolgreichen Asylpolitik

Finanzminister lieben es angeblich, komplizierte Steuersysteme so zu vereinfachen, dass sie auf einen Bierdeckel passen. Gründungslegenden erfolgreicher Startups, die Unter-30-jährige zu Milliardären machten, zeigen Servietten auf denen der Businessplan entworfen wurde. Darum hier eine bierdeckelkurze Anleitung für hilflose Politiker, wie sie aus dem Asyldebakel eine Erfolgsstory machen können.

1. Dublinabkommen für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten (Syrien, Afghanistan, ...) aufheben (Mutti Merkel macht's vor) und im Eilverfahren Asyl gewähren.

2. Gewährung der auf "Starthilfe" umgetauften bedarfsorientierten Mindestsicherung für maximal zwei Jahre ab Ankunft.

3. 5000 Lehrer, Berufs- und Startup-Berater, Sozialarbeiter u.a. anstellen, die aktive Integration in allen Lebensbereichen unterstützen.

Da kommt jetzt natürlich das Killerargument Nummer eins, dass dafür kein Geld vorhanden ist und nicht einmal das allernötigste finanziert werden kann.

Falsch. Darum noch diese Milchmädchenrechnung zur Bierdeckelrechnung.

Menschen, die es schaffen vor den Kriegen ihrer früheren Heimat zu flüchten, wollen eine neue Existenz aufbauen. Wir können darum in aller Regel von großen eigenen Anstrengungen angehen, hier eine neue Lebensbasis aufzubauen. Darum brauche sie Starthilfe, nicht Sozialhilfe.

Wenn wir deren Kosten an der Mindestsicherung orientieren (monatlich 828 Euro für eine Person, 1242 Euro für ein Paar, 150 Euro pro Kind -- nehmen wir einen Durchschnittswert von 750 Euro an), dann gibt das bei erwarteten 70.000 Asylanträgen heuer 630 Mio Euro (tatsächlich geringer, da auch bei Eilverfahren für Kriegsgebiete nicht alle Anträge aus anderen Regionen positiv sein werden).

Jetzt die Kosten für das Personal. Nehmen wir 3500 Euro monatliches Bruttogehalt an (ein eher überdurchschnittliches Niveau), 14mal jährlich bezahlt, ergibt dies samt Lohnnebenkosten 306 Mio. Euro. Tatsächlich sind die direkten Belastungen für den Staat nur etwas mehr als Hälfte, da hier wieder Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zurückfließen.

Das Gesamtpaket beläuft sich also auf knapp eine Milliarde im ersten Jahr, zwei Milliarden im 2., und dann würde es im wesentlichen stabil bleiben, da in der Grundannahme nur zwei Jahre Starthilfe gewährt werden -- der zu erwartende Zuwachs im nächsten Jahr müsste dadurch ausgeglichen werden, dass viele Menschen rascher in Arbeit und damit Selbstständigkeit integriert werden können.

Das ist, ohne Zweifel, viel Geld.

Die gute Nachricht: Es ist eine sofort wirksame Konjunkturbelebung, da dieses Geld unmittelbar in unseren Wirtschaftskreislauf zurückläuft (die Starthilfe wird für den Lebensunterhalt gebraucht und fließt unmittelbar in den Konsum) und 5000 qualifizierte Arbeitsplätze schafft. Und es ist eine Investition in die nächsten Jahrzehnte: Die Neuankömmlinge werden hier viele Jahre und Jahrzehnte an unserer Wirtschaft teilnehmen, konsumieren und ins Steuer- und Pensionssystem einzahlen.

Das ist aber auch, gleichfalls ohne Zweifel, eine bewältigbare Größenordnung. Zum Vergleich: Österreich hat Griechenland 2010 einen Kredit über 1,56 Mrd Euro gewährt, der bisher über 100 Mio Zinsen brachte und ab 2020 bis 2041 zurückgezahlt werden soll. Und Österreich haftet für rund 4 Mrd Euro weiterer Griechenlandhilfe.

Bei Staatsausgaben von rund 75 Mrd. im Jahr und einer Neuverschuldung von 3 Mrd Euro, was 1,5 Prozent Defizit nach Maastricht ist, erhöhen eine Milliarde zusätzliche Ausgaben das Defizit um einen halben Prozentpunkt. Die EU könnte die Erhöhung um ein Prozent (die Vollfinanzierung bei einem 2-Jahres-Zyklus) aus diesem Aufwand für den Zeitraum einiger Jahre erlauben, um der außerordentlichen Situation zu entsprechen.

Es braucht natürlich viele andere Begleitmassnahmen, etwa um Zulassungen von Schülern, Studentinnen und Studenten, Handwerkern, Ärztinnen und Ärzten, Krankenpersonal etc. rasch und unbürokratisch zu den hiesigen Systemen als Arbeitskräfte zu ermöglichen. Es braucht Ausnahmen in völlig überkommenen Gewerbeordnungen, damit das Potenzial vieler Neuankömmlinge genutzt werden kann. Usw. Dazu gibt es auch das entsprechende Personal als Teil der Hilfe.

Der "Return on Investment", wie es in der Wirtschaft so schön heißt, wäre jedoch enorm: Eine Ausweitung unseres Gemeinwesens um hunderttausende neue, meist junge Bürgerinnen und Bürger würde helfen, die Altersstruktur des Landes zu verbessern. Und eine klare, entschlossene Politik würde die Zivilgesellschaft stärken -- und auch bei erwartbaren Krawallen von rechts zeigen, dass die Regierung einen klaren Aktionsplan hat. Wahlen auf Bundesebene sind erst in zwei Jahren: Bis dahin wäre Zeit, den Erfolg guter Politik zu demonstrieren statt den Krisengewinnlern aller Lager das Feld zu unser aller Schaden zu überlassen.

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