Es ist nun schon ein paar Monate her, dass Caitlyn Jenner vom amerikanischen Frauen- und Modemagazin Glamour im Rahmen der pompösen „Woman of the Year“-Gala 2015 mit dem Transgender-Champion-Award ausgezeichnet wurde. Und wie toll sie aussah, als sie mit ihrem maßgeschneiderten, mitternachtsblauen Moschino-Abendkleid die Bühne betrat, um ihre Dankesrede zu halten. Eine Rede, in der sie über ihre Reise erzählte. Ihre Reise, die sie durch Unsicherheit und Selbstzweifel führte, geprägt von Verwirrungen und Selbstverleugnung, und letztendlich auch geprägt von Scham. Die ihr aber schließlich doch die richtige Erkenntnis brachte. Nämlich: eine Frau zu sein. Jetzt, am Ziel angekommen, kann sie endlich aus voller Überzeugung zu sich stehen und sagen: „Das ist es, was ich bin!“ Bravo, Caytlin.

Kaum war der Award verliehen, tauchten schon die ersten vernichtenden Kritiken in den sozialen Netzwerken auf. Aber weniger von jenen Menschen, die mit der Thematik wenig bis gar nichts zu tun haben. Die standen Caitlyn eher neutral bis wohlwollend gegenüber. Nein, die Kritiken kamen aus der queeren Community höchstselbst. Sie wäre keine Repräsentantin der Trans-Community, weil sie bloß eine reiche, weiße, ahnungslose Frau wäre, die farbige Trans-Menschen an den Rand drängen würde. Und sie könne nicht glaubhaft über die Probleme von Transgender sprechen und über die Kämpfe, die ebendiese in ihrem täglichen Leben kämpfen müssen. Denn schließlich könne sich Jenner ihre Akzeptanz mit ihrem Wohlstand und ihrer Berühmtheit erkaufen. Manche gingen sogar soweit, Jenner als Beleidigung für alle Transgender zu bezeichnen.

Starker Tobak. Aber was wird ihr genau vorgeworfen? Jenner bezeichnet sich als eher konservative Person. Und sie meinte, Transgender, vor allem in den USA, sollten sich nicht ausschließlich auf soziale Hilfsprogramme verlassen. Sie sollten versuchen, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen, und an sich arbeiten, um nicht von den Hilfsprogrammen abhängig zu werden. Denn so gerät man erst recht in Schwierigkeiten. Und manche würden es sich hier zu einfach machen.

Schon klar, als Person ohne finanzielle Sorgen, ohne materielle Existenzängste, hat man leicht reden. Aber, hat sie nicht auch in einer gewissen Hinsicht Recht? Verlassen sich nicht wirklich zu viele Menschen darauf, dass es die anderen schon richten werden? Jeder ist seines eigenes Glückes Schmied. Natürlich gibt es einzelne Härtefälle, und für diejenigen ist es lebensnotwendig, dass es soziale Netze gibt, von denen man aufgefangen wird. Und vor allem offen lebende Transgender müssen sich tagtäglich mit Ablehnung, Diskriminierung, ja sogar körperlicher Gewalt, auseinandersetzen, was auch tatsächlich existenzbedrohende Folgen haben kann. Aber trotzdem muss man irgendwann auch selbst schauen, wo man bleibt. Und kämpfen, anstatt einfach nur so in den Tag hinein zu leben. Das ist schon alleine für die Selbstachtung wichtig. Trägheit ist nun mal ein schlechter Ratgeber, und dies gilt nicht nur für Transgender, sondern für alle Menschen. So etwas auszusprechen erfordert Mut, und wie man im Fall Caitlyn Jenner gesehen hat, wird man hier schnell als kontroverse, unsympathische , snobistische Person gebrandmarkt und beleidigt. Trotzdem sollte man bedenken, dass die Welt ist nun mal von vornherein keine gerechte ist, aber dadurch, dass man den Kopf in den Sand steckt, wird es nicht besser. Deshalb: Thumps up für Caitlyn Jenner.

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Monikako

Monikako bewertete diesen Eintrag 09.04.2016 22:51:14

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