Sie sind definitiv spannend. Die Gedankengänge mancher Menschen. Wenn sie hinter meinem Rücken nach Herzenslust über mich herziehen. Natürlich konfrontiert mich niemand von Angesicht zu Angesicht. Die Eier haben sie nicht, denn die Folgen einer innerbetrieblichen Meldung wegen Diskriminierung sind ihnen wohl bekannt. Auf der anderen Seite sind sie sich nicht zu blöd dafür, vor mir nahestehenden Personen über mich zu bitchen. Offensichtlich wird hier nicht mitgedacht. Bei diesen Konversationen wird meist mein alter männlicher Name ausgepackt. Da fallen Sätze wie "Weiß ... nicht, ob er Manderl oder Weiberl sein will? Warum lässt er sich nicht gleich ganz operieren? Wenn er eine Frau sein will, warum ist er dann mit einer Frau zusammen und nicht mit einem Mann?" Eine Freundin musste sich sogar vor ihrer Community dafür rechtfertigen, dass sie mit mir verkehrt. "Warum gibst du dich mit dem ab? Findest du keine anderen Freunde als dieses perverse Schwein?"
Echt schräg wird es, wenn du durch einen blöden Zufall dazu gezwungen wird, mit einer dieser Personen von Angesicht zu Angesicht zu kommunizieren. Und sie in dein Gesicht einen auf Hawara (Kumpel) machen, du aber ganz genau weißt, was sie in Wirklichkeit von dir halten. Ich komme dann immer in einen kleinen Zwiespalt. Soll ich sie mit meinem Wissen konfrontieren? Und die Situation eskalieren lassen? Bisher ließ ich das bleiben, schon um meine Freunde nicht zu kompromittieren. Und immer up to date zu sein…
In Großbritannien wurde ein Gesetz beschlossen, das besagt, Menschen müssen die ihrem biologischen Geschlecht entsprechende Toilette benützen. Das wäre sicherer für alle Beteiligten, wird dort behauptet. Nur: wie soll das exekutiert werden? Muss sich jetzt jede maskulin wirkende Frau hinterfragen lassen? Ja, genau so ist es. Passiert nun regelmäßig. Denn das ist Gender-Policying. Gender-Policying ist, wenn jemand beurteilt und hinterfragt wird, weil er nicht "richtig aussieht"; richtig gemäß der Vorstellung anderer darüber, wie ein Mann oder eine Frau auszusehen hat. Menschen werden somit aus dem öffentlichen Leben gedrängt. Sie werden aufgrund ihrer bloßen Existenz mit Misstrauen behandelt. Hier geht es ausschließlich um Macht und Kontrolle, nicht im geringsten im Sicherheit. Wenn du dich nicht auf eine bestimmte Art und Weise kleidest, bewegst oder klingst, dürfen dich andere in Frage stellen.
Geschlechterpolitik überträgt sich auf jeden, der nicht "richtig" aussieht. Sie gibt Bigotten die Erlaubnis, Menschen im Alltag zu diskriminieren – was auch zur Genüge passiert.

Transmenschen fügen niemandem Schmerzen zu. Wir beanspruchen nichts, was nicht jeder andere Mensch auch für sich in Anspruch nehmen würde. Wir wollen keine Sonderbehandlung, wir hintergehen niemanden. Wir wollen nur unser Leben leben. Und in Ruhe gelassen werden. Also wo liegt das Problem, das manche mit uns Transgender haben? WO LIEGT DAS PROBLEM, VERDAMMT NOCH MAL? Seid ihr euch alle eurer Sexualität so unsicher, dass ihr euch vor uns in die Hose macht? Niemand will euch an die Wäsche oder sonst was. In der Regel geben wir uns ohnehin nur mit Menschen ab, die uns ebenbürtig sind, deshalb braucht ihr euch vor einer Konfrontation mit uns nicht zu fürchten. Oder macht es wirklich so viel Spaß, auf eine Minderheit hinzuhauen und sie als Sündenbock für alles Verwerfliche, das auf dieser Welt passiert, anzuprangern? Offensichtlich. Einfache Lösungen für einfache Menschen, die gefangen sind in ihrer simplen Welt, die ausschließlich aus Schwarz und Weiß besteht. Die nicht in der Lage sind, über den eigenen Tellerrand zu blicken. Wie sagte schon der Humorist Loriot treffend: "In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach den Schuldigen." Wären immer nur solche am Ruder gewesen, wir würden nach wie vor in Höhlen leben und uns vor unserem eigenen Schatten fürchten.
Früher war ich ein gutgläubiger Mensch und hab schnell Vertrauen zu jemandem gefasst. Das ist jetzt definitiv anders. Oberflächlich freundlich zu sein, ist eine Sache. Aber jemandem wirklich zu vertrauen und tieferen Gedankenaustausch zuzulassen, das dauert und bedarf einiger Anstrengungen des Gegenübers. Das Leben prägt einen und Erfahrungen, die gemacht werden, beeinflussen das eigene Handeln. Aber das ist auch gut so. Und solange ich die wirklich wichtigen Menschen in meinem Leben um mich weiß und mir ihrer Ehrlichkeit und Akzeptanz sicher sein kann, ist alles andere egal.
Wobei ich gleichzeitig auch eine Lanze für Österreich brechen muss. Wenn ich mir anschaue, was zurzeit auf der Welt so abgeht. Absurde Klo-Gesetze, die, wie das schon erwähnte in Großbritannien, Transfrauen verbieten, die Damentoilette zu benutzen. In den USA hat das vom offensichtlich selbst nicht richtig tickenden Robert Kennedy Jr. geführte Gesundheitsministerium die Konversionstherapie für transidente Kids und Jugendliche empfohlen. Medizinische Dienstleistungen für Transpersonen können unterlassen werden, wenn es der eigenen religiösen Überzeugung widerspricht. (Und hier reden wir von Ärzten, die den hippokratischen Eid geschworen haben!) Gewaltsame Übergriffe auf Transpersonen durch transphobe Missgeburten, die sich durch die Anti-Trans-Rhetorik von Politikern bestärkt fühlen, nehmen weltweit zu.
Bei uns wird zum Glück ein etwas anderer Kurs gefahren. Die rechten Populistenrecken der FPÖ, welche auch nur allzu gerne auf queere Personen, speziell Transgender, hinhauen, konnten gerade noch verhindert werden. Daher bleibt es aufrecht, dass hierzulande eine Transperson, die laut psychologischem Gutachten nachweislich an einer Genderdysphorie leidet und daher eine gegengeschlechtliche Identität aufweist, die ihrer Geschlechtsidentität entsprechenden Umkleideräumlichkeiten nützen darf. Wer einem das untersagt, macht sich strafbar. Punkt. Auch sonst steht die türkis-rot-pinke Regierung der queeren Community durchaus wohlwollend gegenüber. Ein Gegenpol zu den vielen Arschloch-Regierungen auf der Welt, die meist im Namen eines Gottes Menschen ihr einfaches Existenzrecht absprechen wollen.