Eigentlich ist es unfassbar. Aber trotzdem Realität. Obwohl wir uns bereits seit einiger Zeit im 21. Jahrhundert befinden, wandeln wir in den Bereichen Toleranz und Intellekt phasenweise noch auf mittelalterlichen Irrwegen.

Dass Homosexuelle und Transgender weltweit diskriminiert, und in manchen Gegenden sogar ganz offiziell mit dem Tode bedroht werden, ist ja hinlänglich bekannt. Dass aber auch jene, die sich die Freiheit nehmen, an keinen Gott zu glauben, Repressalien ausgesetzt sind, dürfte vielleicht so manchem neu sein.

Wobei Repressalien hier nicht ganz einfach nur Diskriminierungen bedeuten, was ja an sich schon schlimm genug wäre. Aber in sieben Ländern, nämlich in Afghanistan, Iran, auf den Malediven, in Mauritanien, Pakistan, Saudi-Arabien und Sudan, droht bekennenden Atheisten sogar die Todesstrafe. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Menschen, die rational denken und sich lieber an wissenschaftlichen Beweisen orientieren anstatt sich von überlieferten Erzählungen übertölpeln zu lassen, werden in den vorhin erwähnten Ländern, ganz offiziell und von Gesetz wegen, mit dem Tode bedroht – mal dran denken, wenn man den nächsten Urlaub auf den Malediven bucht (siehe Bild). In anderen Ländern, wie z.B. Bangladesch, Ägypten, Indonesien, Kuwait und Jordanien, gibt es ein Blasphemie-Gesetz, nach denen die Veröffentlichung von atheistischen Schriften bei Strafe verboten ist.

Zufall, dass es sich hier ausschließlich um islamische Länder handelt? Man könnte meinen, na klar, die üblichen Verdächtigen also. Mitnichten. So gibt es zum Beispiel in sieben US-Bundesstaaten, nämlich in Texas, Maryland, Arkansas, Mississippi, Tennessee, South Carolina und North Carolina (jener Staat, der auch die umstrittene Bathroom Bill zur Diskriminierung von Transgender zum Landesgesetz erhoben hat) verfassungsmäßige Landesgesetze, die Atheisten von der Bekleidung öffentlicher Ämter ausschließen. In Arkansas ist es Atheisten sogar verboten, vor Gericht als Zeugen auszusagen. Auch wenn diese Gesetze vom Obersten Gerichtshof in Washington als verfassungswidrig eingestuft wurden und somit praktisch keine Bedeutung haben, sind sie doch sehr aussagekräftig bezüglich des antihumanistischen Gedankengutes, das auch in Teilen der christlichen Welt vorherrscht.

Wir Österreicher brauchen aber gar nicht erst betroffen und verärgert über den großen Teich blicken und heuchlerisch über die Amerikaner herziehen. Denn auch bei uns ist in manchen ländlichen Gegenden, die sich meist dadurch auszeichnen, dass sie nach wie vor der Volkspartei verlässlich absolute Mehrheiten besorgen, der bekennende Atheist absoluter Außenseiter. Wo das Wort des Pfarrers immer noch Gesetz ist und mehr gilt als das, was der Bürgermeister sagt, bzw der Bürgermeister es sowieso nie wagen würde, dem Schwarzrock zu widersprechen, ist Mobbing gegenüber Kirchenverweigerern durchaus gang und gäbe. Viele trauen sich deshalb nicht, aus der Kirche auszutreten, oder flüchten lieber in die Stadt, wo sie mehr Anonymität vorfinden.

Harmlos im vergleich dazu, aber trotzdem nicht zu vernachlässigen, sind dagegen Benachteiligungen von Atheisten durch durch die sogenannte positive Diskriminierung. Also durch die gezielte Vorteilsgewährung von bekennenden Gläubigen. So haben zum Beispiel 26 Bischöfe der anglikanischen Church of England automatisch einen Sitz im britischen Oberhaus, dem House of Lords. In Deutschland haben Mitglieder verschiedener Glaubensrichtungen ein Anrecht auf einen Platz in den Gremien der Rundfunk- und Programmbeiräte der öffentlich-rechtlichen Medien. Nicht aber Konfessionsfreie. Dadurch wird letzteren, obwohl sie ebenfalls die Rundfunkgebühr bezahlen, die Möglichkeit der Mitgestaltung des Programms unterschlagen.

Ich halte es schlichtweg für ein Armutszeugnis, dass man eine derartige Intoleranz gegenüber selbständig denkenden Menschen ausübt. Wohlgemerkt im 21. Jahrhundert. Wir sollten uns eigentlich dadurch auszeichnen, dass wir gegenüber unseren Mitmenschen liberal und tolerant auftreten. Und andere Meinungen akzeptieren. Aber es kommt vermutlich nicht von ungefähr, dass der amerikanische Psychologe Miron Zuckermann nach der Auswertung von 63 wissenschaftlichen Studien abschliessend zusammenfasst: „Intelligenz und Religion verlaufen diametral entgegengesetzt.“

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