Wie schon geschrieben: Wir konnten es nicht lassen und haben wieder einen Flüchtling bei uns aufgenommen. Mittlerweile halte ich das für einen Gen-Defekt. Dieser macht uns, natürlich Frau und Tochter mehr als mich, zugehörig zur Gattung des "gemeinen Gutmenschen", der auch unter der wissenschaftlichen Bezeichnung "Homo sapiens naivicus et moralus maximus*" Bekanntheit erlangt hat.

Moe 2.0 hat gleich mal Unruhe in die Bude gebracht. Das beginnt schon damit, dass er das Zimmer um vier Tage früher braucht als geplant. Kein Problem soweit, außer, dass wir wegen Kurzurlaubes für drei Tage nicht im Lande sind. Das wäre an sich noch keine große Sache, aber wir hatten dann doch Bedenken, ob es richtig ist, einen Menschen, den man praktisch nicht kennt, gleich mal ein Wochenende mit der achzehnjährigen Tochter allein zu Hause zu lassen. Nicht auszudenken, was die alles mit dem armen Mann anstellen könnte. Also bitten wir meine Schwiegermutter das Haus, den Flüchtling und nicht zuletzt Töchterchen zu sitten. An dieser Herausforderung kann er wachsen.

Die Umgewöhnung zu Moe 1.0 ist extrem, schon aus dem Grund, weil Moe 2.0 hartnäckig darauf besteht, mich zu siezen. "Herr Jochen", das klingt doch ein wenig exotisch in meinen Ohren. Hat er bloß bessere Manieren als Moe 1.0 oder ist er grundsätzlich distanzierter, ich weiß es noch nicht. Er ist aber sozial deutlich integrierter, fährt viermal die Woche zum Deutschkurs nach Graz und auch so trifft er sich öfters mal mit syrischen Kollegen. Am Freitag geht er in die Moschee. Diese Erkenntnis hat mich hart getroffen, denn seither muss ich immer zwanghaft schauen, ob wohl auch noch alle Messer im Messerblock stecken. Außerdem trage ich jetzt einen Notfallknopf mit mir rum. Den habe ich übrigens meinem Opa geklaut, daher komme ich leider nur zur Rettung, wenn ich da draufdrücke, aber schließlich will ich im Falle des Falles ja gerettet werden. Ich weiß, das ist nicht nett meinem Opa gegenüber, aber mein Opa ist ohnehin schon über 90 Jahre alt, ich finde, da kann man schon mal der Natur ihren Lauf lassen.

Den Gipfel der Frechheit hat er sich gleich in seiner ersten Woche erlaubt. Meine Frau hatte Geburtstag und er hat sich erfrecht, ihr Blumen und Schokolade zu schenken, noch dazu ohne mich vorher um Erlaubnis zu fragen. Ich bin mir sicher: "Der Typ baggert sie an." Ausziehen, sofort. Zumindest schreit das nach Rache. Ich habe mir daher überlegt, gestern während des Spiels zwischen Liverpool und Dortmund das hauseigene WLan zu warten, Ausfall der Übertragung vorprogrammiert. Das wäre aber dann doch zu grausam gewesen, besonders für mich selbst.

Stay tuned ;)

* Mir ist bewusst, dass das kein richtiges Latein ist...

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Alois Kocher

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