Ist Karriere machen out?

Gehalt und steile Karriere um jeden Preis war gestern. Arbeitnehmer – vor allem die jüngeren – wünschen sich einen Job, der Spaß und Sinn macht und nicht nur das Konto füllt. Die traditionellen Werte des Arbeitslebens haben ausgedient: Angestellte, Führungskräfte und Top-Manager sehnen sich zunehmend nach Veränderung und suchen einen Job, der nicht nur Geld und Prestige bringt, sondern vor allem Sinn stiftet, Spaß macht und auch noch Raum für ein erfülltes Privatleben lässt.

Vorreiter dieses Trends, der Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen stellt, ist einerseits die Generation Y, also die zwischen 1980 und 2000 Geborenen. Aber auch viele 30- bis 45-Jährige hinterfragen bestehende Karrieremuster und Leistungsanreize – und suchen nach Alternativen.

Ein Grund für den Wandel: Das alte Vorbild vom Karrieristen und Einzelkämpfer bröckelt. Die junge Generation sieht, dass klassische Karrieremuster nur selten glückliche, stolze und zufriedene Menschen hervorgebracht haben. Hohe Gehälter, Karriere und Statussymbole gehen auf Kosten einer Selbstausbeutung und enden viel zu oft im Burnout. Das ist kein Vorbild, an dem man sich orientieren möchte.

Arbeit als sinnstiftend erleben

Eine repräsentative Studie der Non-Profit-Organisation Ashoka und der Unternehmensberatung McKinsey stützt die Einschätzung: Danach lehnen es mehr als ein Drittel der Befragten ab, in einem Job zu arbeiten, den sie nicht als Sinn stiftend erleben. Dazu gehört das Gefühl, mit der eigenen Tätigkeit etwas zu bewirken und sich mit ihr zu identifizieren, aber auch der Wunsch nach Wertschätzung und einem Umfeld, in dem Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen werden. Wichtig ist es den Sinnsuchenden zudem, den eigenen Lebensplan zu verfolgen, Fernweh und Karriere zu verbinden.

Immer mehr wünschen sich Auszeiten

Laut einer Forsa-Studie kann sich jeder Zweite gut vorstellen, ein Sabbatical zu nehmen. KlientInnen von uns sind überzeugt, dass regelmäßigen Pausen vor einem Burnout bewahren. „Ich kann meine Batterien wieder voll aufladen und komm mit einem freien Kopf wieder zurück“, so eine betreute klientin. „Unterwegs merke ich die Entschleunigung und dass das Leben weit mehr zu bieten hat als nur einen Job“, erzählt sie. „Dann habe ich auch wieder die Muße, mich den wichtigen Fragen des Lebens zu widmen: Wer bin ich, wo stehe ich, was will ich vom Leben?“

Ein Klient erzählte mir, sich alle paar Jahre eine mehrmonatige Jobpause gönnen zu können sei für ihn ein Ausdruck von Selbstbestimmtheit. Zwei Tage in der Woche versucht er, sein Büro pünktlich um 16 Uhr zu verlassen, damit er die Nachmittage mit seinen Söhnen verbringen kann. Erst am Abend klappt er dann wieder den Firmenlaptop auf, um sich beruflichen Themen zu widmen.

Ausgeglichene Balance zwischen Beruf und Privatleben

Selbstbestimmt zu arbeiten und eine ausgeglichene Balance zwischen Beruf und Privatleben zu finden, das wünschen sich viele Sinnsucher der Generation Y. Sie werden die Jobwelt mit ihren neuen Werten nachhaltig verändern und auch den Sinn der Arbeit neu definieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie von Enactus und dem SCI-Stiftungslehrstuhl für Marketing der HHL Leipzig Graduate School of Management mit dem vielsagenden Titel „Sinnsucher-Generation Y“.

Weltfremde Aussteigertypen?

Es gibt jedoch auch kritische Stimmen über die Generation Y:„In meinen Augen nimmt die Generation Y nur sich selbst wahr und übersieht all die Leute, die vor ihnen tolle Ideen in Form von Lebensgemeinschaften, Gemeinschaftsprojekte, ökologischen Landbau, Solar- und Windenergie etc. – fast immer gemeinsam mit anderen Familien und Freunden – aufgebaut haben und die auch alle MEHR und ANDERES wollten als Karriere, allerdings waren die nicht so ich-fixiert, dass sie nur für SICH alles am besten haben wollen, sondern sie haben vieles aufgebaut, wovon die ganze Gesellschaft und gerade die Generation ihrer KINDER – diese egozentrischen Y-ler – etwas haben sollten. Das Neue an der Generation Y ist: Dass sich nur sich selbst lobt und nicht wahrnimmt, was auch schon vor ihrer Existenz alles Tolles JENSEITS von stumpfem Karrieredenken aufgebaut wurde. Mir geht der Narzissmus dieser Generation eher auf die Nerven.“ , so ein 50 jähriger Selbständiger.

Unternehmen sind interessiert an Generation Y

Unternehmen, die es schaffen, die Sinnsucher aus der Generation Y für sich zu gewinnen und zu binden, verfügen damit über besonders vielversprechende, engagierte Mitarbeiter, die ein großes Maß an Innovationskraft und Unternehmergeist mitbringen. Auf solche Mitarbeiter will niemand verzichten, daher lassen sich immer mehr Unternehmen im Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte viel einfallen. Sie haben erkannt, dass es langfristig vor allem darauf ankommt, dass sich die Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Bei Bewerbungen ist und bleibt das Gehalt zwar ein wichtiger Faktor, gleich danach kommt jedoch die Frage: Und was bietet ihr sonst noch?

Sabbaticals

Viele Unternehmen bieten mittlerweile die Möglichkeit ein Sabbatical zu nehmen an. 60:40 Regelungen sind hier ebenso möglich wie jeden Monat auf 8% des Gehalts zu verzichten, dann kann man nach einem Jahr schon 1 Monat bezahlt freimachen. Prinzipiell kann man in jedem Unternehmen nach Sabbaticalmöglichkeiten fragen. Vielen ist es nicht bewusst, dass dies auch im eigenen Unternehmen möglich ist – man weiß es nur oft nicht.

(Foto: EpicStockMedia/fotolia.com)

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