Debatte um Erbschaftsteuer: Warum nicht gleich abschaffen?

Die Umverteilungsmaschinerie läuft auf Hochtouren

1902 beschloss der Reichstag die Schaumweinsteuer, besser bekannt unter dem Namen Sekt- oder Champagnersteuer. Der Grund hierfür war die starke Steigerung der Kosten für die Kriegsmarine, weshalb auch auf den guten Tropfen einige Pfennig draufgeschlagen wurden. Warum ich dies erwähne? Um zu verdeutlichen, wie sehr der Staat Steuern liebt. Denn die vor mehr als 110 Jahren beschlossene Steuer ist heute noch gültig.

Seit Wochen diskutiert die deutsche Politik, wie sie das Vermögen der Familienunternehmen am besten rauben kann – während sie an anderer Stelle wie der Asylkrise beinahe untätig zusieht. Eine Erbschaftsteuerreform muss her. So bezifferte Finanzminister Wolfang Schäuble das Mehraufkommen der geplanten Reform auf 1,5 Milliarden Euro. Das sind 30 Prozent mehr als beim derzeit geltenden Recht.

Der Staat liebt Steuern

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 2014. Doch die Karlsruher Richter forderten die Politik keineswegs dazu auf, die Steuer zu erhöhen. Im Gegenteil: Schäuble könnte die Erbschaftsteuer einfach komplett abschaffen, dann bräuchte es auch keine Annullierung der Privilegien für Firmenerben. Doch der Staat liebt Steuern. Warum abschaffen, wenn man sie erhöhen kann?

So bestimmen die öffentliche Debatte um den Ausbau der Umverteilung vor allem jene, die die Steuererhöhung und die Erbschaftsteuer generell für „gerecht“ halten. Sozialromantiker wie Wolfgang Gründinger fordern deshalb: „Ich plädiere für einen zweckgebundenen Generationen-Soli, der beispielsweise in den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Ausstattung von Schulen und Universitäten fließt“, schrieb Gründinger in der Zeit.

Sozial nur auf den ersten Blick

Das klingt natürlich edel und schön: faire Startchancen für alle. Doch die Besteuerung auf das Erbe ist in Wirklichkeit eine doppelte, wenn nicht gar eine mehrfache und damit höchst ungerecht. Denn das zum Vererben gebildete Vermögen ist Einkommen – also bereits besteuert. Damit nicht genug, stellt die Erbschaftsteuer ein für Unternehmer schwer kalkulierbares Risiko dar. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer, mahnt, dass für Familienunternehmen, den Standort Deutschland und vor allem für Arbeitnehmer viel auf dem Spiel stehe. Das wird klar, wenn man sich vor Augen führt, dass Unternehmerkapital häufig aus Maschinen, Immobilien oder Know-how besteht und nicht auf der Bank liegt.

Der Zeitpunkt für den Frontalangriff auf Familienunternehmer könnte unpassender nicht sein. Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut bezifferte die staatlichen Kosten für die Asylkrise allein für das Jahr 2015 auf 21,1 Milliarden Euro. Nun sollen genau jene Akteure, die zu einem Großteil das Geld in die Kassen des Staates spülen, noch mehr belastet werden. Das Institut für Mittelstandsforschung errechnete, dass 95 Prozent der deutschen Unternehmen Familienunternehmen sind. Fast zwei Drittel aller steuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten sind bei ihnen beschäftigt. Sie erzeugen mehr als 40 Prozent aller steuerbaren Umsätze.

Familienunternehmen sind Grundpfeiler der Wirtschaft

Familienunternehmen ermöglichten den Platz an der Sonne, den weiland Kaiser Wilhelm II. mit der schaumweinsteuerfinanzierten Hochseeflotte 1902 erkämpfen wollte. Die Schaumweinsteuer gibt es übrigens heute noch. Auch der Wirtschaftsliberale Ludwig Erhard, der Westdeutschlands Platz an der Sonne nach 1945 sicherte, schaffte sie nicht ab. Nun stechen zwar wieder deutsche Kriegsschiffe vor Afrika in See, wie lange sie oder die schrottreifen Tornados, in denen deutsche Piloten für fremde Interessen ihr Leben riskieren, finanzierbar sind, ist bei dieser unternehmerfeindlichen Politik indes ungewiss.

Politiker täten gut daran, auf die Worte Erhards zu hören, der 1957 schrieb: Familien streben danach, „Eigentum zu erwerben und dadurch unabhängig zu werden, dass sie mehr an menschlicher Würde entfalten können, weil sie dann nicht mehr auf die Gnade anderer, auch nicht auf die Gnade des Staates angewiesen sind“. Dann hätte auch der Staat wieder seine Hände für andere Arbeiten frei.

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Lukas Steinwandter

Lukas Steinwandter bewertete diesen Eintrag 01.01.2016 13:11:40

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