Die Parade der Peinlichkeit

Das ist kein Nationalfeiertag. Das ist ein Rückfall. Keine Parade, sondern ein Warnsignal mit Marschmusik. Keine Einigkeit, sondern der dumpfe Klang gespaltener Staaten. Die Vereinigten Staaten von Amerika erleben den Albtraum, den ihre Verfassung eigentlich verhindern sollte: Ein Präsident, der sich selbst feiert, während das Volk ihm den Rücken kehrt.

Donald Trump, 79, zieht mit Panzern durch Washington – nicht, um die Demokratie zu ehren, sondern um ihre Form zu mimen, während er ihr Inhalt untergräbt. Was man da sah, war keine Machtdemonstration, sondern ein geriatrischer Potentat beim Versuch, sich unverwundbar zu inszenieren. Ein Theaterstück in Stahl und Pathos, unterlegt mit dem pathologischen Wunsch, doch noch als großer Mann in die Geschichte einzugehen. Spoiler: Wird nichts.

Die Parade der Peinlichkeit

Die Soldaten marschieren. Die Panzer rollen. Die Hubschrauber kreisen. Der Präsident steht auf seinem Balkon wie ein Sonnenkönig im Golfkarton. Und sagt, man möge doch bitte nicht glauben, er sei ein König. Nein, wirklich, hat er gesagt: „We’re not a king. Not at all.“ Danke für die Klarstellung. In Nordkorea nennt man so etwas „Bescheidenheitsfloskel“, in Amerika nennen wir es ironische Selbstoffenbarung.

Denn wer so auffällig beteuert, kein König zu sein, will offenbar nur davon ablenken, dass er sich längst so benimmt. Ein König ohne Krone, aber mit 45 Millionen Dollar aus der Staatskasse. Für Feuerwerk. Für Marschtruppen. Für das Gefühl, für einen Moment wieder im Mittelpunkt zu stehen – nicht der Macht, sondern des Wahnsinns.

Und das Volk?

Es steht dagegen. Laut. Bunt. Zornig. Und: überall. „No Kings“ steht auf den Bannern, den Plakaten, den Stimmen der Straße. Und obwohl Polizeiknüppel sprechen und Tränengas flüstert, weicht der Protest nicht zurück. Amerika hat genug. Von der Anmaßung. Vom Missbrauch. Vom Schaulaufen eines Mannes, der sich für ein Staatsorgan hält – obwohl er kaum ein funktionierendes Organ zu führen vermag, außer vielleicht das seines Hasses.

Der zynische Höhepunkt

Dass Coinbase und Palantir diesen Aufmarsch mitfinanzieren, macht die Groteske komplett: Tech-Fetischisten sponsern den historischen Rückschritt, weil Dystopie offenbar besser klickt als Demokratie. Silicon Valley liefert die Daten, der Präsident die Drohkulisse. Und wer widerspricht, bekommt patriotische Rhetorik ins Gesicht gespuckt wie Pfefferspray.

Dabei ist nichts an diesem Schauspiel patriotisch. Es ist nur pathetisch. Ein autoritärer Jahrmarkt mit Staatswappen. Ein politisches Halloween – nur dass der Schrecken nicht mit dem Zucker vergeht, sondern mit Gewalt gesichert wird.

Schluss mit höflich

Die republikanische Rhetorik hat ausgedient. Wer sich Demokratie zurückwünscht, darf nicht mehr bitten. Er muss klagen. Er muss schreien. Er muss sich dem Spektakel verweigern, das ihn unterwirft. Trump will eine Krönung durch Wiederholung. Was wir brauchen, ist eine Abrüstung durch Einsicht.

Ein Präsident, der Paradepanzer braucht, hat längst das Vertrauen verloren. Ein Präsident, der sagt, er sei kein König, weiß längst, dass er einer werden will. Und ein Volk, das schweigt, macht ihn dazu.

Zum Glück war gestern laut.

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