Ein Panzer, eine Bedienungsanleitung und männliche Selbstüberschätzung

Immer wieder beobachten meine Frau und ich unseren hochgeschätzten Sohn dabei, wie er seine Fähigkeiten, Kräfte und Brillanz grandios männlich überschätzt. Mit Gusto versucht er fußballerische Kunstschüsse, die unter anderem eine neue Deckenleuchte für das Schulatrium und eine neue HIFi-Anlage für unser Wohnzimmer nötig machen. Handstandüberschläge oder Salti — mit oder ohne Skateboard, Snowboard oder Mountainbike —, enden meist in mehr oder weniger intensiver ambulanter Notversorgung. Beeindruckend sind aber auch seine physikalisch-chemische Versuchsreihe, die zu verblüffenden Verformungen bei Küchenutensilien und -gefäßen oder aber auch zu grandiosen Verfärbungen diverser Teppichen, Böden und Wandtapeten führt.

»Warum lernt er nichts dazu?«, fragt meine Frau erschöpft. »Irgendwann muss ihm doch auffallen wie oft was schief geht.«

Sie ist immer wieder von der Tatsache erstaunt, dass ein katastrophaler Ausgang seiner Erfahrungstrips ihn keineswegs davon abhält das Ganze in gleicher oder ähnlicher Form nochmals zu versuchen. Konsequent der männlichen Logik folgend, die da sagt: »Nur weil die Mikrowelle beim ersten Mal explodiert ist, muss sie das nicht auch beim zweiten Mal tun.«

Immer wieder blickt mich meine Frau dann mit einem Seufzen an und sagt: »Warum versteht er es nicht? Lernt er nie aus den vorangegangenen Fehlschlägen? Was stimmt nicht mit ihm?«

Männer lernen nie!

Dann schaue ich sie mild lächelnd an und sage: »Du bist seit mehr als 25 Jahren mit mir zusammen. Habe ich je etwas gelernt? Männer lernen nicht. Nie.« Und bevor sie antworten kann führe ich auch gleich den Beweis, dass Männer nie lernen, egal wie alt sie sind.

Ein 58-jähriger Mann und Altenpfleger im US-Bundesstaat Oregon bestätigt beeindruckend wie recht ich mit meiner These habe. Jeffrey Glossop musste im Eigenversuch lernen, dass eine Bedienungsanleitung alleine nicht reicht, um einen 50-Tonnen-Panzer zu fahren.

Glossop betreut einen agilen Senior, der sich aus Spass an der Sache einen 50 Jahre alten und gebrauchten *Chieftain Battle Tank* — ein britischer Kampfpanzer aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts — gekauft hatte. Ja, einen echten, funktionstüchtgen Panzer. In Amerika können Rentner das machen, was sich unser Heer schon lange nicht mehr leisten kann. Einfach so, um auch als Pensionist noch eine Hetz zu haben.

Zum Zeitpunkt seiner Produktion war der *Chieftain* einer der bestbewaffneten und am besten gepanzerten Panzer der Welt. Die schwere Panzerung führte jedoch zu einer eingeschränkten Beweglichkeit. Also genau das Richtige für einen rüstigen Senior mit viel Zeit, Geld und einem Treppenlift.

Traum jedes Mannes: ein eigener Panzer

Dann war es also soweit. Der Panzer wurde per LKW angeliefert. Leider liegt das Anwesen des Rentners und zukünftigen Panzerkommandantens auf einer Anhöhe unweit des US-Highways 101, die nur über eine sehr steile und kurvige Straße erreichbar ist. Der LKW konnte nicht rauffahren, also lud der verantwortliche Fahrer den Panzer unten am Highway ab.

Da schlug die Stunde von Jeffrey Glossop, dem Privatpfleger unseres Seniors. Er reagierte wie jeder Mann in dieser Situation reagieren würde.

»Solange Treibstoff im Tank des Panzers ist, fahre ich den selbst da rauf. Kann ja nicht so schwer sein«, dachte sich Glossop. Ein Polizeisprecher kommentierte den Moment dieser sehr subjektiven Einschätzung später so: »Er hatte eine Bedienungsanleitung und war überzeugt es damit zu schaffen.« Wer kennt das nicht von diversen blutigen und gewalttätigen IKEA-Momenten in den eigenen vier Wänden?

Na ja, unser Held hat den Panzer tatsächlich in Bewegung gesetzt und ist die steile Straße rauf bis zur ersten Kurve. Dort ist ihm dann der Leerlauf reingerutscht, woraufhin der Panzer rückwärts den Hang hinuntergeschossen ist, die Leitschiene des Highways durchschlagen hat, quer über den Highway gerutscht ist (wie durch ein Wunder konnten alle Fahrzeuge auf dem Highway rechtzeitig bremsen oder ausweichen) und dann auf der anderen Seite endlich wieder zum Stehen kam.

Männergesetz: Einmal ist keinmal!

Wie hat Glossop auf seinen Fehlversuch reagiert? So wie jeder Mann.

»Nur weil es beim ersten Mal nicht funktioniert hat, heißt das noch lange nicht, dass es nicht beim zweiten Mal klappt«, dachte er sich.

Also, Gang rein und noch einmal rauf. Welch Überraschung. Kaum hatte er die erste Kurve erreicht rutschte wieder der Leerlauf rein, der Panzer machte sich erneut rückwärts auf eine schnelle Abfahrt, durchschlug erneut die Leitplanke des Highways (diesmal an einer anderen Stelle), rutschte wieder quer über die Fahrbahn (ohne in einen Unfall verwickelt zu werden), durchschlug die Leitplanke auf der anderen Seite, rutschte einen weiteren Hang rückwärts hinunter und blieb dann in einer Baumgruppe hängen.

Natürlich hat Glossop eine Strafe ausgefasst und muss für die Reparatur der Leitschienen aufkommen. Aber der Panzer konnte nach zwei Tagen geborgen werden und steht jetzt bei seinem glücklichen Besitzer im Garten. Aber, und Polizisten sind eben auch nur Männer, der Polizeisprecher konnte die — aus Männersicht — wichtigste Nachricht verkünden: »Dem Panzer ist nichts passiert. Er hat das alles ohne Schaden überstanden.«

Und wenn ich jetzt meinen Sohn zuschaue, der wieder einmal versucht auf der Couch neben dem Tablett mit den Spaghetti und dem Apfelsaft, einen Handstand zu machen, dann habe ich volles Verständnis. Ja, es ist ein Konstruktionsfehler der Natur an uns Männern, aber ich hätte auch versucht den Panzer selber raufzufahren. Ja auch zweimal. Ich habe ja auch zwei Kinder. Ich bin nicht stolz das zuzugeben, aber es ist nun mal die Wahrheit — also zumindest meine.

Für die, die mir die Geschichte nicht glauben. Hier ein Link zum Originalartikel.

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Miki

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Kristallfrau

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