Wenn "nichts" nicht nichts ist — Weihnachten und Geschenkefrust

Natürlich probiere ich es auch dieses Jahr wieder. Anfang Dezember starte ich den nächsten Versuch in die geheimnisvolle Gedankenwelt meiner Frau einzudringen. Seit über 25 Jahre enstpinnt sich das gleiche Ritual, das mich jedes Mal aufs Neue verblüfft und frustriert.

»Schatz, es ist bald Weihnachten. Ich würde dir gerne durch ein wunderbares Geschenk meine unauslöschliche Liebe und Verbundenheit zu dir manifestieren? Gibt es irgendetwas, das du dir dieses Jahr zu Weihnachten wünscht?«, sage ich.

»Bist du betrunken?«, kommt die erste Reaktion. Na ja, ich habe es diesmal vielleicht ein wenig dramatisch formuliert? Aber ich gebe nicht auf.

»Nein, ich will nur wissen, was du dir wünscht? Ich möchte dir ein tolles Geschenk machen.«

Was dann folgt ist (Warnhinweis für politisch-korrekt-überempfindliche LeserInnen: Klischee!!!!) eine typisch weibliche Antwort.

»Die Kinder sind gesund, uns geht es gut, eigentlich habe ich alles was ich mir wünschen könnte. Ich brauche nichts.«, sagt meine Frau.

Und ich, wahscheinlich wie Millionen andere Männer auch, lerne nicht dazu und glaube das auch noch, ich Vollkoffer. Ich bin sogar noch insgeheim stolz darauf eine so bescheidene und grandiose beste Ehefrauen von allen zu haben.

Dann, am späten Nachmittag des 24. Dezember — die Kinder sind mit Tante oder Oma im Kino —, richten meine Frau und ich den Weihnachtsbaum und die Geschenke für die abendliche Bescherung her.

»Ah, das ist für Severin, noch eines für Severin, eines für Charlotte, eines für die Schwägerin und das da ist für...?!?«

Ich halte ein verdächtiges Paket in der Hand. Kein Namensschild. Wie ein Flughafen-Security drehe und schüttle ich es. »Schatz, was ist denn das? Für wen ist das, da ist kein Namenskärtchen dran?.«

Darauf die nächste (Warnhinweis für politisch-korrekt-überempfindliche LeserInnen: Klischee!!!!) typisch weibliche Antwort meine Frau.

»Ach, das ist nichts. Das ist nur eine Kleinigkeit für dich.«

Und jetz die brutale Wahrheit: Wir Männer haben dann keine "Kleinigkeit"! Wir kennen auch kein "nichts" das sich dann als liebevoll verpackte Kleinigkeit manifestiert? Wir glauben nämlich an das Anfang Dezember ernsthaft verkündete "nichts"!

Wir Männer stehen dann um 18:45 Uhr in Vollpanik vor dem verdammten Weihnachtsbaum und denken verzweifelt: "Was gibt es auf der Tankstelle das sie noch nicht hat?!"

Ich kann mich an ein Weihnachten erinnern, da habe ich das anders gemacht. Wir hatten das gleiche Gespräch Anfang Dezember. Aber dann haben wir uns per Handschlag ausgemacht, dass wir uns diesmal wirklich nichts schenken. Per Handschlag! Ha, und schnell habe ich eine "Kleinigkeit", ein "nichts", für meine Frau besorgt.

Als die Kinder am Weihnachtsabend dann schon im Bett waren, war Showtime. Unauffällig gehe ich am Wheinachtsbaum vorbei. Mit perfekt gespielter Überraschung finde ich noch ein Päckchen.

»Ja schau, was ist denn das? Hat das Christkind da noch ein Geschenk gelassen? Ja für wenn ist denn das? Wem könnte es gehören?«, lege ich eine Oscar-reife Vorstellung auf das weihnachtliche Parkett. »Ist das vielleicht für die Mama?« Triumph.

Ich wusste, dass meine Frau diesmal nichts hatte. Auch keine "Kleinigkeit". Triumph! Genau für zwei Sekunden.

Nach zwei Sekunden dreht sich meine Frau verführerisch zu mir um und haucht mir erotisch, unterstützt durch eine klar verständliche Körpersprache, entgegen: »Und mein Geschenk für dich heut' Nacht bin ich. Mach mit mir was du willst.«

Geh nein. Wirklich?! Na so einfach geht das auch nicht. Nach einem ersten, bewundernden, Schrecken, reagiere ich ganz cool und typisch männlich: »Hechel, Hechel, ich bin schon nackt.«

Ist das nicht ein Witz? Wir sind chancenlos. Und die größte Ungerechtigkeit dieser Welt ist, dass genau das umgekehrt nicht funktioniert. Ich habe es probiert.

Vor ein paar Jahren war es wieder so weit. Ich wusste, ich habe kein Geschenk. Ich wusste meine Frau hatte wieder ein "Nichts" für mich. Mein Plan schien mir genial.

Als die Kinder im Bett sind und meine Frau kurz nachsieht ob alles ok ist, eile ich ins Bad. Ich ziehe mich nackt aus und schlüpfe in meinen sexy Leoparden-String-Tanga. Ich reibe mich glänzend mit Olivenöl ein. Ich drapiere mich lassziv auf dem Küchentisch. Meine Frau kommt zurück und ich hauche: »Und dein Geschenk an dich heut' Nacht bin ich. Mach mit mir was du willst.«

Ja, auch mein Frau hat schallend gelacht. So wie du jetzt. Das ist einfach nicht fair. Ich habe fast 45 Minuten in der Dusche gebraucht um das Scheiß-Olivenöl wieder runterzubekommen. Dann bin ich endlich ins Schlafzimmer gekommen. Ich klettere in unser Bett, liegt auch schon mein Sohn wieder da. Im Halbschlaf dreht er sich zu mir, schnüffelt kurz und sagt: »Papa, du riechst wie der Salat.«

Frohe Weihnachten.

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MGruenling

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