In der Ukraine geschieht gerade etwas, was von verschiedenen Seiten und politischen Richtungen übereinstimmend eine Wende im Krieg Russlands gegen die Ukraine genannt wird.

Wenn man sich eine Stunde durch Twitter quält, ist man zwar nicht unbedingt schlauer, aber die unterschiedlichen Informationen scheinen sich so zu verdichten, dass das russische Militär gerade unter Druck oder sogar Panik gerät. Irgendwo in der Nordukraine hat sich gestern angeblich ein ganzes russisches Bataillon die Uniformen ausgezogen. Die Soldaten sind jetzt per Anhalter und Zug auf den Weg zurück nach Russland. Sie wollen nicht mehr. Während Putin in Moskau das größte Riesenrad Russlands einweiht (bei Putin muss immer irgendwas das größte sein), wollen seine Bürger keine Nachrichten mehr von der "militärischen Spezialoperation" hören. Einer ARD-Journalistin rufen Moskauerinnen, die den 875. Geburtstag ihrer Stadt feiern, entnervt zu: "Fragt nicht nach Nachrichten, lasst uns einfach feiern. Was haben wir denn sonst noch?"

Der tschetschenische Nationalist und Terrorist Kadyrow wütet ganz offen. Er, der sonst als treuer Vasall Putins all dessen Befehle ausführt, orakelt auf Twitter, er sei jetzt auf den Weg nach Moskau, um der dortigen Führung klar zu machen, wie ernst die Lage sei. Dieser Kritik schließen sich andere nationalistische Politiker Russlands an. Bei Twitter werden Auszüge aus Telegramchats und ein Aufruf von Petersburger und Moskauer Kommunalpolitikern veröffentlicht, die Putins Rücktritt fordern. Das ist wohlgemerkt keine Kritik an der Kriegspolitik Putins, es ist vielmehr Ausdruck der Panik der Nationalisten in Russland, etwas könnte ins Rutschen geraten und der Sieg könnte verloren gehen.

Gegenüber dieser panischen Lautstärke auf russischer Seite bleibt es in den ukrainischen sozialen Medien derzeit auffallend ruhig. Hier hat das ukrainische Verteidigungsministeriums die vielen ukrainischen Blogger in den sozialen Medien gebeten, für ein paar Tage still zu sein. Denn es wäre nicht gut, so ein Sprecher, "wenn die Russen sofort erfahren, was wir tun und vorhaben." Scheinbar haben sie einiges vor.

Die Russen vor Ort erfahren wohl gerade, wie der Krieg sich gegen sie wendet. Die meisten Russen in Russland interessieren sich dafür noch immer nicht. Für sie wird es schmerzlich werden, wenn sie die Folgen dieses Krieges spüren. Seien es die in die Heimat zurückgebrachten toten Soldaten (ein geleaktes Dokument des russischen Finanzminanzministeriums vom Freitag benennt 48.759 tote russische Soldaten) oder die vermutlich jahrzehntelange politische und wirtschaftliche Isolation Russlands, die diesem Krieg folgen wird. Sie werden sich dann fragen müssen, warum sie Putin an diesem Krieg nicht gehindert haben.

Und was werden wir uns fragen? Hoffentlich nicht, warum es uns während dieses ganzen Krieges nicht richtig gelungen ist, der Ukraine zu helfen.

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Tourix

Tourix bewertete diesen Eintrag 12.09.2022 22:52:26

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