Dies sind meine persönlichen Erfahrungen meiner ersten Knochenmarkspende, welche ich 2008 abgegeben habe. Es bescherte mir ein ungeheuerliches Gefühl der Hilfsbereitschaft.

Seit nunmehr 2001 bin ich in der internationalen Kochenmarkspendedatei registriert. Damals war die Nichte meiner Arbeitskollegin an Leukämie erkrankt. Alle waren verzweifelt auf der Suche nach einem passenden Spender. Ohne die Hilfe der Knochenmarkspendezentrale (Sitz im 8. Bezirk in der Florianigasse) geht hier nichts. Ich ließ mich also damals 'nur' einmal eintragen, weil es ja noch lange nicht heißt, dass du ein passender Spender bist. Hier wird einfach mal ein Blutbestimmungstest gemacht. Damit hat sich die Sache erstmal erledigt.

Der Nichte meiner Arbeitskollegin konnte ich leider nicht mehr helfen. Sie ist ein halbes Jahr später gestorben.

2006 bekam ich den ersten Anruf vom AKH, dass meine Blutprobe von 2001 mit den Blutdaten des Patienten (damals ein neunjähriges Mädchen) übereinstimmte. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Probe tatsächlich 100 %ig passt, liegt in etwa bei 1:300.000.

Und sie passte. Freude aber auch etwas Angst machte sich breit!

Ich musste insgesamt noch 3-mal ins AKH. Hier wurden immer nur Blutproben genommen und bestimmte Filter und Faktoren für die Spende überprüft. Ich war also definitiv der passende Spender. Und ab diesem Zeitpunkt gab es für mich KEIN Zurück mehr. Theoretisch schon, aber praktisch weißt du, dass DU ab diesem Zeitpunkt (in etwa 3 Tage vor der Entnahme) den Patienten tötest, weil dieser eine radikale Bestrahlungstherapie macht (hier wird das ganze körpereigene Knochenmark (Stammzellen) zerstört, damit der Patient das völlig gesunde Knochenmark vom Spender bekommen kann.

Ab diesem Zeitpunkt solltest du auch tatsächlich vorsichtig sein, damit dir nix passiert - also kein Fallschirmspringen, nicht unbedingt wegfliegen etc. Natürlich hatte ich damals schon ein bisschen ein mulmiges Gefühl.

Aber hier muss ich ein großes Lob an meine damalige ArztinFrau Dr. Pelzmann vom AKH aussprechen.

Sie klärte mich WIRKLICH gut über das Thema auf, sodass keine Fragen offen blieben. Einen Tag vor der Entnahme bekam ich damals einen Anruf vom AKH, dass die Patientin während der Bestrahlung plötzlich einen Fieberschub bekommen hat. Ihr Immunsystem war zu schwach und sie schaffte es nicht mehr rechtzeitig zur Spende.

Sie verstarb an dem Tag des Anrufes.

Ich war damals fix und fertig, weil ich wusste, dass ich zum damaligen Zeitpunkt der einzige war, der ihr helfen konnte. Ich hatte sogar schon den Gedanken, mich wieder aus der Kartei streichen zu lassen. Was ich nicht tat und ich verdammt stolz auf meine Entscheidung war. Denn:

Es kam das Jahr 2008. Wieder die gleiche Prozedur wie oben beschrieben. Wieder passten meine Werte mit dem Patienten (ein 15 jähriger aus Tirol). Und diesmal kam es auch zur Knochenmarkspende - auch Stammzellenspende genannt. Die beiden Bezeichnungen unterscheiden sich bloß von der Art der Entnahme. Bei der Knochenmarkspende wird unter Vollnarkose mit einer relativ dicken und langen Nadel eine Dreistich Punktion durchgeführt. Dies passiert durch den Röhrenknochen des Beckens (nicht zu verwechseln mit dem Rückenmark - hat damit ÜBERHAUPT nichts zu tun). Der Eingriff dauert etwa eine halbe Stunde. Es wurde mir in etwa 800 ml Knochenmark (eine Blutähnliche Flüssigkeit - aber die hochwertigste Flüssigkeit, die der menschliche Körper zu bieten hat)

Wegen des großen Flüssigkeitsverlust habe ich einige Tage zuvor Blut gespendet, welches mir während der Knochenmarkspende wieder zugeführt wurde.

Man spürt nix - nach dem Aufwachen ist man vielleicht ein bisschen taumelig aber du kannst nach etwa 2 Stunden auch schon wieder aufstehen. Ich hatte keine weiteren Schmerzen. Als ich aufwachte, wusste ich, dass MEIN Knochenmark bereits mit einem Eilboten in das Zielkrankenhaus unterwegs war. Und weitere 2 Stunden hat es der Patient auch schon über eine normale Transfusion erhalten. Die Patienten sprechen in der Regel sehr schnell auf die Behandlung an. Sie durchwandern aber noch immer eine sehr kritische Phase.

Und wenn du das erste Mal etwas zu Mittag ist, weißt du mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass DU einem bestimmten Menschen das Leben gerettet hast. UND DAS IST DAS SCHÖNSTE GEFÜHL DASS MAN SICH VORSTELLEN KANN!

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit der Spende: Die Stammzellenspende. Diese wird nicht in Vollnarkose durchgeführt. Und das ist auch schon der große Vorteil. Hier wird das Blut des Spenders mittels Dialyse gefiltert. Der Spender bekommt einige Tage zuvor täglich eine Injektion, damit die Knochenmarkzellen verstärkt produziert werden. Und das gefilterte Blut erhält dann der Patient über eine normale Transfusion.

Die Spender werden im AKH und in der Florianigasse auf Händen getragen und wirklich als Helden behandelt. Du hast echt das Gefühl, dass du in diesem einem Moment was vollbringst, was mit keiner Blutspende zu vergleichen ist, wenngleich diese Art von Spende ja auch total wichtig im Leben ist.

Ich habe es nie bereut mich eingetragen zu haben. Ganz im Gegenteil - ich würde eine Spende sofort wieder machen. Es müssen ohnehin wieder drei Jahre vergehen, bis man wieder spenden darf.

Menschen die sich mit diesem Thema ernsthaft befassen möchten, sollen sich natürlich auch über alles drum herum Gedanken machen (Narkoserisiko etc. Absprache mit dem Partner), BEVOR sie sich in die Kartei eintragen lassen.

Aber: Ähnlich wie beim Blutspenden: Es kann uns alle treffen, dass wir urplötzlich an Krebs erkranken. Und dann ist es beruhigend zu wissen, dass es Retter da draußen gibt, die dazu bereit sind ihren 'Saft' für die gute Sache herzugeben.

Abschließend noch der offizielle Link für die Knochenmarkspendezentrale in Österreich: http://www.stammzellspende.at/

Ich wünsche allen Entscheidungsfreudigen aber auch allen Unentschlossenen ruhige Minuten zum Nachdenken!

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