Ich dachte, die große Frage, die uns begleiten wird, lautet „Wer von uns lässt sich als erstes scheiden?“ Ich habe mich getäuscht, die große Frage, die drohend über uns schwebt, lautet „Wer von uns bricht als nächstes zusammen?“

Und um das gleich vorweg zu schieben, nur bei einer der drei Frauen hat die Doppelbelastung von Beruf und Familie und der nicht gelingenden Vereinbarkeit eine Rolle gespielt. Die anderen zwei sind Vollzeitmütter. Die ganze Zeit schon lässt mich die Frage nicht los, was eigentlich in unserer Gesellschaft falsch läuft, wenn Mütter zusammen brechen. Nicht, dass ich damit sagen möchte, dass es nicht anstrengend wäre, ein, zwei, drei, vier oder noch mehr Kinder zu versorgen, zu betreuen und zu erziehen. Aber, vorsichtig ausgedrückt, ich habe es als Mutter ja selbst in der Hand, wie viel Zeit, Energie und Kraft ich investiere. Und wenn ich an meine Grenze komme, kann ich mein Engagement jederzeit auf ein gewisses Mindestmaß zurück fahren, bis es mir wieder besser geht. Ein simples Beispiel: natürlich ist es wichtig, die Kinder gesund und ausgewogen zu ernähren, sie sterben aber auch nicht sofort, wenn sie sich ein paar Wochen von Ravioli aus der Dose ernähren. Was ist da los, wenn Eltern diese Möglichkeit nicht mehr sehen? Wer ist das, der uns im Nacken sitzt und darauf achtet, dass wir unsere Leistung bringen? Wer gibt uns das Gefühl, beobachtet und bewertet zu werden? Denn anders kann ich es mir nicht erklären, dass wir das Gefühl dafür verlieren, wo wir kraftmäßig stehen, wie viel wir noch leisten können oder wo wir die nächsten Wochen mal Abstriche machen müssen. (Siehe dazu auch meinen Artikel zur Erziehungspause!)

Okay, ich habe gefragt, was läuft in unserer Gesellschaft falsch. Schöne Frage und schiebt die Verantwortung so schön auf dieses ominöse Etwas namens Gesellschaft, das an so vielem, was schief läuft, die Schuld hat. Aber wer ist denn die Gesellschaft? Die Gesellschaft sind wir! Wir sind der Leistungsdruck, unter dem nicht nur wir, sondern auch unsere Kinder zu zerbrechen drohen, wir sind die Ellenbogengesellschaft und wir sind es, die keine Rücksicht auf Schwächere nehmen. Scheiß egal, was die anderen machen, wir können es anders machen und wenn jede_r von uns es ein kleines bisschen anders macht, bleibt das nicht ohne Einfluss auf die Menschen, denen wir begegnen. Vielleicht inspiriert es sie, sich auch ein kleines bisschen sozialer, ein kleines bisschen menschlicher zu verhalten…

Es tut nicht weh, hin und wieder einer Mutter oder einem Vater sagen, was für einen tollen Job sie und er da eigentlich macht. Wieso nicht hin und wieder von den eigenen Schwächen erzählen? Was man nicht so genau nimmt, was man nicht kann und wo man schlichtweg keine Lust zu hat? Wenn mir eine Frau erzählt, dass sie, entgegen dem Trend für den Geburtstag in der Schule keine Muffins backen will, sondern eine Tüte Gummibärchen mit gibt, das entlastet ungemein. Wenn wir aufhören, uns aneinander zu messen, uns zu übertrumpfen und auszustechen. Das Leben ist hart genug. Es gibt Krankheiten, Tod, Arbeitslosigkeit und Armut, da muss man es sich doch nicht noch extra schwer machen. Sich selbst nicht und den anderen auch nicht.

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Claudia56

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